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TS 75: Einzelgänger des Alls

TS 75: Einzelgänger des Alls

Titel: TS 75: Einzelgänger des Alls
Autoren: Fredric Brown
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1.
     
    Nenn’ ihn nicht mit Namen, denn er hat keinen. Er kannte nicht die Bedeutung von Name, noch die irgendeines anderen Wortes. Er hatte keine Sprache, denn er war niemals mit einem anderen Lebewesen in Berührung gekommen, in all den Milliarden von Lichtjahren, die er vom weit entfernten Rande des Universums durch den leeren Raum zurücklegte, in all den Milliarden von Jahren, die er für seine Reise benötigte. Denn soviel er wußte – oder jemals gewußt hatte – war er das einzige Lebewesen im gesamten Universum.
    Er war nicht geboren worden, denn es gab niemand, der ihm gleich war. Er war ein Stück Fels, maß knapp über einen Kilometer im Durchmesser, und schwebte frei im All. Es gibt Myriaden solcher kleiner Welten, doch sind diese nur totes Gestein, leblose Materie. Er war sich seiner bewußt, war eine Wesenheit. Eine zufällige Kombination von Atomen hatte ihn zu einem lebenden Wesen gemacht. Nach unserem gegenwärtigen Wissen ereignete sich solch ein Zufall nur noch ein zweites Mal, in Unendlichkeit und Ewigkeit. Er fand im Urschlamm der Erde statt, wo Karbonatome fühlendes Leben formten, das sich vermehrte und entfaltete.
    Sporen waren von der Erde durch den Raum getrieben und hatten sich auf den nächsten zwei Planeten festgesetzt, Mars und Venus, und als eine Jahrmillion später der Mensch auf ihnen landete, wurde er dort von einer Pflanzenwelt empfangen. Doch obgleich sich diese von der irdischen unterschied, war sie von Mutter Erde geboren worden. Terra, und nichts als Terra, war der Ursprung allen Lebens.
    Er, die Wesenheit aus den weiten Tiefen der Galaxis, vermehrte sich nicht. Er verblieb einzigartig und allein. Auch entwickelte er sich nicht, nur seine Erkenntnis und sein Wissen stiegen. Er besaß keine Sinnesorgane, und doch lernte er, das Universum um sich herum wahrzunehmen. Einer Sprache war er nicht mächtig, also lernte er, Beschaffenheit und Wirkungsweise des Alls zu verstehen und im Bewußtsein dieser Dinge fähig zu sein, sich frei durch den Raum zu bewegen – und noch vieles andere zu tun.
    Nenn ihn einen denkenden Fels, einen intelligenten Planetoiden.
    Nenn ihn eine groteske Laune der Natur, und im biologischen Sinne: eine zufällige Variation der Norm.
    Nenn ihn ein Phänomen, ein Phänomen im Raum.
    Er durchstreifte den Raum, doch nicht auf der Suche nach anderem Leben, anderem Bewußtsein, denn er war schon seit langem davon überzeugt, daß keines existierte.
    Er war nicht einsam, denn er konnte sich von Einsamkeit keinen Begriff machen, auch nicht von Gut und Böse, denn ein Wesen, das von allem Anfang an allein war, kannte weder dies noch jenes.
    Und Moral entsteht nur aus unserem Verhalten zueinander. Unter Gefühlsbewegung konnte er sich nichts vorstellen, außer man bezeichnete das Verlangen, Wissen und Erkenntnis zu vergrößern, ein Gefühl. – Ein Verlangen, das wir Neugierde nennen.
    Und jetzt, nach Jahrmilliarden – weder jung noch alt – näherte er sich allmählich einer kleinen gelben Sonne, um die neun Planeten kreisten.
    Es gab viele von dieser Sorte …

 
2.
     
    Nenn ihn Crag; er hörte auf diesen Namen. Doch dies ist nicht so wichtig – ein anderer Name hätte seinen Zweck genauso erfüllt. Crag war ein Schmuggler und ein Dieb. Er war einmal Raumfahrer gewesen und konnte mit einer metallenen Hand dafür Zeugnis ablegen. Diese künstliche Hand, eine Vorliebe für exotische Getränke und eine heftige Aversion gegen Arbeit waren die Kennzeichen Crags. Crag war nicht einsam, denn er beschäftigte sich damit, jedermann zu hassen.
    Speziell jetzt, weil sie ihn festgenagelt hatten. Und ausgerechnet in Albuquerque, dem Zentrum der Föderation, dem einzigen Ort auf fünf Planeten, wo es sich nicht auszahlte, ein Ding zu drehen. Albuquerque, wo ein einzelner keine Chance hatte, solange er nicht zum Räderwerk der riesigen Maschinerie gehörte, die die Stadt ausmachte. Er hätte niemals hierherkommen sollen, aber man hatte ihm einen sicheren Tip gegeben, und so hatte er sein Glück versucht. Er wußte jetzt, daß der Tipgeber ein Teil der Maschinerie war und der gute Rat ihn in die Falle locken sollte. Er hatte nicht einmal genug Zeit gehabt, sich dem ihm angetragenen Job zu widmen – falls der Job überhaupt existierte, außer in der Phantasie des Tipgebers. Man hatte ihn geschnappt, als er das Landefeld verlassen wollte, und durchsucht. Fast eine ganze Unze Nephtin hatte man in seiner Tasche gefunden, verborgen im falschen Boden einer
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