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Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)

Titel: Höllentage auf See: In den Händen von somalischen Piraten - gerettet von Navy Seals (German Edition)
Autoren: Captain Richard Phillips , Stephan Talty
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mein Kinn. »Das schaffst du nicht«, murmelte ich ihm durch zusammengebissene Zähne zu. »Dazu bist du nicht stark genug.« Ich dachte, wenn ich ihre Zeremonie durcheinander brachte, würde ich vielleicht ein bisschen länger am Leben bleiben. Musso wurde wütend. Seine Nasenflügel weiteten sich vor Anstrengung und er verlor die Geduld mit mir. Schweißperlen rannen ihm über das Gesicht, während ich die Sache allmählich genoss – dieser bescheuerte somalische Pirat schaffte es nicht, mich zu etwas zu zwingen. Wir starrten uns aus zwei Handbreit Entfernung an. »Das schaffst du nicht«, zischte ich ihm ins Gesicht.
    Schließlich ließ er meine Arme los und schlug mir ins Gesicht. Ich grinste.
    Nun begann sich auch der Anführer aufzuregen und schrie seine Leute mit einer Mischung aus Somali und Englisch an. »Zieht noch fester zu!« Musso betrachtete mich und lächelte. Er legte mir die Hände auf die Arme und ließ sie dort liegen, als wollte er sagen, Reg dich ab, Kumpel . Ich nickte, hielt aber meine Fäuste fest unter das Kinn geklemmt. Schließlich griff er nach der Fessel und riss heftig daran. Aber damit hatte ich gerechnet. Meine Hände wurden ein paar Zentimeter höher gezogen, aber das war’s auch schon.
    Doch jetzt legten sich die Somalis richtig ins Zeug. Sie stöhnten vor Anstrengung und kämpften mit ganzer Kraft gegen mich. Musso versuchte, meine Hände nach oben zu reißen, was ihm aber nicht gelang, weil ich sie weiter unter mein Kinn presste. Einer zog meine Füße rückwärts auf den orangenen Anzug, aber mit ein paar Kickbewegungen rückte ich die Füße wieder in die Ausgangsposition zurück. Der Dritte stand mit der Knarre hinter mir. Ich keuchte und schnappte nach der heißen, drückenden Luft, hielt aber all ihren Versuchen Stand. Aber natürlich fuhr mir kurz der Gedanke durch den Kopf: Wie lange kannst du das durchhalten? Nicht lange, das war mir vollkommen klar. Am besten, du verabschiedest dich jetzt .
    Urplötzlich explodierte etwas neben meinem linken Ohr. Ich sah buchstäblich Sterne. Mein Kopf wurde brutal nach vorn gestoßen und schlug hart gegen die gefesselten Hände. Mein ganzer Körper wurde schlaff. Ich spürte, dass Blut über mein Gesicht strömte und zwischen meinen Fingern durchquoll.
    Verdammte Scheiße, dachte ich, er hat es wirklich getan. Er hat mich erschossen.
    Nach ein paar Augenblicken hob ich den Kopf, schaute zu den senkrechten und waagrechten grünen Streben der Bootskabine hinauf, sah aber alles nur verschwommen, wie durch einen Schleier. Die Verstrebungen überkreuzten sich, und der Anblick dieses Kreuzes hatte mich schon ein paarmal beruhigt. Doch jetzt, als ich das Kreuz betrachtete, kam mir ein unter diesen Umständen ziemlich absurder Gedanke: Ich werde Frannie wiedersehen – Frannie, den Hund, den ich in Vermont aus dem städtischen Hundezwinger geholt hatte. Eine total verrückte Hündin, die keinen einzigen Befehl befolgen wollte. Nur einen Monat vor meiner Abreise war Frannie direkt vor unserem Farmhaus überfahren worden. Und jetzt würde ich sie wiedersehen.
    Dann hörte ich Musso schreien. »Tu das nicht! Nein, nein!« Ich blickte auf. Die weißen Knoten des Stoffstreifens, den er um die Fesseln gewickelt hatte, waren rot vom Blut aus meiner Kopfwunde. Musso drehte fast durch.
    Ich holte tief Luft. Ich hatte keine Ahnung, ob ich tatsächlich eine Kugel eingefangen hatte oder was sonst passiert war.
    Vielleicht hätte ich den Piraten erst mal wirklich klar machen sollen: So einfach könnt ihr mich nicht umbringen, dazu bin ich zu stur. Ihr müsst euch schon ein bisschen mehr anstrengen.

EINS
    - 10 Tage
    »Zahl der Piratenüberfälle im 1. Quartal 2009 um 20 Prozent gestiegen: Insgesamt wurden 36 Schiffe geentert und ein Schiff entführt. Sieben Besatzungsmitglieder wurden als Geiseln genommen, sechs entführt, drei getötet, ein Seemann wird vermisst, er wurde vermutlich ebenfalls ermordet. Bei den meisten Überfällen waren die Angreifer mit Schusswaffen und Messern bewaffnet. Das Ausmaß der Androhung und des Einsatzes von Gewalt gegen die Schiffsbesatzungen ist nicht akzeptabel. Die Gewässer um Somalia bleiben auch weiterhin berüchtigt für Schiffsentführungen und Geiselnahmen von Besatzungen zur Erpressung von Lösegeldern.«
    ICC, International Maritime Bureau Piracy Report,1. Quartal, 2009
    Z ehn Tage vor dem Angriff hatte ich gemeinsam mit meiner Frau Andrea meine letzte Mahlzeit in den Staaten genossen, in einer der schönsten
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