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Ich beantrage Todesstrafe

Ich beantrage Todesstrafe

Titel: Ich beantrage Todesstrafe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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keinen Satz, kein Wort meines Plädoyers zurücknehmen.«
    »So?«
    Hellmigs Stimme wurde grollend.
    »Sie stehen also zu Ihrer Ansicht, daß die Todesstrafe unbedingt notwendig ist?«
    »Ja.«
    Landgerichtsdirektor Dr. Hellmig fühlte sich düpiert und persönlich angegriffen. Die Beleidigung des Gesetzes war eine Beleidigung seiner Person.
    »Ich werde mich morgen über Sie bei Herrn Oberstaatsanwalt Dr. Karlssen beschweren«, sagte er steif. »Ich möchte verhindern, mit Ihnen als Vertreter der Anklage noch einmal zusammenarbeiten zu müssen.«
    Grußlos wandte sich Dr. Hellmig ab und ging zum Ausgang des Gerichtes. Dr. Doernberg blieb auf dem Flur stehen. Er fror in seinem dünnen Talar.
    Rosel schlief schon, als Dr. Doernberg leise die Wohnungstür aufschloß und seinen Mantel an der Garderobe aufhängte. Er ging auf Zehenspitzen in die Küche, holte aus dem Eisschrank eine Flasche Bier und einige belegte Brote, die Rosel dort immer frisch stellte.
    Ohne Appetit aß er eine Schnitte. Die Auseinandersetzung mit Landgerichtsdirektor Hellmig drückte heftiger auf sein Gemüt, als er es sich eingestehen wollte.
    Nie hatte er so wie heute gespürt, wie sinnlos eine Rechtsprechung ist, wenn sie Subjekte wie Peter Katucheit schonte und an eine Wandlung dieses Charakters ohne Charakter glaubte.
    Die Haltung Katucheits während des Prozesses, die unglaubliche Gefühllosigkeit, mit der er den Aussagen der fast zusammenbrechenden Eltern der Hannelore Lämmle zuhörte und breit grinste, als der Gerichtsmediziner die geradezu bestialische Notzüchtigung schilderte, das genußvolle Lecken der Lippen, als er dann selbst seine Tat bis in alle Einzelheiten schilderte, daß selbst Dr. Hellmig ab und zu zum Wasserglas greifen mußte, dieses Konterfei eines Mörders erschütterte Doernberg so stark, daß er für sich beschloß, beim Oberstaatsanwalt vorstellig zu werden.
    Er wollte sagen, daß es ihm unmöglich war, in einem Prozeß einen Staat zu vertreten, der einem vertierten Mörder die Chance gibt, nach fünfzehn oder zwanzig Jahren wieder auf die Menschheit losgelassen zu werden und weiter zu morden.
    Doernberg erhob sich. Leise ging er den kleinen Flur und öffnete die Tür des Kinderzimmers.
    In ihrem Bett lag Monika. Sie schlief, den Kopf zur Seite gedreht, die Steppdecke etwas heruntergezogen. Ein Bein lag bloß … Eine blonde Locke schob sich quer über die geschlossenen Augen. Der kleine Mund war zusammengekniffen. Trotzig, als träume sie von der Schule und der verhaßten Mathematik.
    Doernberg blieb vor dem Bett stehen und betrachtete sein Kind. Dreizehn Jahre … so alt wie damals Hannelore Lämmle, als Katucheit sie in den Wald zerrte.
    Es hätte auch Monika sein können, durchfuhr es Doernberg. Auch ihr konnte eines Tages so ein Katucheit auflauern und sie ermorden.
    Doernberg stöhnte leise. Er beugte sich vor und zog die Steppdecke über den Mädchenkörper.
    Leise ging er aus dem Zimmer. Als er das Schlafzimmer betrat, knipste seine Frau die Nachttischlampe an und richtete sich auf.
    »So spät, Walter?« fragte sie mit leisem Vorwurf. Er nickte und setzte sich auf die Kante seines Bettes.
    »Hast du gegessen?« fragte sie.
    »Ja. Ein wenig. Ich kann nichts essen.«
    »War's wieder so schlimm, Walter?« Sie schob die Decke etwas zurück und kroch zu ihm hinüber. Ihr schwarzes Haar, das sie am Tage in einem tiefen Nackenknoten trug, war aufgelöst. Er küßte sie auf den Mund. Flüchtig, hilflos fast und starrte auf den Schirm der Nachttischlampe.
    »Hast du schon einmal das Gefühl gehabt, Rosel«, sagte er, »nackt vor einer riesigen Menschenmenge zu stehen? Alle starren dich an, alle warten darauf, daß du irgend etwas tust, daß du dich bedeckst, daß du wegrennst … aber du mußt stehenbleiben, nackt wie du bist, du mußt dich der gaffenden Menge zeigen, weil hinter dir einer steht und befiehlt: Du mußt!«
    Sie schwieg und schüttelte den Kopf. »Es ist furchtbar, Rosel. Wenn unsere Monika von einem Tier in Menschengestalt …«
    Sie legte ihm ihre Hand auf den Mund, Entsetzen in ihren großen Augen.
    »Walter –«, stammelte sie. »Mein Gott, sprich es nicht aus! Wie kannst du nur so etwas sagen … denken …«
    »Auch Hannelore Lämmle hatte eine Mutter, einen Vater. Auch sie dachten nicht daran … Und dann kam ein Peter Katucheit!« Doernberg sprang auf und rannte in dem großen Schlafzimmer hin und her. Seine Stimme überschlug sich fast. Er klopfte mit beiden Fäusten an seine Brust. »Und ich,
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