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Hitzeflimmern

Hitzeflimmern

Titel: Hitzeflimmern
Autoren: Anthea Bischof
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Kiew
    Vom wolkenlosen Himmel strahlte weissleuchtend die Sonne, aus den plätschernden Brunnen vieltausendfach gespiegelt. Durchsetzt mit unzähligen Gärten lag der verschachtelte Hotelkomplex in der Ebene. In der Hitze des Nachmittags flirrten Steine und Staub, sandfarben von Bäumen und Sträuchern abgehoben. Der Bau verlor sich in unzählige Würfel und Blöcke und breitete sich orientierungslos in die Weite aus. Lärmende Lüftungsgeräte sassen unter den Fenstern und aus der Küche drang der Duft verbrannten Fetts.
    Künstliche Brunnen und Teiche gaben asiatisches Flair , wo satte Goldfische träge im Wasser trieben. Die dicken Körper leuchteten orange aus dem Dunkel hervor, metallen schimmernd, wo sie einen Sonnenstrahl erhaschten. In den überfärbten Wasserpflanzen blubberte es synthetisch und gelbe Steine hielten die Plastikplane an Ort. Pflegeleichte Begrünung spendete den lieblos ausstaffierten Blumenbeeten Schatten. Kein Mensch war zu sehen, nur der überdimensionierte Parkplatz verhiess, dass das Ressort bewohnt war.
     
    Das Symposium aber fand ausschliesslich im Innern statt. Künstliches Licht und hämmernde Beats erfüllten die grossen Hallen, wo unzählige Bühnen und Bars zum Verweilen einluden. Eine dichte Menge geladener Gäste wurde umbuhlt und schwärmte übersättigt durch das reiche Angebot. Als mögliche Kunden wurden sie verwöhnt und hofiert. Doch kaum ein Reiz, ein Anblick, eine Einladung liess sie verweilen. Wie auf einer gemächlichen Flucht liessen sie Angebot um Angebot hinter sich, um nur immer zum nächsten zu gelangen. Einige waren auf der Suche nach leiblichem Wohl und liessen sich mit Champagner oder billigerem Substitut versorgen. Andere bemassen die schönen Hostessen und richteten ihre Aufmerksamkeit auf deren ausgestellte Körper. Wieder andere machten sich auf die Suche nach kleinen Geschenken und Mitbringseln, die sie in grossen Plastiktaschen sammelten. Doch im Gegensatz zu den Hostessen und den Häppchen war das Angebot in diesem Bereich mager. Kein Giveaway war zu finden und kaum einer hatte die beworbenen Kanister, Fässer und Leichtmetallcontainer je in Händen gehabt.
    Engagierte Agenten hielten die wenigen Experten von den Kunden fern. Viel mehr richteten sie deren Aufmerksamkeit auf die Reize der Veranstaltung. Ernsthafte Interessenten lockten sie zu den faszinierenden Präsentationen im Untergeschoss. Da wurden den fast leeren Sitzen Einblicke in die Produktion und die besonderen Vorteile der Behälter gegeben. MetalO sparte weder an Informationen noch an Unterhaltung, das sollte jeder mögliche Kunde in Erinnerung behalten.
    Je länger der Tag fortschritt, umso mehr ähnelte die Veranstaltung einem Dancing. Immer mehr Hostessen und Tänzerinnen bevölkerten den Saal und nahmen Podeste und Bühnenabschnitte ein. Die meisten waren leichtbekleidet und bei einigen bedeckte fast nur ein metallischer Schimmer die Haut. Die dick aufgetragene Schminke liess sie zu einem statuenhaften Typus unterkühlten Reizes verschmelzen. Gesichter, Haarfarben und individuelle Formen verschwammen im schweifenden Licht der Scheinwerfer zu einer vervielfachten Figur.
     
    Er hatte sowohl die Präsentationen der Fässer und Container als auch das Unterhaltungsangebot zur Neige gesehen und es langweilte ihn über die Massen. Mit dem geübten Auge des abgeklärten Realisten erkannte er, dass die Show ein fauler Zauber war. Die Leichtmetallcontainer waren wahrscheinlich viel zu weich und zu schlecht gefertigt, um den Anforderungen der Industrie gewachsen zu sein. Sie würden sich beim ersten festen Robotergriff verbiegen und verziehen. Es war wie mit den Champagnersurrogaten und den übertünchten Hostessen: Mochten sie im künstlichen Streiflicht umwerfend sein und prickelnd die Zunge reizen, der neue Morgen würde die Wahrheit mit Kopfschmerzen und verlebten Reizen an den Tag bringen. Wäre er in besserer Stimmung gewesen, so hätte er sich mit seiner eigenen Schlauheit und Abgeklärtheit geschmeichelt. Er hätte sich darin gefallen, klüger und begriffseiliger zu sein als der dickliche verschwitzte Georg, der verträumt zur vergoldeten Schönheit aufblickte. Aber er war mies gelaunt und der Ärger brodelte in seinem Innern.
    Karl Graf wartete auf ihren Anruf, wartete auf sie und die Kinder und das einzige was er erhielt, war die Erklärung, dass sie den Flug verschoben habe. Er hatte sich darauf verlassen, dass sie bis jetzt zurück sein würde. Sie aber hatte auf seine Nachricht, der
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