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Im eigenen Schatten

Im eigenen Schatten

Titel: Im eigenen Schatten
Autoren: Veit Heinichen
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genoss im Stillen den Überraschungseffekt der Frage.
    »Intim ist der falsche Ausdruck. Kontakt, ja«, sagte Galimberti nach der ersten Schrecksekunde. »Sie und ihre Schwester sind die operativen Geschäftsführerinnen der Spechtenhauser Capital Familienholding. Und auch die Inhaberinnen. Klar, dass ich viel mit ihnen zu tun habe. Im Übrigen hält Signora Carli selbst einen Anteil von zwölfeinhalb Prozent und ist Vorsitzende der Geschäftsleitung.«
    »Das heißt, Sie haben regelmäßig Sitzungen bei Gertraud Spechtenhauser zu Hause durchgeführt?«, fragte Pina.
    »Donna Rita ist über jedes Detail informiert. Abgesehen davon kennt sie jeden meiner Schritte.«
    »Über Ihre Schritte unterhalten wir uns später«, warf der Staatsanwalt ein. Lorusso hatte wenig Erfahrung mit hartem Schlagabtausch. »Die Frage war an die Signora gerichtet.«
    »Selbstverständlich«, sagte Donna Rita sofort. Ihre Augen verrieten dagegen Misstrauen.
    »Galimberti ist ein ständiger Gast bei Gertraud Spechtenhauser in Duino. In den letzten Tagen wie auch in der Zeit davor«, sagte Laurenti. Die Beweislage war dünn, die Ortung der Mobilfunkzellen reichte nicht in die Privatgemächer, doch darauf kam es nicht an.
    Pina Cardaretos Mundwinkel hüpften vor Freude, fast sadistisch genoss sie dieses Spiel. Donna Ritas Stirn lag hingegen in Falten.
    »Zuletzt gestern. Montagabend, von neunzehn Uhr siebzehn bis einundzwanzig Uhr fünf.« Die Inspektorin las von einem Blatt ab, ihr Finger bewegte sich von Zeile zu Zeile. »Samstagnachmittag waren Sie laut der Auswertung der Mobilfunkzellen ebenfalls in Duino. Wenn Sie es wünschen, lese ich gerne bei allen Tagen die jeweilige Uhrzeit vor. Am Donnerstag sind Sie von Bozen hergefahren, waren zuerst in der Holding und am Spätnachmittag wieder bei Gertraud. Drei Stunden genau. Zwei Wochen früher ebenfalls, am elften und zwölften Mai. Harmonie zwischen Inhabern und Berater ist immer eine solide Geschäftsbasis, Avvocato. Diese Liste reicht nur bis Anfang April zurück, wir können aber gerne auch die Zeit davor abfragen. Insgesamt waren Sie in zwei Monaten sechs Mal in Duino. Und zwar zeitgleich mit Gertrud Spechtenhauser. Als Strafverteidiger verstehen Sie natürlich, dass uns das auffallen musste.« Im Kung-Fu hätte die Inspektorin mit einem derartigen Schlag jeden Gegner ausgeknockt.
    »Geschäfte. Ich arbeite Tag und Nacht für Spechtenhauser.« Der Anwalt wand sich.
    »Donna Rita war darüber selbstverständlich informiert«, fügte Laurenti an.
    »Ihr Privatleben interessiert uns natürlich nur am Rande«, sagte der Staatsanwalt.
    Donna Rita saß wie versteinert da und starrte Galimberti an.
    »Sie sind der Firmenanwalt Spechtenhausers. Soweit uns bekannt ist, stehen Sie Signora Carli auch privat sehr nahe. Ferner sind Sie der Strafverteidiger von Ignaz und Johann Pixner und auch von einem Robert Unterberger, er wurde Montagabend in Grado verhaftet. Und Sie haben mich belogen, als Sie gestern behaupteten, Sie seien über Spechtenhausers Geschäfte in Kroatien nicht informiert.«
    Als die Inspektorin kampfeslustig ein Blatt auf den Tisch knallte, brach Laurenti schlagartig ab.
    »In Zusammenarbeit mit der Sozietät Rakovac Associated in Zagreb haben Sie Spechtenhauser gegen einen Schweizer Geschäftsmann namens Igor Agim vertreten. Diese Information haben wir aus der Presse«, sagte Pina Cardareto.
    »Agim ist auch Minderheitsgesellschafter der Aurum d.o.o., wohin der Goldtransport bestimmt war«, fügte Laurenti an.
    Staatsanwalt Cosimo Lorusso war in seinen Stuhl zurückgesunken, als wäre er es, dem die Argumente fehlten, mit denen er sich aus der Patsche ziehen konnte. Der Commissario hatte ihn zwar in groben Zügen informiert und er der Vernehmung sofort zugestimmt, doch diese Details verblüfften ihn.
    »Signora Carli«, sagte Laurenti, nachdem er sich zweimal geräuspert hatte. »Aus welchem Grund hat Ihr ehemaliger Gatte, über dessen Geschäfte Sie bis ins Detail informiert sind, seit Mitte April Galimberti in vier Tranchen insgesamt achthunderttausend Euro in bar ausbezahlt?« Er legte ihr die Seite aus dem ramponierten Notizbuch vor, das zusammen mit den Schuldscheinen in seiner Aktentasche den Absturz überlebt hatte. »Und welchem Konto hat er die Beträge entnommen?«
    Donna Rita stierte lange auf das Blatt, dann rückte sie abrupt mit ihrem Stuhl vom Tisch ab. »Davon war mir nichts bekannt, Commissario.« Sie fixierte Galimberti. »Deine Honorare haben sich zwar gewaschen,
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