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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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hatten, weil das billiger war. Ich bin zu drei Vierteln Ire und zu einem Viertel Yankee, aber dieses eine Viertel herrscht über den Geldbeutel. Ich bin dafür bekannt, sparsam mit jedem Dollar umzugehen, und es macht mir nichts aus, das auch zuzugeben.
    Am nächsten Tag, dem 28. März, fuhr mich Andrea zum Flughafen. Alles war so wie immer; diese letzten gemeinsamen Stunden waren nichts Ungewöhnliches. »Alles in Ordnung«, sagte ich. »Ich bin sicher, dass ihr hier einen Schneesturm haben werdet, sobald ich abgereist bin. Du darfst dir dann vorstellen, wie ich in der heißen Sonne auf dem Deck faulenze.« Ich mag Schnee. Nichts liebe ich mehr, als an einem Fenster auf der Rückseite des Hauses zu stehen und auf die schneebedeckten Felder und Bäume hinauszuschauen. Andrea lachte. »Wir sehen uns im Juni«, sagte sie und küsste mich. Normalerweise bleibt sie, bis mein Flugzeug abhebt, eine Tradition, mit der wir anfingen, als die Kinder noch klein waren. Sie standen dann immer an den großen Aussichtsfenstern, wenn mein Flugzeug abhob, und winkten ihrem Daddy zu. Jeder Augenblick des Zusammenseins wurde intensiv und bis zur letzten Sekunde ausgekostet. Aber jetzt waren die Kids im College und Andrea war auf dem Weg zur Arbeit und konnte nicht bis zu meinem Abflug warten. Es war das erste Mal, dass das geschah. Daran musste ich später denken.
    Ich liebe das Meer und meinen Beruf als Seemann, aber auf den Schiffen begegnet man auch einer Menge Spinner. Ich glaube, das hat viel damit zu tun, dass man die Angehörigen und Freunde so oft und für so lange Zeit zurücklassen muss. Das kann einen wirklich verwirren. Ehen scheitern daran. Freundinnen suchen sich einen anderen Burschen. Dann erhalten Matrosen mitten in der Nacht und irgendwo in der unendlichen Einsamkeit des Meeres E-Mails von irgendwoher, die mit »Lieber John« beginnen. Und manchmal verschwindet dann ein Crewmitglied, springt mitten im Ozean über Bord und wird nie mehr gesehen. Vieles davon hat mit den Belastungen und dem Druck zu tun, so lange von den Menschen getrennt zu sein, die einem nahestehen.
    Seeleute der Handelsmarine reden immer über Jodie. Das ist der Typ, der daheim deine Frau vögelt, während du draußen auf dem Meer herumschipperst. Er isst dein Essen, fährt dein Auto, säuft dein Bier. Und Jodie hockt auf deiner Couch, wenn du nach Hause kommst, und fragt dich: »Wer bist denn du?« Wenn ein Bursche seine Frau anruft und sie nicht abnimmt, trösten wir ihn mit »Sie treibt es gerade mit Jodie«. Aber obwohl wir ständig darüber Witze reißen, ist Jodie nur allzu real. Es kommt vor, dass Seeleute nach Hause kommen und entdecken müssen, dass ihre Wohnung leer steht, das Bankkonto abgeräumt wurde und die Verlobte abgehauen ist, ohne auch nur eine Nachricht zu hinterlassen. Manchen Seeleuten passiert das sogar öfter. Jedes Mal, wenn ich wieder eine neue Jodie-Geschichte hörte, dankte ich dem Himmel dafür, dass Andrea zu Hause auf mich wartete. Jodie besuchte mein Haus nie.
    Aber um ehrlich zu sein, manche Seeleute sind schon von Anfang an verrückt, vor allem die Köche. Ich bin vollkommen überzeugt, dass es in der gesamten amerikanischen Handelsmarine nur sehr wenige normale, ausgeglichene Köche gibt. Vielleicht nicht mal einen einzigen, von meinem Schwager Dave mal abgesehen. Aber auch im Rest jeder Crew findet man zahllose Exzentriker. Ich fuhr mal unter einem Kapitän der alten Garde, der Back- und Steuerbord-Peterson genannt wurde und sich sogar in einem Nebel dicker als Erbsensuppe weigerte, Radar zu benutzen. Er behauptete steif und fest, Radar würde einen hypnotisieren, man würde direkt in die Kollision mit einem anderen Schiff steuern. Deshalb hielt er Radar für eine Erfindung des Teufels. Oder ein anderer Typ, der während der gesamten dreimonatigen Fahrt nur einen halben Schnurrbart trug. Und noch ein anderer, der darauf bestand, dass wir ihn Eisbär nannten, wenn wir in Richtung Nordpol fuhren, und Pinguin, wenn wir Richtung Südpol unterwegs waren. Wieder ein anderer kaufte in jedem Hafen ein T-Shirt für seine Sammlung, bis seine Kabine so vollgestopft war, dass man kaum noch die Tür öffnen konnte. Und ich kannte mal einen, der einen Wolfspelz mitsamt Kopf als Mantel trug, als er an Bord ging. Seeleute sind wirklich eine eigene Spezies, das steht fest.
    Das war schon immer so. Die Handelsmarine ist die älteste der amerikanischen Dienste. Sie wurde 1775 gegründet, also noch vor der Army und der US-Navy. In
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