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Ich beantrage Todesstrafe

Ich beantrage Todesstrafe

Titel: Ich beantrage Todesstrafe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gemeinschaftlich begangenen Mordes in Tateinheit mit einem Raub in einem besonders schweren Fall zu bestrafen. Ich beantrage, gegen beide Angeklagte auf lebenslanges Zuchthaus zu erkennen.«
    Heidrich war aufgesprungen und brüllte in den Saal hinein.
    »Du Hund!« schrie er zu Doernberg hinüber. »Ich drehe dir das Genick um! Lebenslänglich Zuchthaus! – Nie! Nie!« Er schlug um sich, als die Wachtmeister ihn fesselten.
    Wollenczy verlor die Ruhe nicht. Blaß und mit zusammengekniffenen Zähnen blickte er zu Dr. Doernberg.
    Ich werde eines Tages ausbrechen, dachte Wollenczy. Wozu jetzt also aufregen? Kein Zuchthaus ist so fest und sicher, daß man nicht in Jahren eine Möglichkeit sieht, wieder in die Freiheit zu kommen. Lassen wir doch dem Staatsanwalt, dem Gericht, den Geschworenen und dem gaffenden Volk das Vergnügen, uns unschädlich hinter hohen Mauern zu sehen. Was wissen sie, was wir denken? Außerdem gibt es noch die Möglichkeit der Revision …
    Bleich, hochaufgerichtet, fast elegant, im hellgrauen Maßanzug, saß er hinter der Barriere.
    Diese Haltung behielt er auch bei, als die Verteidiger plädierten, als sie versuchten, die Rolle der Angeklagten während des Raubüberfalls zu bagatellisieren.
    Sie sagten: »Heidrich konnte nicht wissen, daß Dicaccio und Pohlschläger schießen würden. Als er es sah, war er selbst so verwirrt, daß er zum Wagen rannte und die Pistole, die er eigentlich wegwerfen wollte, durch das lähmende Entsetzen unbewußt in der Hand behielt …«
    Und weiter: »Wollenczy mußte fahren, denn als Pohlschläger sich neben ihn auf den Sitz schwang, drückte er ihm die Pistole in die Seite und herrschte ihn an: ›Fahr wie der Teufel, sonst lege ich dich um!‹ Erst da – bei unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben –, fuhr Wollenczy die Mörder weg. Er war selbst zum Opfer geworden! Und war so entsetzt über die Morde, daß er in der gleichen Nacht noch flüchtete, um aus der Nähe Pohlschlägers und Dicaccios zu kommen …«
    Nach dreistündiger Beratung verkündete das Schwurgericht beim Landgericht I das Urteil:
    »Franz Heidrich und Hans Wollenczy werden wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes in drei Fällen in Tateinheit mit einem Fall des besonders schweren Raubes zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilt. Den beiden Angeklagten werden die bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit aberkannt. Die Angeklagten haben auch die Kosten des Verfahrens zu tragen.«
    Heidrich brach zusammen.
    Hans Wollenczy stand hochaufgerichtet in der Anklagebank.
    Als die Urteilsverkündung vorbei war, verbeugte er sich kurz zu Staatsanwalt Dr. Doernberg. Dann hielt er die Hände vor und ließ sich die Fesseln anlegen.
    Doernberg sah ihm nach, wie er hocherhobenen Hauptes durch die kleine Tür den Gerichtssaal verließ.
    Er ist gefährlich, dachte er. Gefährlicher als Katucheit! Katucheit ist nur ein triebhafter, primitiver Kerl –, aber dieser Wollenczy besitzt den Intellekt des geborenen, rücksichtslosen Verbrechers.
    Wehe, wenn sie jemals wieder in Freiheit kommen – die Katucheits und Wollenczys!
    Es war im Spätherbst, als im Zuchthaus Rheinbach der zu fünfmal lebenslänglich Zuchthaus und Ehrverlust auf Lebenszeit verurteilte Mörder Kurt Meyer dem Wachtmeister Puck freundlich die Hand schüttelte und sich im Zuchthausflur umsah.
    »Ihr habt die Decke geweißt?« stellte er fest. »Sieht freundlicher aus! Der alte Putz war sicherlich dreißig Jahre alt! Er war so deprimierend …«
    »Andere Sorgen haste wohl nicht?« fragte Wachtmeister Puck.
    Meyer schwieg. Er überblickte die lange Reihe der Eisentüren, hinter denen die Einsamkeit wohnte, die Trostlosigkeit und das Lebendigbegrabenwerden.
    »Welche Nummer?« fragte er heiser.
    »Nummer 136.«
    »Einzelzelle?«
    »Natürlich.«
    »Steht mir ja auch zu.« Er trat an die Tür heran, klappte den Spion herunter und sah hinein.
    Eine Zelle wie hundert andere. Unpersönlich und öde, grau und einsam wie ein Grab. Aber das würde anders werden … ein Lebenslänglicher durfte lesen. Und Bücher machen auch eine Zelle wohnlich.
    »Rein!« sagte er grob.
    Meyer zuckte mit den Schultern und betrat die Zelle.
    Wachtmeister Puck schloß klirrend die Tür hinter ihm.
    Es war ein kalter Januartag, als Staatsanwalt Dr. Doernberg am Sonntag hinaus vor die Stadt fuhr, um im frisch gefallenen Pulverschnee Ski zu laufen und die Lungen vom eingeatmeten Aktenstaub zu befreien. Frau Rosel und die kleine Tochter Monika kamen mit dem Bus nach,
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