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Lukes Verwandlung (German Edition)

Lukes Verwandlung (German Edition)

Titel: Lukes Verwandlung (German Edition)
Autoren: Natascha Artmann
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Prolog
     
    Die Verhandlung war ein einziger Witz. Vom Richter bis zum Zeugen war jeder Mann gekauft, jeder außer Luke. Er war darum bemüht, die Ehre und den Tod seines Vaters die Würde zurückzugeben. Nur unterstützte ihn niemand bei diesem Vorhaben. Nicht einmal der Anwalt, den er bezahlte, und der die Beweise für die Unschuld seines Vaters und die Schuld des Mörders, dem Gericht vorlegen sollte. Denn das was sein Anwalt zu diesem unwürdigen Schauspiel beizutragen hatte, war nicht nur stümperhaft, es lief regelrecht dem zuwider, was Luke erreichen wollte.
    Der Mann auf der Anklagebank hatte Don Donavan auf offener Straße niedergeschossen, nachdem er zuvor den gut gehenden Laden in Brand gesetzt hatte. Und dieses Ereignis wollte einfach keiner der Zeugen bestätigen. Nachbarn, Freunde und Geschäftspartner, die mit Don gelebt, gearbeitet und gehandelt hatten, wollten jetzt plötzlich weder etwas gesehen, noch gehört haben. Oder, was noch schlimmer war, sie bezeugten, dass Lukes Vater den Mann bedroht hatte, der ihn dann aus Notwehr erschießen musste.
    Notwehr! Niemals hatte sein Vater eine Waffe auf einen Menschen gerichtet. Er mochte diese Dinge nicht einmal, hatte nur ein Gewehr unterm Ladentisch, um wie jeder andere Geschäftsmann abzuschrecken. Ihm genau dieses Gewehr in die Arme zu legen, als er tot auf der Straße lag, während im Hintergrund sein Lebenswerk zu Asche zerfiel, war nichts weiter als ein inszenierter Akt, um eine Szene zu erschaffen, die es so nicht gegeben hatte.
    Luke wusste, dass sein Vater dieses Gewehr niemals abgefeuert haben konnte, da er nicht einmal Munition dafür besaß. Aber ein leerer Gewehrlauf war für den Richter in diesem Fall nur ein Indiz dafür, dass es benutzt worden war.
    Ein Blick in das Gesicht des letzten Zeugen machte deutlich, dass sich an dem allgemeinen Ton der Geschichte nichts ändern würde. Auch der Barbier, der sein Geschäft nur drei Häuser weiter hatte, wiederholte fast genau die gleichen Worte, die an diesem Tag schon etliche Male gefallen waren.
    Don Donavan, der einen großen Teil seines Lebens in dieser Stadt verbracht hatte und noch vor wenigen Tagen hoch angesehen war, erhielt den Stempel eines alten schießwütigen Mannes, der den Verstand komplett verloren hatte. Der Revolverheld, der ihn tötete, wurde nur mit einem milden Tadel und einem Bedauern wegen der Unannehmlichkeiten freigesprochen.
    Luke konnte nicht fassen, dass jeder, absolut jeder in der Stadt, in der er aufgewachsen war, sich gegen ihn und seinen Vater stellte. Und warum das so lief war nur zu offensichtlich. Er hatte durchaus bemerkt, in welche Richtung die Blicke der Zeugen wanderten, bevor oder nachdem sie ihre Lügengeschichten erzählt hatten.
    Delling. Der Kerl hatte sich in den letzten beiden Jahren mehr und mehr in der Stadt festgesetzt, hatte Geschäfte aufgekauft, sich bei den wichtigen Leuten eingeschmeichelt, den Pastor mit großzügigen Spenden auf seine Seite gezogen, und seinen Männern wichtige Posten in der Stadtverwaltung verschafft. Der Sheriff war sein Mann, und der Richter ganz offensichtlich auch.
    Der Kerl war klug, zeigte immer nur seine freundliche Seite. Er bedrohte niemanden oder setzte ihn unter Druck. Er stand nur immer wie der Retter in der Not bereit, wenn jemand durch höhere Gewalt plötzlich am Ende war. Dass diese höhere Gewalt vielleicht gar nicht aus heiterem Himmel kam, sondern herbeigeführt worden war, wagte niemand auch nur zu denken.
    Und Delling wusste, wie er die Menschen durch Freundlichkeit und manches Mal auch versteckte Drohungen, auf seine Seite ziehen konnte. Aus Dankbarkeit oder Angst bestätigten sie das, was er ihnen vorgab. Und darum war Lukes Vater jetzt seiner Ehre und seines Lebens beraubt.
    Jeder, sogar die süße Rosemary war dem smarten Delling verfallen. Und obwohl es noch vor dieser Katastrophe so ausgesehen hatte, als ob das Mädchen seine Werbung annehmen würde, ließ sie sich jetzt von Delling hofieren. Der einst so schmachtende Blick, der einmal Luke gegolten hatte, richtete sich jetzt auf den Mann, der mittlerweile alle Fäden der Stadt in der Hand hielt.
    Als der Richter seinen Spruch verkündete wusste Luke, dass er verloren hatte. Nicht nur die Verhandlung, die den Mörder seines Vaters zur Rechenschaft ziehen sollte. Auch die Nachbarn und Freunde hatten sich von ihm abgewandt. Und Rosemary hatte sich sogar offen dem angeschlossen, der die Macht und das Geld hatte, die Wahrheit in der Versenkung
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