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Ich beantrage Todesstrafe

Ich beantrage Todesstrafe

Titel: Ich beantrage Todesstrafe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ab?
    Peter Katucheit beugte sich zu seinem Anwalt. Laut sagte er: »Herr Rechtsanwalt – das darf der doch gar nicht sagen!«
    Landgerichtsdirektor Dr. Hellmig sah mißbilligend auf Dr. Doernberg.
    Er zog die Augenbrauen zusammen.
    Todesstrafe.
    Die Stimme Dr. Doernbergs wurde jetzt nüchtern und geschäftsmäßig.
    »… ich beantrage daher als Strafe lebenslängliches Zuchthaus unter Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit.«
    Peter Katucheit nickte. Er lehnte sich wieder zurück. Er war zufrieden.
    Lebenslänglich! Ein dusseliges Wort. Lebenslänglich sitzt keiner. Wer mit Zwanzig ins Zuchthaus kommt, hat die Chance, mit Fünfunddreißig wieder draußen zu sein. Und mit fünfunddreißig Jahren ist man im besten Alter! – die ganze Staatsanwaltschaft konnte ihn kreuzweise …
    Katucheit rechnete. Er war jetzt 31 Jahre. Im schlechtesten Falle saß er zwanzig Jahre ab. Dann war er einundfünfzig, wenn er wieder entlassen wurde. Auch mit einundfünfzig Jahren ist die Welt noch schön und läßt sich erobern. Vor allem die Mädchen. Teufel, das nächstemal würde er es klüger machen. Mehr mit Verstand.
    Diese zwanzig Jahre würde er herumbekommen. Vielleicht zuerst in der Schuhmacherei oder beim Bäcker. Und einen Garten würde er sich auch zulegen … als Lebenslänglicher hat man gewisse Vergünstigungen. Auch das noch!
    Er grinste zufrieden.
    Vor allem, wenn man sich mit dem Zuchthauspfarrer gut stand und fleißig die Bibelstunden besucht, wenn man im Kirchenchor des Zuchthauses mitsingt und im Laufe der Jahre ein Instrument spielen lernt. Am besten Posaune – die braucht man zu Weihnachten bei der Weihnachtsfeier in der Zuchthauskirche – Kinder, dann hat man ein Leben!
    Landgerichtsrat Dr. Hellmig blickte nach dem Plädoyer des Staatsanwaltes auf seine Uhr. Es war zehn Uhr abends. Die Geschworenen sahen verfallen aus. Er beugte sich zu den beiden Beisitzern und besprach kurz seine Ansicht. Dann nickte er Staatsanwalt Doernberg zu.
    »Nach dem Plädoyer des Anklagevertreters erteile ich das Wort dem Herrn Verteidiger. Ich schlage aber gleichzeitig vor, daß das Gericht in Anbetracht der späten Stunde die Beratung über das Strafmandat auf den morgigen Tag verlegt. Sind Sie damit einverstanden, Herr Verteidiger?«
    Der Anwalt Peter Katucheits nickte.
    Landgerichtsdirektor Dr. Hellmig erhob sich. »Die Verhandlung wird auf morgen um 11.30 Uhr vertagt. Die Sitzung ist geschlossen.«
    Die Geschworenen und die Richter erhoben sich mit scharrenden Stühlen. Die breite Tür zum Flur wurde von dem Justizwachtmeister geöffnet, die Zeugen und die Zuhörer verließen den Saal. Hinter der Barriere öffnete sich die kleine Tür. Der Wachtmeister legte Katucheit die Handfessel an und drängte Katucheit aus der Barriere in den schmalen Gang, der zu den Zellen führte.
    Staatsanwalt Dr. Doernberg verließ als letzter den Richtertisch. Er knipste die Tischlampe aus und schob die Akten unter seinen Arm. Bevor er den Raum verließ, blickte er sich noch einmal um. Der Justizwachtmeister drehte die Lichter über den Zuschauerbänken aus. Der Anwalt Katucheits stand vor dem Zeugenstand.
    »Herr Staatsanwalt?« sagte er.
    »Bitte?« Dr. Doernberg trat näher.
    »Die bewußte Bemerkung während Ihres Plädoyers wird Ihnen Unannehmlichkeiten einbringen.«
    »Ich weiß, Herr Rechtsanwalt. Aber ich mußte es sagen – und ich werde zu meiner Meinung stehen, daß Ihr Klient wie kein anderer die Todesstrafe verdient hat und es ein Versagen des Gesetzgebers ist, entgegen aller Vernunftgründe und entgegen der Ansicht weiter Bevölkerungskreise sich gegen die Wiedereinführung der Todesstrafe zu sträuben.«
    Er drehte sich um und verließ schnell den Saal.
    Auf dem Flur des Landgerichtes traf Dr. Doernberg auf Landgerichtsdirektor Dr. Hellwig, der schon umgezogen war und mit eiligen Schritten zum Ausgang strebte. Als er den jungen Staatsanwalt sah, blieb er stehen und wartete, bis Dr. Doernberg herangekommen war. In seinen Augen stand noch immer der Zorn. Dr. Hellmig war kein Mann, der eine Empörung mit der Robe ablegte … er trug sie weiter und verarbeitete sie erst seelisch.
    »Sie sind jung, lieber Doernberg«, sagte er und zwang sich, seiner Stimme den Ton väterlicher Ermahnung zu geben. »Ich habe mich ein wenig geärgert über Ihre Äußerung.«
    »Das bedauere ich sehr, Herr Direktor.« Dr. Doernberg verbeugte sich knapp.
    Dr. Doernberg sah Landgerichtsdirektor Dr. Hellmig frei an. »Andererseits kann ich
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