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Honigsüßer Tod

Honigsüßer Tod

Titel: Honigsüßer Tod
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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Burgbacher sogar an einem Tisch
gesessen. Des Impresarios Mund hatte sich neben dem Rotwein ausschließlich mit
Alberto beschäftigt. Rotwein, Alberto, Rotwein, Alberto.
    »Alberto sagt, er habe sich verliebt. Er liebe mich zwar noch immer,
aber das andere Gefühl sei stärker. Weißt du, dieser Mann zerstört mich!«
    »Gibt es denn keine Chance, dass er zu dir zurückkehrt?« Hummel
merkte, dass ihm Burgbachers Liebeskummer eigentlich ganz guttat. Geteiltes
Leid etc.
    »Mit trockener Kehle kann ich dir das gar nicht erzählen. Es ist so
furchtbar, das ertrage ich nur mit Trollinger.«
    Hubertus fand die Vorliebe des Freundes für schwäbischen Rotwein
auch nach all den Jahren immer noch seltsam. Sonst hatte Burgbacher mehr ein
Faible für italienische Opern, italienisches Essen und – wie zuletzt – für
italienische Männer. Und einen Trollinger führte Hummel nach wie vor und schon
aus Prinzip nicht.
    Nachdem der Theatermann weintechnisch über seinen Schatten und zu
einem Kaiserstühler Spätburgunder gesprungen war, schwenkte er das Glas vor
seinen Augen hin und her. »Gestern Nacht hat er mir gestanden …«, seufzte er.
    Hoffentlich erspart er mir die Details, dachte Hummel.
    »Er heißt Sven und ist 20. Alberto hat
    mich für einen 30 Jahre jüngeren Mann verlassen,
Hubertus.« Er schüttete den restlichen Rotwein hinunter und hielt Hummel das
leere Glas hin. Der schenkte die doppelte Ration nach.
    »30 Jahre jünger …« Hubertus überlegte,
wie viel jünger seine Carolin war. Er kam auf sieben Jahre. Das ging doch
eigentlich. Gut, wäre er jetzt 20 und sie 13, könnte man darin ein Problem sehen. Oder gar einen
Straftatbestand. Aber bei 46 zu 39?
    »Und weißt du, was noch schrecklicher ist? Ich selbst habe die
beiden zusammengebracht, habe sie in dem Stück als schwules Pärchen besetzt.
Dieser Sven war eigentlich Hetero, hatte sogar eine Freundin. Aber in jedem
Hetero steckt eben …«
    »Was ist das denn für ein Stück?«, fragte Hummel schnell.
    »Die Landesgartenschau-Betreiber wollten unbedingt eine Komödie.
Halt was Todsicheres: Shakespeares ›Sommernachtstraum‹ oder was Derartiges.
Aber dass dieser Hofnarr Puck immer Mann und Frau verkuppeln sollte, das war
mir dann einfach zu langweilig.«
    »Und was spielt ihr nun stattdessen?«
    »Den ›Regenbogentraum‹. Sozusagen das homosexuelle Pendant zum
Sommernachtstraum. Hier werden nicht Heteros, sondern Männer mit Männern und
Frauen mit Frauen verkuppelt. Einfach köstlich! Und so lernt die Provinz auch
noch etwas. Als Regisseur habe ich schließlich auch die Pflicht zur
gesellschaftlichen Aufklärung!«
    Ob das die Verantwortlichen der Gartenschau ebenso sahen, wagte
Hummel zu bezweifeln.
    Allerdings galt es jetzt, Solidarität zu üben. Oder vielmehr,
Burgbacher einfach stumm zuzuhören.
    Dessen großer Auftritt folgte. Zusammengefasst: Weinkrampf mit
körperlichem Zusammenbruch, Glassturz auf Hummels Terracotta-Boden. Erneuter
Sturz mit Verletzung des Kinns an einer Scherbe. Hummel in einer Nebenrolle:
Jod und ein großes Pflaster für den Freund. Wiederum Burgbacher: Griff nach der
Flasche, Leeren in einem Zug.
    »Ich bringe mich um. Ach was, ich bringe Alberto und mich um«,
kündigte Burgbacher halb lallend an. So gern er dem Alkohol zusprach, so wenig
vertrug er ihn.
    »Bring doch nur ihn um«, schlug Hummel mit leichter Ironie vor.
    Burgbacher überhörte es. »Gestern hat Alberto mir dann gesagt, dass
er das Doppelspiel nicht mehr aushält. Er müsse sich jetzt entscheiden. Und
wenn er nicht mehr mit mir zusammen sei, dann müsse er auch das Stück
aufgeben.«
    »Und was ist mit diesem Sven? Spielt der weiter mit?«, fragte Hummel
etwas arglos.
    Burgbacher schnappte sich die zweite Flasche und nahm einen
kräftigen Seemannsschluck. Das Glas war ja zerbrochen. »Ach was, den habe ich
natürlich gefeuert. Wie die ganze Schauspieltruppe. Diese Dilettanten! Ich will
sie nie wieder sehen!«
    »Und das Stück?«
    »Mir wird schon was einfallen«, lallte Burgbacher. »Ist ja noch eine
knappe Woche.«
    Hummel nahm ebenfalls einen ordentlichen Schluck. Wenige Tage bis
zur wahrscheinlich größten Blamage in Burgbachers Künstlerleben. Dazu ein
privates Schlachtfeld, weil er wegen eines nicht einmal halb so alten
Widersachers verlassen wurde. Nicht schlecht. Burgbacher konnte es wirklich
beinahe mit seinen Problemen aufnehmen. Er war ein würdiger Partner für dieses
Besäufnis.

2. Nachbarschaftsfreuden
    In seinem Arbeitszimmer hatte
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