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Ich beantrage Todesstrafe

Ich beantrage Todesstrafe

Titel: Ich beantrage Todesstrafe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ihnen Herzmittel zu injizieren, wenn Sie einfach nicht gesund werden wollen?«
    »Gesund?« Dr. Hellmig schüttelte leicht den Kopf. »Ich will zu meiner Tochter –«
    Er wandte den Kopf in das Kissen und schluchzte haltlos. Seine Frau faßte wieder seine müden Hände und streichelte sie.
    »Franz«, sagte sie leise. »Franz – ich bin doch noch da. Was soll ich denn ohne dich? Vierundzwanzig Jahre leben wir miteinander … vierundzwanzig glückliche Jahre. Und jetzt willst du nicht mehr? Du kannst mich doch nicht allein lassen …«
    »Sylvie …«, weinte Hellmig. »Unsere liebe, kleine Sylvie –« Er richtete sich plötzlich im Bett auf und umklammerte die Schultern seiner Frau. »Ich könnte schreien, Ruth. Häuserweit schreien! Bis das Herz auseinanderspringt.« Er legte den Kopf an ihre Schulter und schluchzte wieder. »Kannst du das denn begreifen, Ruth. Unsere Sylvia –«
    So traf sie Dr. Karlssen an, als er, von dem Hausmädchen geführt, das Krankenzimmer betrat. An der Tür blieb er stehen und sah betreten auf das erschütternde Bild.
    Dr. Hellmig richtete sich ein wenig auf. Sein Blick traf Dr. Karlssen, der stumm nähertrat. In seine Augen trat plötzlich ein wilder Glanz …
    »Haben Sie ihn?« keuchte er. »Dr. Karlssen – verschweigen Sie mir nichts: Hat man den Mörder –« Er griff sich ans Herz. »Sagen Sie mir, daß Sie ihn gefangen haben, Karlssen«, stammelte er. »Sonst wären Sie nicht hier … Sie haben ihn, ja? Sie haben ihn?! Das ist die einzige Medizin, die mich gesund macht! Mit meinen Händen bringe ich ihn um! Pattis hat meine Tochter umgebracht«, schrie Dr. Hellmig. »Er ist ein Mörder! Er ist ein gemeiner Mörder, der mir das Liebste genommen hat! – Wenn ich als Staatsanwalt über ihn zu richten hätte … ich … ich hätte die Todesstrafe gefordert!«
    »Franz!« rief Frau Ruth entsetzt.
    Dr. Karlssen sah auf seine Hände.
    »Die Todesstrafe ist doch abgeschafft, Herr Direktor.«
    »Das weiß ich! Wer weiß das besser als ich?« Er schlug die Hände vor die Augen und sank in die Kissen zurück. Er weinte. »Aber ein Mörder … ein Mörder darf nicht weiterleben. Ein Mörder nicht! Jetzt fühle ich es, jetzt weiß ich es … denn ich habe alles verloren … mein Kind, meine Ideale, meinen Glauben.«
    Erschüttert und keines Wortes mehr fähig, verließ Oberstaatsanwalt Dr. Karlssen das Krankenzimmer. Frau Hellmig folgte ihm in die Diele und reichte ihm die Hand.
    »Er weiß nicht mehr, was er sagt«, verabschiedete sie Klarissen. »Der Schock ist zu groß. Er wird anders denken, wenn er erst wieder gesund ist.«
    »Ich glaube es nicht, gnädige Frau«, sagte Karlssen ehrlich. »Er wird ein glühender Verfechter der Todesstrafe werden.«
    Das Begräbnis Sylvia Hellmigs fand im kleinsten Kreis statt. Nur die nächsten Verwandten und einige Herren des Landgerichts und der Oberstaatsanwaltschaft waren als Trauergäste zugegen. Das Gerichtsmedizinische Institut hatte einen eingehenden Bericht erstellt, und Dr. Karlssen hatte die beschlagnahmte Leiche zur Beerdigung freigegeben.
    John Pattis war in der Nacht nach seiner Verhaftung im Kantonhospital von Zürich gestorben. Er hatte das Bewußtsein nicht wiedererlangt. Auch er wurde an dem gleichen Tag begraben.
    Neben dem Totengräber waren nur zwei Kriminalbeamte anwesend, die protokollarisch festhielten, daß die sterblichen Überreste ›eines gewissen John Pattis aus Wisconsin, USA‹, der Erde übergeben wurden.
    An einem regnerischen Morgen des Jahres 1957.
    Nicht einmal ein Geistlicher war zugegen.
    Anders erging es Kurt Meyer mit y.
    Nach Erlaß des Haftbefehls durch den Untersuchungsrichter unternahm er zwei Dinge: Er beauftragte telegrafisch den besten Strafverteidiger Kölns mit seiner Vertretung. Man hatte ihm gesagt, daß er nach Köln ›verschubt‹ würde, wo die Staatsanwaltschaft die Anklage erheben würde, da seine Straftaten im dortigen Landgerichtsbezirk begangen worden waren.
    Als zweites verlangte er einen Pfarrer!
    Die Münchener Gefängnisbehörden haben einen langen Atem. Aber der Untersuchungsgefangene Kurt Meyer aus Preußen ging ihnen doch über das duldsame Maß an Nachsicht.
    In alter Manier – wie er es schon während der vier Jahre in Rheinbach durchexerziert und damit Friedrich Moll in Weißglut gebracht hatte – hagelte es Beschwerden auf Beschwerden. Es war, als ob Meyer sich nur damit beschäftigte, Tag und Nacht Papiere mit Beschwerden zu füllen, um den Justizwachtmeistern das Leben sauer
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