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Ich und er und null Verkehr

Ich und er und null Verkehr

Titel: Ich und er und null Verkehr
Autoren: Kim Schneyder
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und
ich habe schon so manchen Strauß mit ihm ausgefochten. Allerdings immer nur in
meiner Eigenschaft als Strafverteidiger und nie als Angeklagter, so wie jetzt.
    Und mir läuft die Zeit davon. Es hat mehr als eine Stunde gedauert,
bis die erkennungsdienstliche Behandlung beendet war, und dann ließ Proske mich
zusätzlich eine halbe Stunde schmoren, bis er endlich erschien. Eine
Zeitspanne, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, in dem grausamen Wissen, dass
Sandra zur gleichen Zeit diesem Baumann ausgeliefert ist, der vermutlich seinen
Charme spielen lässt und versuchen wird, seine Position auszunutzen, um sie
rumzukriegen. Um sie …
    Allein der Gedanke macht mich fast wahnsinnig. Und so, wie ich mich
in letzter Zeit benommen habe, könnte es gut sein, dass seine Bemühungen auf fruchtbaren
Boden fallen.
    Eigentlich kaum zu glauben, dieses Pech. Dass die Stadtverwaltung
gerade zu dem Zeitpunkt eine Aktion gegen das horizontale Gewerbe beschließt,
in dem ich durch eine geradezu absurde Verkettung der Umstände in dieser Szene
lande.
    Und ich muss zugeben, dass die Beweise, die mir Proske nur so um die
Ohren haute, auf den ersten Blick tatsächlich erdrückend aussahen.
    Â»Hier, bitte!«, sagte er mit einem Blick aus Stahl, als er mir einen
ganzen Packen Fotos auf den Tisch knallte. »Das sind doch eindeutig Sie in
diesem Zuhälterschlitten, der auf Erich Bender zugelassen ist … Und hier, beim
Betreten der Venusbar … und hier, in der Venusbar, im
Gespräch mit Erich Bender … und hier, wie Sie sogar die Treppe hochgehen … Und wir haben eine Aussage von einem
Kollegen, dem Sie anlässlich einer Verkehrskontrolle mitteilten, dass Sie sich
in absehbarer Zeit selbst so ein Fahrzeug zulegen wollen … Von einem Kollegen
aus Ihrer Kanzlei wissen wir, dass Ihre Position dort nicht eben die beste ist.
Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Sie sich für einen Branchenwechsel
entschieden haben, stimmt’s?«
    Bei der Bemerkung über die Aussage eines Anwaltskollegen fiel ich
ihm ins Wort: »Darf ich raten, wer dieser Kollege ist: Philipp Streiff?«
    Â»Das ist unerheblich«, versuchte Proske meinen Einwand vom Tisch zu
fegen, doch sein kurzes Zusammenzucken zeigte mir, dass ich recht hatte.
»Tatsache ist, dass Sie uns bei unseren verdeckten Ermittlungen ständig über
den Weg gelaufen sind.« Er beugte sich über den Tisch und fasste mich scharf
ins Auge. »Also, Herr Dr. Becker, ich bin schon gespannt, wie Sie mir das alles
plausibel erklären wollen!«
    So begann die mühsame Aufgabe, ihm die Geschehnisse der letzten
Wochen darzulegen. Die fehlgeschlagene Reparatur an meinem Wagen. Die
Schlitzohrigkeit von Schmidt, dem Werkstattleiter, der mich mit einem
Kundenwagen ohne Vollkaskoversicherung auf die Reise schickte. Mein Unfall mit
Erich Benders Mercedes (dass mein völlig hirnrissiger Selbstversuch daran
schuld war, ließ ich natürlich unerwähnt) und Benders Vorschlag, als
Gegenleistung seine juristischen Probleme zu übernehmen. Und die logische
Konsequenz, dass ich mehrere Male die Venusbar aufsuchen musste, um mich dort
mit ihm zu treffen.
    Nachdem ich die Geschichte grob umrissen habe, starrt Proske mich
jetzt schweigend an. Einige wortlose Sekunden vergehen, dann sagt er: »Und Sie
erwarten tatsächlich, dass ich Ihnen das alles
glaube?«
    Ich zucke mit den Schultern. »Ich weiß, es hört sich merkwürdig an,
aber Ihnen wird nichts anderes übrig bleiben. Sie können alles nachprüfen, und
Sie werden feststellen, dass die Geschichte stimmt.« Ich werde ein bisschen
schärfer. »Und ich weise Sie darauf hin, dass die Beweislast in einem
Strafverfahren bei Ihnen liegt. Wenn Sie also keine konkreten Beweise haben, müssen Sie mich freilassen.«
    Â»Und die Aussage Ihres Kollegen, dass Sie in Ihrer Kanzlei auf der
Abschussliste stehen?«, entgegnet Proske.
    Â»Philipp Streiff versucht schon seit Längerem, mich loszuwerden. Er
betrachtet mich als seinen Hauptkonkurrenten um eine Partnerschaft bei Fichtel
& Wurzer.« Ich beobachte mich dabei, wie ich wütend meine Fäuste balle.
»Erst heute habe ich entdeckt, dass er einen meiner Fälle sabotiert hat, indem
er der gegnerischen Anwältin Informationen über meine Prozesstaktik zukommen
ließ.«
    Rolf Proske zieht eine Augenbraue hoch. »Das ist eine
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