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Ich würde dich so gerne kuessen

Ich würde dich so gerne kuessen

Titel: Ich würde dich so gerne kuessen
Autoren: Patrycja Spychalski
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doch kein Märchenprinz!«
    »Ihr liebt euch immer noch, oder?«
    »Natürlich! Mal mehr, mal weniger, aber wenn ich manchmal abends nach Haus gehe, freue ich mich unglaublich darauf, neben deinem Vater einzuschlafen.« Sie bekommt sofort so einen verträumten Blick. Ich bin froh, dass sie meine Mutter ist. Und dass mein Vater mein Vater ist.
    Verdammt, ja! Sie haben alle recht. Meine Familie ist toll!
    »Ich mochte es auch gerne, neben Jeffer einzuschlafen«, gestehe ich ihr.
    Meine Mutter streicht mir eine Locke aus der Stirn.
    »Warum besuchst du ihn nicht?«
    »Das werde ich vielleicht sogar tun!«
    »Gut. Ich kann nämlich nicht noch viel länger dabei zusehen, wie du leidest.«
    Ich wundere mich manchmal darüber, wie meine Mutter so viel von mir weiß, obwohl ich ihr nichts erzählt habe.
    »Mama.«
    »Ja?«
    »Ich finde auch, wir sollten so was wie das hier ruhig öfter machen.«

ALSO GUT, DER ENTSCHLUSS steht. Ich werde Jeffer besuchen. Ich werde unangekündigt auftauchen, und wenn alles schiefgeht, kann ich mich damit rausreden, ihm nur seinen Wohnungsschlüssel zurückbringen zu wollen.
    Jetzt wo ich mir das so zurechtgelegt habe, kann ich mich ein bisschen mehr entspannen.
    Ich rufe Maja an und frage sie, ob wir ins Kino gehen wollen. Maja ist immer spontan. Sie hat zwar eine Verabredung, aber die schiebt sie einfach nach hinten. Mit zwei großen Popcorntüten setzen wir uns in die letzte Reihe eines fast leeren Kinosaals und sehen uns »Harold and Maude« an. Ein Film aus den Siebzigerjahren über eine alte Frau und einen nicht mal zwanzigjährigen jungen Mann, die eine eigenartige Liebe verbindet. Dazu gibt es wunderbare Filmmusik von Cat Stevens, der ja jetzt nicht mehr so heißt, sondern irgendwas mit Islam.
    Maja seufzt bei der Liebesszene.
    »Ach, hoffentlich kann ich mit achtzig auch noch Zwanzigjährige ins Bett bekommen!«
    »Hast du keine anderen Sorgen?« Unglaublich, diese Frau.
    »Ich habe nicht angenommen, dass du das verstehen würdest.« Sie wirft mit Popcorn nach mir.
    Ich mag Maja.
    Ich mag sie wirklich, und ich bin sehr froh darüber, dass sie es mir nicht nachträgt, was in den letzten Wochen vorgefallen ist. Ich war möglicherweise nicht die beste Freundin. Ich habe sie in meiner Wohnung alleine gelassen, ich habe ihr nichts erzählt, und ich habe es nicht mal geschafft, mich richtig dafür zu bedanken, dass sie versucht hatte, mir den Rücken frei zu halten. Und jetzt sitzt sie mit mir hier, als sei das alles nicht gewesen.
    »Maja.«
    »Ja?«
    »Du wirst auf jeden Fall mit achtzig die Zwanzigjährigen ins Bett bekommen!«
    »Dein Wort in Gottes Ohr!«

VIER LANGE TAGE später ist endlich Samstag.
    Ich verbringe den halben Tag im Bad, rasiere mir die Beine, feile die Fingernägel und lackiere sie sogar, wenn auch nur mit farblosem Lack. Ich knete meine Locken, bis sie endlich nicht mehr so sehr vom Kopf abstehen, und creme mich mit einer gut riechenden Lotion ein.
    Das muss genügen.
    Ich ziehe meine beste Jeans an und ein Shirt mit einem Rolling-Stones-Aufdruck, welches meine Mutter noch im Keller gefunden hat.
    »Du bleibst wohl nicht zum Essen?«, fragt mein Vater, der mich skeptisch mustert.
    »Nein. Ich bin fast schon weg.«
    »Wenn dieser Jeff dir noch mal wehtut, dann kriegt er es mit mir zu tun!« Er schwingt seine Faust in der Luft.
    »Papa!«
    »Du bist meine Tochter!«
    »Die langsam lernen muss, ihr eigenes Leben zu leben.«
    »Dazu hast du später noch genug Zeit.«
    Ich gebe ihm einen Kuss auf die Wange und verlasse die Wohnung.
    Es ist der perfekte Sommertag, nicht zu warm, mit einem angenehm kühlenden Wind.
    Auf dem Weg zur Bahn lächle ich die Menschen an, die mir entgegenkommen, und meistens bekomme ich sogar ein Lächeln zurück. Gutes Wetter macht die Leute um einiges entspannter. Die S-Bahn nach Karlshorst hat Verspätung wegen irgendeiner Betriebsstörung. Das gibt mir noch ein wenig mehr Zeit, mich auf mein Treffen mit Jeffer einzustimmen. Wenn ich Kiki und Maja Glauben schenken darf, dann wird er sich darüber freuen, mich zu sehen. Ich jedenfalls freue mich sehr, vielleicht ist es ja möglich, dass wir noch mal neu anfangen. Wir hatten ein blödes Ende. Vielleicht können wir auf »Rewind« drücken, ein Stück zurückspulen und dann das ganze blöde Stück einfach überspielen.
    Vielleicht müssen wir nicht von Verliebtsein sprechen, aber wenigstens können wir wieder gemeinsam Musik hören. Reden. Tee trinken. Wir müssen nicht gleich wieder aufs Dach
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