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Ich beantrage Todesstrafe

Ich beantrage Todesstrafe

Titel: Ich beantrage Todesstrafe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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beantragt?«
    »Sofort nach Bekanntwerden seines Fluchtweges. Die Fahndungen in der Schweiz laufen auf vollen Touren. Pattis wird nicht weit kommen – es sei denn, er verkriecht sich wie ein Tier in den Alpen und haust als Schneemensch in den unbewohnten Regionen der Berge. Aber auch das wird eines Tages zu Ende sein, wenn ihn der Hunger zurück zu den Menschen treibt.«
    »Hellmig ist am Ende. Er ist während der Verhandlung zusammengebrochen. Im Richterzimmer hat er geschrien wie ein Irrer. ›Bringt mir den Mörder her! Mit meinen Händen bringe ich ihn um!‹«
    Der Kriminalkommissar nickte. »So denken sie alle, deren Leben durch die Tat eines Mörders sinnlos geworden ist. Das Opfer ist tot – aber der Täter wird weiterleben. Es ist eine Lücke in dieser Humanität …«
    »Und gerade Hellmig war einer der glühendsten Gegner der Todesstrafe. Nicht nur Kollege Doernberg, sondern ich selbst habe lange Auseinandersetzungen mit ihm darüber gehabt.«
    »Probleme sehen immer anders aus, wenn man von ihnen selbst betroffen wird.«
    Der Kommissar sah auf das schwarze Telefon, als erwarte er jeden Augenblick einen Anruf der Schweizer Kollegen.
    »Ich glaube, daß die Gegner der Todesstrafe sofort anders denken würden, wenn ihre eigenen Frauen oder Kinder umgebracht werden. Es ist merkwürdig, daß dann alle humanitären Ideen und Ideale sofort ins Gegenteil umschlagen. Dann ist der Mörder plötzlich kein Kranker mehr, sondern eine Bestie. Hier scheint es, daß die sogenannte Humanität im Strafvollzug nur die Theorie der Nichtbetroffenen ist.«
    Das Telefon auf dem großen Schreibtisch läutete. Karlssen und der Kommissar sahen sich kurz an.
    »Das ist es!«
    Karlssen nahm den Hörer ab.
    Am anderen Ende der Leitung hörte man eine nüchterne, langsam sprechende Stimme. Karlssen schwieg lange und legte dann den Hörer hin.
    »Sie haben ihn?« fragte der Kommissar.
    »Ja. Am Züricher See lief er in eine Polizeistreife. Die genaue Meldung kommt mit dem Fernschreiber durch.«
    »Wann wird er hier sein?«
    »Überhaupt nicht.« Karlssen steckte sich mit ruhigen Fingern eine Zigarette an. »Als Pattis den Polizeikordon durchbrechen wollte, schossen die Schweizer Polizisten hinter ihm her. Pattis bekam einen Schuß in den Rücken. Rückenmarkschuß. Vollkommen gelähmt und hoffnungslos liegt er im Kantonspital.«
    Karlssen schob die Akte ›Mordsache Hellmig‹ auf die linke Seite des Tisches, als wolle er sie in den darunterstehenden Papierkorb werfen. »Das sind die probaten Lösungen des Schicksals, das manchmal einsichtiger ist als die Menschen.«
    »Wollen Sie Hellmig diese Nachricht überbringen?«
    »Ich werde es müssen. Pattis ist nicht transportfähig – er ist vielleicht schon gestorben. Für Hellmig ist es eine gute Lösung – kein Prozeß, keine Sensationen, kein Aufrollen der ganzen Liebesgeschichte.« Karlssen zerdrückte die Zigarette im Aschenbecher. »Wenn ich nur wüßte, was diesen Pattis bewogen hat, eine solch grausige Tat zu vollbringen. Ich kenne ihn doch von der Bankräubersache her.«
    »Alkohol!«
    »Möglich! Er muß bei ihm enthemmend gewirkt haben. Er muß im Augenblick der Tat verrückt gewesen sein. Schade, daß wir es nie erfahren werden.«
    Der Kommissar begleitete ihn zur Tür.
    »Ja. Vielleicht ist es ihm ein geringer Trost, daß der Mörder seiner Tochter vom Schicksal ereilt wurde.«
    »Glauben Sie das?« fragte der Kommissar unsicher. »Sylvia war seine einzige, fast vergötterte Tochter. Da gibt es keinen Trost mehr –«
    »Ich will es versuchen.«
    Aber Karlssen glaubte selbst nicht an das, was er sagte.
    Im Hause des Landgerichtsdirektors Dr. Hellmig ging man lautlos durch die Zimmer. Frau Ruth saß den ganzen Tag über am Bett ihres Mannes und hielt seine Hand. Das Hausmädchen fertigte alle Besucher an der Tür ab … Kondolenzkarten und Blumen stapelten sich in der Diele. Nur der Arzt durfte hereingelassen werden …
    Er kämpfte vergeblich gegen die Schwäche an, die Dr. Hellmig niederwarf und ihn so apathisch machte. Die Herzinjektionen schlugen nicht an …
    Der Arzt sah Frau Hellmig an und zuckte mit den Schultern. »Er reagiert gar nicht«, flüsterte er ihr zu. »Er will nicht reagieren!«
    Landgerichtsdirektor Hellmig wandte den Kopf langsam in den Kissen herum. Mit müden, glanzlosen Augen sah er den Arzt und seine Frau an.
    »Was sagen Sie da, Herr Doktor?« fragte er matt.
    »Sie dürfen sich nicht so gehen lassen, Herr Direktor. Was hat es für einen Sinn,
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