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Hitzeflimmern

Hitzeflimmern

Titel: Hitzeflimmern
Autoren: Anthea Bischof
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er darin versinken.
    Während sie die Finger über den Nacken hinab auf seinen Rücken streifen liess, dachte sie an das, was sie wirklich wollte, das, was sie aus ihrem Innersten wünschte. Dachte sie aber an alles, was sie an diesem Tage erlebt hatte, so musste sie sich eingestehen, sie hatte ihre Selbstachtung herabgeschraubt. Aber wie er gesagt hatte, es gab für alles einen Preis.
     
    Er löste sich von ihr und liess sich schwer atmend auf die Kissen fallen. Die Anspannung, die Wut, sie hatten nachgelassen. Sie machten etwas Platz, das ihm auf keinen Fall in die Quere kommen sollte.
    „Willst du etwas trinken?“
    „Eigentlich habe ich eher Hunger...“ sagte sie zögerlich. Als sie ihm den Blick zuwandte, lächelte sie. „Jetzt bist du auch vergoldet.“
    „Hm“, erwiderte er mit einem Blick an sich herab. Er zog seine Wäsche an und griff nach dem Angebot des Zimmerservice‘.
    „Du vertreibst dir die Zeit nicht mit Lachen, was?“ fragte sie. Als sie aber seinen Blick gewahrte, liess sie es mit der Konversation.
    „Ich geh mich mal frisch machen“, sagte sie leise un d verschwand mit ihrer Tasche ins Bad.
    Als sie wieder ins Zimmer trat, hatte sie die dicke Schminkschicht abgewaschen und war angekleidet. Sie blickte sehnsüchtig auf das mächtige Clubsandwich und trat an den Tisch.
    „Kann ich ein bisschen davon haben?“ fragte sie.
    Er nickte und sah auf. Sie hatte sehr helle Haut und die jugendlich runden Wangen waren vom Abschminken rosig.
    „Wie alt bist du eigentlich?“ fragte er da alarmiert.
    „Zweiundzwanzig“, sagte sie und wandte sich dem Essen zu.
    „Zeig mir einen Ausweis“, beharrte er.
    „Ist nicht dein Ernst? Bekomm ich sonst nichts zu essen?“
    „Doch, aber wie du aussiehst, könntest du auch sechzehn sein.“
    Sie seufzte, stand auf und nestelte in ihrer Tasche, bis sie ihm einen verjährten Studentenausweis reichte.
    „Fayna. 1988“, las er. Er war noch immer ein wenig geschockt, reichte ihr aber den Ausweis und setzte sich an den lackierten Tisch, um zwei Gläser Wein einzuschenken.
    „Wie heisst du denn?“ fragte Fayna zwischen zwei Bissen.
    „Karl“, sagte er, trank einen grossen Schluck Wein und ging, um sich zu duschen.
     
    Als sich die Flasche leerte, schien ihr, er taue ein wenig auf. Er war noch nicht eben gesprächig, aber nicht mehr so reserviert. Sie sah ihn sehr genau an. Sie war Leute ihres Alters gewohnt und Herren in seinem Alter kannte sie kaum. Sie wusste, dass die sich jeweils mehr für sie interessierten, als zum Beispiel ihrem Bruder recht war. Wenn sie aber nun an ihren Bruder dachte und daran, wie sie ihrer Familie würde erklären müssen, dass sie auf mysteriöse Weise zu einem überragend hohen Geldbetrag gekommen war, so wurde ihr mulmig. Mit einem Mal war ihr Hunger verflogen und sie nippte nur noch an ihrem Wein. Es war so einfach gewesen, aber welch ein Schritt in ihrem Leben. Würde sie ab jetzt eine Hure sein? Würde sie allmählich, Stück für Stück, ihren Bezug zur Gesellschaft verlieren und mit einem unauslöschlichen Makel behaftet, leben müssen? War dies ein Schritt auf einem Weg, der keinen Rückweg bot? Ihre Mutter hatte einmal gesagt, dieses Milieu sehe man einem auf immer an.
    Niemand würde einer Gewerblichen eine anständige Stelle anbieten. Niemand würde eine Gewerbliche jemals heiraten. Zusammen sein vielleicht, aber nicht für echt.
    ‚Das hättest du dir denken können, als du den Job als Tänzerin bei dieser grässlichen Veranstaltung angenommen hast’, sagte sie sich. ‚Was hast du gedacht, was dich erwartet, wenn es keine Kostüme gibt, nur ein brasilianisches Höschen und Schminke? Hast du wirklich geglaubt, das sei ein Beitrag zu progressiver Kunst?’
    Doch es blieb Fayna wenig Zeit, sich um ihre Zukunft zu sorgen. Indem Karls Stimmung sich gebessert hatte, zog er sie zum Bett und ihre Bedenken wichen in den Hintergrund.
    ‚Vielleicht habe ich es nur getan, weil ich ihn gar nicht so übel fand. Vielleicht hätte er mir einfach so gefallen, ohne diese Vereinbarung. Dann wäre es eine ganz normale Sache’, sagte sie sich und schloss leise seufzend die Augen, als er ihre Brust küsste und mit beiden Händen ihren Po packte.
    Es war nicht so übel, sagte sie sich. Oder sie war zu genügsam.
    20‘ 000 Hrywnja.
    War das genügsam? Sie würde sich ein andermal den Kopf darüber zerbrechen. Für jetzt war es nicht so übel mit diesem Karl im Bett zu sein.
     
    Er liess eine weitere Flasche kommen und als sie
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