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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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all unseren Kriegen, einschließlich des Zweiten Weltkriegs, endeten Männer, die einfach nicht nach den Vorschriften der US-Navy leben wollten, an Bord eines Frachters. Sie sahen keinen Sinn darin, Hosen mit Bügelfalten zu tragen oder jeden Offizier an Bord grüßen zu müssen, dazu fühlten sie sich einfach nicht fähig. Es ist auch kein Zufall, dass viele Schriftsteller der Beat Generation, wie zum Beispiel Jack Kerouac und Allen Ginsberg, früher Seeleute gewesen waren. Der Drang, auf der Welt herumzukreuzen, und der Drang zu rebellieren gehen Hand in Hand. Wir sind eine Bande von Sonderlingen und Banditen, aber vor allem verdammt gute Seeleute.
    Wenn ich Schiffe von einem Hafen zum nächsten steure, liegt immer ein Stapel Bücher über die Geschichte der Handelsschifffahrt oder den Zweiten Weltkrieg in meiner Kabine. Wir, die Seeleute der Handelsflotte, waren die ersten Amerikaner, die im Zweiten Weltkrieg starben – siebzehn Minuten vor dem Angriff auf Pearl Harbor torpedierte ein japanisches U-Boot den Holzfrachter SS Cynthia Olson und versenkte ihn, über tausend Meilen nördlich von Honolulu. Dreiunddreißig Seeleute sprangen in die Rettungsboote, wurden aber nicht gerettet, weil tausend Meilen entfernt plötzlich die Hölle über die Kriegsschiffe der US-Navy hereinbrach. Die Handelsmarine hatte jedoch mehr Opfer zu beklagen als alle anderen US-Dienste im Zweiten Weltkrieg. Einer von 26 Seeleuten starb im Dienst. Besatzungsmitglieder von Schiffen, die vor der Atlantikküste torpediert worden waren, ertranken im Maschinenöl, während Sonnenhungrige vom Ufer aus zusahen. Im Nordatlantik froren Männer auf dem Boden ihrer Rettungsboote fest, nachdem ihre Tanker versenkt worden waren. Enorme, über 160 Meter lange Frachter, die Munition und Dynamit für die Front geladen hatten, wurden torpediert; die Explosionen waren so gewaltig, dass man nie auch nur Spuren der vielen Tonnen Material oder der Besatzung fand. Sie hatten sich gleichsam in Luft aufgelöst. Was irgendwie auch ganz passend erscheint: Die Handelsmarine war schon immer der unsichtbare Dienst, die Jungs, die die Panzer in die Normandie schafften und die Patronen nach Okinawa, aber niemand denkt heute noch an uns. Wie General Douglas MacArthur richtig feststellte: »Sie brachten uns neues Blut zum Überleben und zahlten dafür mit dem eigenen.«
    Doch wenn dann die Jungs von den Frachtern nach Hause zurückkehrten, gab es keine Konfettiparaden, keine speziellen Gesetze wie die G. I. Bill, um ihre Wiedereingliederung in neue Berufe zu fördern, nichts dergleichen. Bis zum heutigen Tag müssen sie um ihre Anerkennung kämpfen, damit sie ihr Leben in Würde beschließen können. Dem Kongress liegt ein Gesetzentwurf vor, der ihnen den Status als Veteranen des Zweiten Weltkriegs zusprechen würde, aber der Entwurf steckt im politischen Prozess fest. Die meisten Burschen werden tot sein, bevor er verabschiedet wird. Es ist wirklich eine Schande.
    Während ich mich in der Handelsflotte allmählich emporarbeitete, lernte ich ein paar der Männer kennen, denen im Zweiten Weltkrieg das Schiff unter den Füßen weggeschossen worden war. Der Ausspruch eines dieser Seeleute ist mir deutlich in Erinnerung geblieben: »Als der Krieg ausbrach, war ich in der Handelsmarine. Überall um uns herum sah ich Schiffe sinken. Ich bekam solche Angst, dass ich dann doch lieber zur Navy ging.« Der Mann hatte sich bei der Navy einfach die besseren Überlebenschancen ausgerechnet. Wer in der Handelsflotte blieb, hatte damals gute Chancen, vorzeitig vor seinen Schöpfer zu treten.
    Viele von uns schleppen eine Art Komplex mit sich herum. Zum einen sind wir Patrioten, stolz auf unsere Traditionen. Aber zum anderen sind wir auch eine Bande eingefleischter Eigenbrötler, darunter auch ein paar richtig Irre, damit die Sache nicht zu langweilig wird.
    Aber damit schaffen wir es natürlich nie in die Schlagzeilen.
    Auf dem Flug zur Maersk Alabama hatte ich eines der Geschichtsbücher im Gepäck, aber ich las nicht darin, sondern saß nur da und dachte über die Aufgaben nach, die ich an Bord zu erledigen hatte. Mein Flug ging um 15.00 Uhr. Ich flog nach Salala im Sultanat Oman, das an der Ostküste der Arabischen Halbinsel liegt. Dort wurde das Schiff beladen. Ich habe auch schon früher 42 Stunden im Flugzeug sitzen müssen, um zu meinem Schiff zu kommen, insofern war diese lange Anreise nichts Außergewöhnliches: von Burlington nach Washington, D. C., von dort nach Zürich, von
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