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Hoellenfeuer

Hoellenfeuer

Titel: Hoellenfeuer
Autoren: Peter Conrad
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glauben. „Lüge!“, meldete sich eine leise Stimme in ihrem Kopf. „Du musst lügen, sonst ist es um dich geschehen.“
    „Wir hatten solch eine Angst um dich “, fiel Schwester Veronica in ihre panischen Gedanken. „Die Polizei war schon auf der Suche nach dir und hat die umliegenden Wälder abgesucht. Wir wusste ja nicht einmal genau, seit wann du vermisst wurdest, weil die Aufregung nach dem Sturm…“
    Schwester Emily stieß ihr den Ellenbogen in die Rippen und unterbrach so ihren Redefluss. Kein Wunder, dachte Eleanor, einen Patienten so einfach zu vergessen war sicher keine Ruhmestat für eine psychiatrische Einrichtung wie Stratton Hall.
    „Nun bist du ja wieder hier “, schloss Schwester Emily eilig. „Wer hätte gedacht, dass wir dich hier im Keller finden würden? Zum Glück gelang es dem jungen Mann von Zimmer Sieben, sich bemerkbar zu machen. Sonst hätte die Sache übel enden können.“
    „Keller?“, fragte Eleanor verwirrt. „Was für ein Keller? Und was ist mit… Nummer Sieben?“
    „Du bist noch etwas durcheinander, Kleines. Nummer Sieben hat uns erzählt, dass du während des Unwetters vor Angst in den Keller gelaufen bist. Er sah dich zum Glück davonrennen und eilte dir nach. Dummerweise schlug hinter euch die Kellertür zu und so wart ihr erst einmal verschollen. Hätte Nummer Sieben nicht zufällig ein paar Schokoriegel und eine Dose Cola dabei gehabt, hätte das ganz anders ausgehen können. Wir haben euch natürlich zuerst hier im Haus gesucht, aber vermutlich waren die Geräusche der Handwerker einfach zu laut, als das wir euch hätten hören können. Erst gestern hat man euch entdeckt, als ein Handwerker wissen wollte, warum es im Treppenhaus immer kälter und kälter wurde…“
    „Es war das westliche Treppenhaus!“, entfuhr es Eleanor.
    Schwester Emily und Schwester Veronica sahen sich überrascht an. „Ja, das stimmt“, antwortete Schwester Veronica zögernd. „Es scheint, als käme dein Erinnerungsvermögen langsam wieder. Der Handwerker konnte zwar nicht herausfinden, warum es am Fuße der Treppen so eisigkalt ist, aber dafür hörte er euch beide hinter der Kellertür. Es war keine große Sache, euch da herauszuholen, aber du warst in einem äußerst schlechten Zustand. Dein Körper war völlig dehydriert und du warst verwirrt und orientierungslos. Es war gut, dass du Nummer Sieben bei dir hattest. Vermutlich wärst du sonst während der langen Zeit im Keller halb wahnsinnig geworden. Aber es ist trotzdem ein kleines Wunder, dass ihr heil da herausgekommen seid.“
    „Ist… ist er hier? Geht es ihm gut?“, fragte Eleanor erregt.
    „Ja, Kleines. Er ist hier und wohlauf“, lächelte Schwester Emily.
    „Ich muss zu ihm!“, sagte Eleanor hastig. Sie schlug energisch die Bettdecke zur Seite und sprang aus dem Bett.
    „Kindchen, du bist noch zu schwach!“, protestierte Schwester Emily. „Du musst erst wieder ein wenig zu Kräften kommen.“
    „Ich bin stark genug! Ich kann…“
    Dann sank Eleanor kraftlos in Schwester Veronicas Arme. Von einem Augenblick auf den anderen fühlte sie sich wie eine Marionette, der man die Fäden durchgeschnitten hatte. Ihr war schwindelig und sie fühlte sich, als sei sämtliche Energie aus ihr herausgesaugt worden.
    „Ich muss zu ihm!“, wiederholte sie schwach. „Ich muss…“
    Die beiden Pflegeschwestern sahen sich kurz an. Dann nickten sie beide gleichzeitig.
    „Ich helfe dir beim Anziehen “, sagte Schwester Veronica. „Aber wir machen es langsam und du wirst nicht durch die Flure rennen, sondern dich vorsichtig bewegen. Du bist schwächer, als du selbst glaubst und wir wollen nicht, dass du hinfällst und dich noch zusätzlich verletzt. Hast du mich verstanden?“
    Eleanor nickte. Dann lächelte sie Veronica dankbar an.
     
    Eine Viertelstunde später ging Eleanor langsam durch die Gänge von Stratton Hall. Schwester Veronicas Rat war gut gewesen – sie spürte noch immer, wie schwach sie auf den Beinen war und mehrmals musste sie stehenbleiben, um zu verschnaufen und Energie zu sammeln. Die beiden Pflegeschwestern hatten sie mit Müsliriegeln und einem Orangensaft ausgestattet, und so bewaffnet machte Eleanor sich auf die Suche nach Raphael.
    In seinem Zimmer jedoch traf sie ihn nicht an. Es stand leer, aber es konnte keinerlei Zweifel daran geben, dass es grundsätzlich bewohnt war. So musste Raphael sich auf dem Gelände aufhalten und Eleanor beschloss, in den Park zu gehen. Sie verließ das Hauptgebäude durch
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