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Honigsüßer Tod

Honigsüßer Tod

Titel: Honigsüßer Tod
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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Betracht zog. Die hatte Thomsen am Morgen auf dem Hof des Bauern
zum Abgleich der Geschosse vergeblich gesucht. Offenbar war Lucidus schneller
gewesen.
    »Glauben Sie mir: In puncto Allergien kennt sich kaum jemand so gut
aus wie ich. Unter anderem habe auch ich eine Fruchtzuckerallergie und kenne
die Symptome, wenn man zu viel Honig nascht. Nasenbluten ist eines davon.
Gerade, wenn es durch Aufregung verstärkt wird. Nicht wahr, Herr Brändle?«
    Der hielt sich immer noch die Nase. Vermutlich mittlerweile aus
reiner Gewohnheit.
    »Ich habe Ihnen heute Morgen einen kräftigen Schuss Honig in den
Kaffee getan. Als Sie Mellitus getötet haben, konnten Sie seinem berühmten
Weißtannenhonig einfach nicht widerstehen. Sie mussten als Erster der neuen
Saison davon probieren. Und Sie haben entgegen Ihrer sonstigen strengen
religiösen Disziplin mehr als nur ein bisschen genascht. Auch deshalb fiel das
Nasenbluten heftiger aus als sonst. Und vor allem schneller: Sie haben nicht
damit gerechnet, dass es noch am Tatort auftritt.«
    »Dass da mei’ Nas’ blutet hätt’, seh’ ich als Strafe Gottes an.
Vielleicht isch er der Meinung, dass ich mich trotzdem am Mellitus versündigt
hab’«, sagte Brändle. »Vielleicht meint er, dass es nur den Lucidus hätt’
treffe’ solle’. Der war ja der Hauptschuldige am Tod meiner Erika.«
    »Es waren nicht nur Blutstropfen in der Nähe des Honigeimers«, sagte
Thomsen. »In der Aufregung sind Ihnen auch einige Tropfen Honig neben den Eimer
geraten. Ein guter Imker wie Mellitus wäre nie so sorglos mit seinem kostbaren
Honig umgegangen.«
    »Liebe Freunde: Genug der Worte«, meldete sich nun Lucidus wieder.
    Es fiel ihm wirklich schwer. Aber es half nichts, sein Karma und er
hatten keine Wahl. Es würde nur alles gut gehen, wenn er den Willen des »Sol
Invictus« umsetzte. Er musste die Sonnenkinder retten. Die Dinge waren, wie sie
waren. Auch wenn er mit seiner Waffe nun vier Personen in eine andere Sphäre
befördern und sich hinterher überlegen müsste, wie er das in seinen eigentlich
perfekten Plan einfügen konnte.
    Winterhalter wusste, dass nun der Moment für seinen großen
Auftritt gekommen war. Er hatte sich an der Seitenwand der Kapelle
entlanggeschlichen. Nun stand er ganz nah am Geschehen. Mit einem beherzten
Sprung stürzte er sich von hinten auf Lucidus. Der ging – mit dem
Kriminalbeamten auf dem Rücken– zu Boden. Winterhalter sah vielleicht etwas
gemütlich aus, aber er hatte nicht zuletzt durch die Arbeit auf dem Hof und den
Umgang mit den Tieren Bärenkräfte. Er überwältigte Lucidus, ohne auf Gegenwehr
zu stoßen. Unmittelbare körperliche Gewalt gehörte offenbar tatsächlich nicht
zum Repertoire des Sektenchefs.
    Thomsen war baff: »Winterhalter, wie haben Sie … ?«
    »Des isch echtes Teamwork, Chef«, keuchte der über Lucidus Liegende.

29. Hilde und Claas
    Frau Bergmann war am Telefon auf einmal ganz zahm gewesen.
    Sie hatte Thomsen sogar gratuliert. Um 17 Uhr
sollten sie in der Dienststelle in Villingen sein, um die Vorgesetzte für die
anschließende Pressekonferenz zu »briefen«, die für 17 Uhr 30 angesetzt war. Außer ihr würden der
Oberstaatsanwalt, der Ö und eventuell auch Thomsen
auf dem Podium sitzen. Letzterer beschloss, dies nach Möglichkeit dankend
abzulehnen. Angesichts der Tatumstände und des Hintergrunds würde die
Pressekonferenz deutschlandweit Beachtung finden. N-TV hatte sogar eine Live-Übertragung angekündigt. Für eine aufstrebende
Spitzenbeamtin eine ausgezeichnete Möglichkeit, sich zu profilieren. Thomsen
wünschte ihr dabei viel Spaß.
    Er blickte auf die Uhr. Sie hatten noch fast eine Stunde bis zur
Verabredung mit der Chefin. Das reichte locker. Winterhalter und er mussten
sich wieder einmal einen Dienstwagen teilen, weil alle anderen Kollegen den
Soko-Sitz im Rathaus von Großbiberbach auflösten. Zuvor hatten sie im Sonnenhof
unter anderem Brindur verhört.
    Bauer Brändle hatte den Haftbefehl des Amtsgerichts Villingen, der
auf zweifachen Mord lautete, eigentlich mit großer Fassung getragen. Schwer
mitgenommen hatte ihn aber, dass er statt des Sektenchefs ein Sonnenkind
erschossen hatte, das gar nicht an der Behandlung seiner Tochter beteiligt war.
Die Tarnung von Apricus war einfach zu gut gewesen. Selbst seine vielen
Halsketten hatte Lucidus dem Vertrauten für diese letzte Fahrt überlassen. Ob
der wirklich gewusst hatte, dass er umgebracht würde?
    Und Lucidus? Seine letzten Monate auf dieser Erde würde
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