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Ich beantrage Todesstrafe

Ich beantrage Todesstrafe

Titel: Ich beantrage Todesstrafe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Gemeindewaldes. In diesem Waldstück, seitlich der Straße, hinter einem Gebüsch, sitzt Katucheit. Er wartet darauf, daß ein weibliches Wesen kommt, dem er sich in verbrecherischer Absicht nähern will.«
    Katucheit grinste breit. Das haben die Weiber gern, dachte er fröhlich. Ein Mann, der plötzlich aus'n Gebüsch kommt … Sakrament, sie kreischen erst ein bißchen und tun entsetzt, aber dann … Mensch, Staatsanwalt hör auf zu quatschen. Ich hab's doch gestanden. Ich bin müde! Sieben Stunden sitze ich jetzt hier im Saal und lasse mich anstarren.
    »… Gegen Mittag kommt Hannelore Lämmle aus der Schule. Sie sieht den entblößten Katucheit aus dem Gebüsch treten und schreit. Katucheit springt sie an, wirft sich auf Hannelore und schleift die um sich Schlagende in den Wald. Dort vergeht er sich an ihr … nicht einmal, sondern mehrmals. Das Kind, halb tot vor Angst, Entsetzen und Schmerzen, bäumt sich verzweifelt auf und schreit. Da schlägt Katucheit auf sie ein, brüllt sie an: ›Willst du wohl still sein!‹ und schleift sie weiter bis zu einem Tümpel. Dort drückt er den Kopf des Kindes solange in das faulige Wasser, bis es erstickt. Die Leiche trägt er tiefer in den Wald, deckt sie mit Reisig und Blättern zu, geht seelenruhig zu dem Gebüsch zurück, zieht seine Jacke an und wandert pfeifend nach Sangerhausen. Er bettelt sogar im Dorf. Auch bei den Eltern von Hannelore Lämmle, die am gedeckten Mittagstisch auf ihre Tochter warten, die ja gleich aus der Schule kommen wird. Sie hat sich vermutlich ein wenig verspätet. Vielleicht muß sie nachsitzen, denkt der Vater, und er gibt dem Mörder Katucheit, der vor fünfzehn Minuten seine Hannelore viehisch umbrachte, einen Teller Linsensuppe und zwei Brötchen. Und Katucheit setzt sich im Hause Lämmle auf die Diele und ißt ruhig, mit Vergnügen, wie Herr Lämmle aussagte, und schmatzend seine Suppe und bekommt sogar noch einen zweiten Teller. Dann geht er weiter, pfeifend und winkend. Ein Wanderbursche …«
    Aus dem Halbdunkel des Saales hörte man leises Weinen. Frau Lämmle lehnte den Kopf an die Schulter ihres Mannes und schluchzte haltlos. Schreinermeister Lämmle stierte zu Katucheit hinüber, der lächelnd den Worten Dr. Doernbergs folgte.
    Ich hätte ihn umbringen sollen, durchfuhr es Lämmle. Damals, als der Polizeimeister Buber den Kerl nach Sangerhausen brachte und beim Bürgermeister einsperrte. Damals stand ich ihm gegenüber, und so schnell, wie ich ihn erdrosseln konnte, hätte mich keiner zurückreißen können.
    Schreinermeister Lämmle verstand die Welt nicht mehr. Er legte den Arm um seine schluchzende Frau und senkte den Kopf.
    Er weinte lautlos … die Tränen liefen über seine schlaffen Wangen.
    Dr. Doernberg hob die Stimme.
    »Ist dies noch ein Mensch?! … Sieht man hier einen einzigen Funken von Moral, den man entfachen könnte? Nichts! Gar nichts! Dieser Mörder ist ein bestialisches Nichts, das ungehemmt durch das Land zog. Der Mord an Hannelore Lämmle ist das scheußlichste Verbrechen, das wir in den letzten Jahren sahen. Wir haben darüber zu richten …
    Wir haben die Aufgabe, solche Tiere von der übrigen Menschheit abzusondern. Heute, hier an dieser Stelle, bedauere ich es tief, nicht zu Ihnen, meine Herren Geschworenen, sagen zu können: Ich beantrage die Todesstrafe!«
    Zum erstenmal fuhr der Kopf des Vorsitzenden zu Dr. Doernberg herum. Das Gesicht von Landesgerichtsdirektor Dr. Hellmig überzog sich mit leichter Röte. Er hob die Hand, als wolle er den Staatsanwalt unterbrechen. Auch der Anwalt Katucheits war aufgesprungen. Die beiden Beisitzer und die sechs Geschworenen starrten auf Dr. Doernberg. Das Ungeheuerliche dieser einen Minute erfaßte sie wie ein Schock. Peter Katucheit war blaß geworden. Er beugte sich über die Barriere und stierte auf Staatsanwalt Dr. Doernberg.
    Der ist verrückt geworden, dachte er fiebernd. Todesstrafe! Die ist doch abgeschafft. Gott sei Dank! Mit der Abschaffung der Todesstrafe wurde das Verbrechen kein großes Risiko mehr. Banküberfall – fünf Jahre. Notzucht? Vier Jahre. Mord an Taxifahrern? Lieber Gott – nur fünf Jahre Zuchthaus.
    Und wenn man unter einundzwanzig Jahre ist, wird's noch leichter!
    Was sind fünf Jahre Zuchthaus? Wenn man auf Draht ist, wird man Kalfaktor und darf den Wachtmeistern helfen. Man kommt im Gebäude herum, man lernt neue Tricks, bekommt Tips für die erste Zeit nach der Freilassung … Kinder, was für ein Leben!
    Aber Todesstrafe? Rübe
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