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Honigsüßer Tod

Honigsüßer Tod

Titel: Honigsüßer Tod
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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Aber war das nicht in vielen
Ehen so?
    Hummel kam beim Blick in den Spiegel zu dem Schluss, dass er
vielleicht doch nicht so deutlich unter hundert lag. Er konzentrierte sich
schnell auf den Rosenzettel, der sehr akkurat auf Kinnhöhe seines Spiegelbildes
prangte.
    »Boden einmal wöchentlich saugen. BITTE «,
stand da.
    Wöchentlich?
    Dass Elke zu einer Chakra-Harmonisierung in eine abgelegene
Schwarzwaldhütte, zu einem »Delfin-Wochenende« oder einer Körpertherapie
reiste, das kam schon einmal vor. Sie nahm mit, was in der losen esoterischen
Szene Villingen-Schwenningens am Ostrand des Schwarzwaldes eben so geboten
wurde. Länger als zwei, drei Tage dauerten derartige Veranstaltungen aber
selten.
    Theoretisch war es immerhin möglich, dass Elke trotzdem bald wieder
aufkreuzte und es sich bei den Nachrichten nur um ganz allgemeine
Erinnerungszettel handelte. Einen davon auf die Haustür zu kleben war jedoch
aufdringlich bis ungewöhnlich.
    Zugegeben, Hubertus war nicht gerade das, was sich eine
Gleichstellungsbeauftragte gewünscht hätte. Er brachte zwar des Öfteren den
Müll raus, kümmerte sich um seinen ebenfalls in Villingen wohnenden Enkel
Maximilian und verwaltete mit Enthusiasmus den Hummelschen Weinkeller. Im
Garten war er seiner Erinnerung nach für das Heckenschneiden und das Rasenmähen
zuständig.
    Kochen, Backen, Putzen, Organisieren, das ganze »Haus-Management«,
wie er es nannte, überließ er aber komplett Elke. Darüber hatte es seiner etwas
unzuverlässigen Erinnerung nach auch nie Diskussionen gegeben. Dass seine Frau
ihn nun aber so plump zur Mehrarbeit antrieb, ärgerte Hubertus nicht nur. Es
beunruhigte ihn auch etwas.
    Elke und er waren ohnehin an einem schwierigen Punkt ihrer Beziehung
angelangt. Das Grundproblem war recht banal: Das Ehepaar Hummel hatte sich
auseinandergelebt. Jeder frönte seinen eigenen Interessen: Hubertus dem
Eishockey und Fußball (passiv), der traditionellen Fasnacht, dem Essen und
Trinken (aktiv). Elke hingegen wollte mehr denn je ihr Bewusstsein erweitern – und zwar weniger durch das Trinken von badischem Wein als mittels spiritueller
Suche.
    Vor einiger Zeit hatte Elke sich eine »Ehepause« genommen, weil sie
zu dem Schluss gekommen war, Hubertus und sie seien doch nicht seelenverwandt.
Diese Pause hatte sie mit einem stadtbekannten Rechtsanwalt überbrückt, der
sich allerdings als richtiggehend seelenfremd entpuppte.
    Also hatte sich das Ehepaar wieder zusammengerauft, »gute Gespräche«
geführt, wie Elke es nannte. Hubertus nannte es anders – oder eigentlich gar
nicht. Jedenfalls hatte er sich nach einiger Zeit des relativen häuslichen Friedens
vor Kurzem in eine jüngere Kollegin verliebt: Carolin. Eigentlich war das in
Hubertus’ bodenständiger Art gar nicht vorgesehen. Die Liaison war auch noch
gar keine richtige, denn Hummel wusste weder ein noch aus.
    Ratlos stapfte er auch jetzt in Richtung Treppe, kam aber nur bis
    zum Gäste- WC : dort prangte Klebezettel Nr. 3 auf der Tür.
    »1 × wöchentl. feucht wischen, Schüssel
und Klobrille desinfizieren. BITTE «, las er.
    Ehe er Zettel Nr. 4 finden konnte,
klingelte es. Hubertus warf wütend seine braune Ledertasche auf den Korbstuhl
im Flur und öffnete ruckartig die Haustür. Wenn das Elke war, dann konnte sie
sich auf etwas gefasst machen. Den Beginn der Schulferien hatte sie ihm durch
ihr schriftliches Mobbing einigermaßen verdorben. Und jetzt hatte sie sicher
wieder einmal den Schlüssel verloren. Das Seelenheil mochte wichtig sein. Die
Gegenstände des täglichen Gebrauchs waren es aber auch.
    Zwar konnte man bei Elke nicht ausschließen, dass sie sich aus
weltanschaulichen Gründen kurzfristig eine Glatze rasierte, aber diese hier
gehörte Edelbert Burgbacher. »Ich muss dich dringend sprechen, Hubertus
Hummel«, dröhnte ihm der Bass seines Freundes entgegen. Er war Impresario des
kleinen Zähringer-Theaters an der Stadtmauer und eine der schillerndsten
Figuren der gesamten Schwarzwälder Kulturszene.
    »Dringend!«, betonte er nach einer bedeutungsvollen Kunstpause.
    Edelbert stand in Gedanken 24 Stunden am Tag auf
einer Bühne. Und er inszenierte sich gut, das musste auch Hummel ihm lassen.
Burgbacher hatte Charisma und einen gewissen Stil– mehr zumindest als Manieren.
    Dazu, ihn hereinzubitten, kam Hubertus nämlich gar nicht. Burgbacher
hatte sich schon an ihm vorbeigeschoben und stand jetzt im Flur.
    »Ein einfaches Guten Tag hätte es auch getan.« Normalerweise machte
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