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1097 - Der Tod aus dem Tunnel

1097 - Der Tod aus dem Tunnel

Titel: 1097 - Der Tod aus dem Tunnel
Autoren: Jason Dark
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Stachow kontrollierte. Er schrieb Berichte und sorgte dafür, daß auch ausgebessert wurde, falls es notwendig war. Gefahren nahe der Hauptstrecken konnte man sich nicht erlauben. Die Bahn mußte sicher sein, auch im Hinblick auf die zahlreichen Touristen, die transportiert wurden. Wenn man in Moskau auf Bauwerke besonders stolz war, dann zählten der Kreml und die U-Bahn dazu.
    An diesem Tag hatte sich Stachow einen Tunnel vorgenommen, der sehr versteckt lag und nur aufgrund alter Bauzeichnungen zu finden gewesen war. Er führte parallel zu einer Nebenstrecke und wurde manchmal als das Grab bezeichnet.
    Stachow war nicht abergläubisch, im Gegensatz zu vielen Kollegen. Sie wußten Geschichten über die Stollen zu berichten, die nicht sehr erfreulich waren. Legenden, Sagen, Märchen, Spinnereien, die von schrecklichen und unheimlichen Gestalten berichteten, die in den alten und vergessenen Stollen eine neue Heimat gefunden hatten und nur darauf warteten, daß sich Menschen verliefen, um sie dann zerfleischen zu können.
    Der Tod lauerte dort. Es gab sogar Leute, die sich weigerten, den Tunnel zu betreten.
    Dazu gehörte Stachow nicht. Er war inzwischen vierzig Jahre alt geworden und tat seinen Job sogar gern, weil er recht gut bezahlt wurde.
    An diesem Tag allerdings schwitzte er unter seinem Helm, und das lag nicht nur allein an der schwül warmen Luft.
    Er trug dicke Schuhe und feste Arbeitskleidung, die wattiert war. Der Helm saß richtig, und die Kiste mit dem Werkzeug hatte er über seine Schulter gehängt.
    Starke Lampen hellten den Schacht auf. Ihr Licht war mit einem Eisstrahl zu vergleichen, der alles Dunkle zerstörte, damit Oleg vernünftig arbeiten konnte.
    Die Kollegen mochten den Schacht nicht. Sie fürchteten sich davor. Hier sollte das Unheil lauern, auch wenn man es nicht sah. Versteckt hinter einer Mauer, die keine war, so hatten sie gesprochen. Besonders diejenigen, die schon in Rente waren und sich noch gut an die alten Zeiten erinnerten. Schon damals war dieser Schacht leer gewesen. Kein Gleis hatte hindurchgeführt, obwohl beim Bau der U-Bahn auch daran gedacht worden war. Dann hatten die Erbauer einen Bogen um dieses Stück gemacht, und der wahre Grund war nie herausgekommen. Zudem lag alles schon Jahrzehnte zurück.
    Oleg hatte nie viel von den Geschichten gehalten. Er hatte nicht daran geglaubt, sie einfach hingenommen und versucht, sie zu ignorieren.
    Daß es allerdings in den letzten Wochen zu ungewöhnlichen Vorfällen gekommen war, darüber konnte auch er nicht hinwegsehen. Nur hatte er sich darüber keine Gedanken gemacht und sie nicht unbedingt mit der Lage des einsamen Stollens in Verbindung gebracht.
    Die Kollegen waren erkrankt. Vier insgesamt.
    Alle an der gleichen Krankheit.
    Aber welche das war, darüber schwieg man sich aus. Sie waren isoliert worden und lagen in einem Krankenhaus, zu dem der normale Mensch keinen Zutritt hatte. Es wurde vom Militär und auch vom Geheimdienst kontrolliert, so daß nichts nach draußen drang, was nicht bekannt werden sollte.
    Die Kollegen hatten Fragen gestellt. Auch Oleg hatte den Mund nicht gehalr ten, und selbst seine Vorgesetzten hatten dagestanden, ihn angeschaut und nur mit den Schultern gezuckt.
    Oleg hatte ihnen geglaubt. Auch sie wußten nichts über die rätselhafte Krankheit, von der die Kollegen befallen worden waren. Jedenfalls waren sie aus dem Verkehr gezogen worden, und das sehr schnell, bevor sie noch mit den Kollegen hatten sprechen können.
    So etwas vergißt man nicht. Auch Oleg Stachow mußte immer wieder daran denken, wenn er seine Kontrollgänge durchführte. In der letzten Zeit war er besonders vorsichtig geworden. Er hatte sich immer wieder umgeschaut, hatte versucht, auf Veränderungen zu achten, doch ihm waren einfach keine aufgefallen.
    Alles lief so normal.
    Aber der Druck blieb.
    Er stand im Stollen und leuchtete ihn ab. Es gab Momente, da saugte Oleg Stachow die Atmosphäre eines Stollens in sich auf. Das tat er auch jetzt. Er hörte das feine Grummein, das ihn an das Keuchen eines gefangenen Drachens erinnerte, der sich zwar immer bemühte, aber nie freikam.
    Es war ein moderner Drache. Einer, der über die Schienen raste. Eben der Zug aus einem normalen Nachbarstollen. Das Echo pflanzte sich durch die Wände bis zu ihm fort, und er hörte es immer nur als dumpfes Grollen.
    Es wurde wieder still. Stachow atmete aus. Allein stand er in der Finsternis, denn er hatte auch die Lampe vorn am Helm ausgeschaltet.
    Andere
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