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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer
Autoren: Peter Conrad
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Engeln zu ihr hinüber brandete so gewaltig, dass sie Angst hatte, von ihrer Gewalt einfach fortgespült zu werden. Die Verzweiflung und Einsamkeit der Dämonen schien sie verschlingen zu wollen, drückte ihr schwer auf die Brust und nahm ihr gänzlich die Luft zum Atmen.
    „Nein “, jammerte sie. „Nein, nein.“
    Die ersten leuchtenden Engel lösten sich nun aus dem Meer dunkelroter Leiber, erhoben sich von ihren gefallenen Brüdern und ließen sie hinter sich. Eleanor hob den Kopf und sah Belial und Marahel auf das Licht zu schweben, das in den Wolken über Gabriels Position leuchtete. Weitere folgten, auch Samael war unter ihnen. Ein letztes Mal wandte er sein Gesicht in Eleanors Richtung und sah sie an. Er lächelte, er lächelt so voll Glückseligkeit, dass ein Schauer über Eleanors Rücken lief. Dann nickte er ihr noch einmal zu und in seinem Blick lang so viel Dankbarkeit für seine Erlösung, dass auch Eleanor unwillkürlich zurücklächelte.
    Endlich hatten sich sämtliche leuchtenden Engel aus der Masse der heulenden und schreienden Dämonen gelöst. Sie schwebten wie von selbst, o hne einen einzigen Flügelschlag, auf das Licht in den Wolken zu, während die anderen zurückblieben.
    Und p lötzlich erhob auch Raphael sich. Wie von Geisterhand gesteuert trat er starren Blicks auf den Rand der Plattform vor der Höhlenkirche hinaus.
    Ein eiskalter Schauer , blanke Angst erfasste Eleanor. Hier und heute würde sie Raphael verlieren, das wurde ihr mit einem Mal schlagartig bewusst. Sie schluchzte auf, hilflos streckte sie die Hand nach Raphael aus, doch sie erreicht ihn schon nicht mehr. Wie ferngesteuert ging er langsam auf die Klippe zu, gleich würde er in das Licht hinaufschweben und sich für immer von dieser Erde, der Hölle trennen – und von Eleanor. Erneut schossen ihr Tränen in die Augen und ihr Blick verschwamm. Dann wurde ihr schwarz vor Augen.
     
    …
     
    Als Eleanor erwachte, wusste sie sofort, dass sie nicht mehr bei der kleinen Kirche in den Bergen des Sinai war. Noch bevor sie die Augen zu öffnen vermochte, hörte sie Stimmen und Geräusche, die nicht zu den Ereignissen der letzten Tage passen konnten. Sie vernahm Schwester Emilys Stimme, die sich leise mit jemand anderem unterhielt. Endlich antwortete die zweite Person – es war Schwester Veronica.
    Eleanor versuchte die Worte zu erfassen, die an ihr Ohr drangen, doch es gelang ihr zunächst nicht. Noch war ihr Kopf zu wirr und ihre Gedanken zu ungeordnet, als dass sie sich auf die geflüsterte Unterhaltung der beiden hätte konzentrieren können. Sie fühlte sich wie in einem Traum, der nicht aus Bildern bestand, sondern allein aus Worten. Ein beängstigend und beunruhigendes Gefühl.
    Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis sie glaubte, die Augen wieder öffnen zu können. Vielleicht waren es auch nur wenige Augenblicke seit ihrem Erwachen gewesen, sie hätte es nicht sicher sagen können. Noch immer befand sie sich in der schmalen Welt zwischen Traum und Wirklichkeit, in der die Zeit andere Wege ging, als sie es in der Realität tat.
    Dann schlug sie die Augen auf. Sie befand sich in ihrem Zimmer in Stratton Hall. Sie lag in ihrem Bett, die Sonne schien durchs Fenster hinein und warf flimmernde Lichtmuster an die gegenüberliegende Wand. Draußen sangen vereinzelt Vögel. Das Fenster stand ein wenig offen und ein leiser Wind trug vereinzelte Stimmen aus dem Park zu ihr hinauf.
    „Oh, sie ist wach “, erklang Schwester Emilys Stimme neben ihr. „Wir fingen schon an uns zu fragen, ob du heute überhaupt noch aufwachen willst.“
    Mühsam wandte Eleanor ihren Kopf zu Schwester Emily und Schwester Veronica, die neben ihrem Bett saßen und sie freundlich ansahen. Schwester Veronica wirkte noch immer besorgt, doch zugleich erleichtert, dass Eleanor nun wieder unter den Lebenden weilte. Sie nahm ihre Hand und drückte sie sanft. Es war lange her, dass Eleanor eine solche Geste von einem Menschen akzeptiert hatte.
    „Was ist geschehen?“, krächzte sie.
    Die beiden Pflegeschwestern sahen sich kurz an. Schwester Emily nickte.
    „Du warst mehrere Tage lang verschwunden. Wir hatten gehofft, du könntest uns sagen, was geschehen ist.“
    Eleanor blickte irritiert zu Schwester Veronica . Dann begann sie am ganzen Leib zu zittern. Wie sollte sie den beiden erzählen, wo sie die vergangene Woche verbracht hatte? Sie würde für immer in der geschlossenen Psychiatrie landen, wenn sie von Engeln und Dämonen anfing. Niemand würde ihr
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