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Hitzeflimmern

Hitzeflimmern

Titel: Hitzeflimmern
Autoren: Anthea Bischof
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romantisch wie ein Metzgereimesser“, sagte er.
    „ Was hab ich von der Romantik? Wenn’s mich satt macht denk ich darüber nach“, gab sie zurück. Dann küsst sie seine Wange und zog ihn zurück zum Wagen.
     
    Faynas Bruder, ein kräftiger junger Mann mit schweren Lidern, hatte Karls Computer und ein paar wichtige Unterlagen aus dessen Haus geborgen. Dazu hatte er die Schlüssel der Haushälterin abholen müssen und ihre Arbeit gekündigt.
     
     
     
    Mit Roland besprach Karl seine Zukunft in der Ukraine. Auch der Anwalt meinte, es sei schlauer, aus dem Bannkreis der Mafia zu verschwinden, als sich gegen sie zu behaupten. Hätten diese Leute ihn einmal abgeschrieben, so würde er beim nächsten Mal nicht mehr so leicht davon kommen. Karl sah das nicht anders. So übertrug er seinem Freund, CAi AG zu informieren und seine Entscheidung mitzuteilen. Anna schickte ihm seine persönlichen Unterlagen und Roland übernahm es, für einen substantiellen Schadensersatz zu sorgen. Schliesslich ging es nicht an, einen auswärtigen Spezialisten irgendwelchen internen Querelen des Konkurrenzkampfes auszusetzen.
    Kar l sah sich nach verschiedenen Angeboten um. Am verlockendsten war die Arbeit in den vereinigten Emiraten. Das aber brachte Karl noch viel weiter von seiner Familie fort. Fürs erste schob er die Entscheidung hinaus und besuchte stattdessen seine Familie in Zug.
    Er hatte Fayna gebeten, sein Haus und seine Habe in Kiew zu veräussern, sobald sie die Zeit für richtig erachtete. Dafür standen ihre zehn Prozent des Erlöses zu. Er vermisste sie, vermisste sie noch immer, so wie er sie eigentlich immer vermisst hatte, auch wenn er geglaubt hatte, sie für sich zu haben. Fayna. Ihr Zauber, ihr Glanz, sie entzogen sich immer wieder. Es war ihr nicht danach zu bleiben.
     
    Karl dachte viel nach, als er seinen Ausblick erwog. Es schien ihm, er wäre noch nie so frei gewesen. Er hatte angenommen, Fayna sei frei, doch sie war durchaus nicht dieser Ansicht. Sie hing an ihrem Studium und an ihrer Vorstellung von ehrbarer Beschäftigung. Karl aber genoss die Freiheit eines geschenkten Lebens. Er verdankte Mykola Smolen, der an seiner Stelle im Lagerhaus umgekommen war, sein eigenes Leben. Das war ein ebenso unfassbares Glück wie es bittere Realität war. Und dachte Karl zurück, so schien es ihm, er habe nicht nur dieses Leben geschenkt bekommen. Er hatte auch die Erinnerung an ein anderes Leben erhalten. Er hatte etwas gesehen, was ihn dem schlichten Dasein enthob, das er gekannt hatte. Er hatte über sich hinaus geblickt. Er hatte gesehen, dass sein Dasein viel weiter war, als sein gewohnter Horizont es zu fassen vermochten.
    Karl pflegte die von heissem Leben erfüllte Erinnerung aus seinem dämmrigen Bewusstsein wie einen Schatz. Es vermittelte ihm dieser Blick in die junge Viola und ihre verstrickten Gefühle und Wünsche eine ungekannte Tiefe. Nie hätte er sich zu einer solche Anteilnahme fähig gehalten. Es war, als hätte ihn der Weg über den Abgrund seines Seins zu ungekannter Fülle gebracht. Karl trug ein Vertrauen in sich, das er bisher nicht gekannt hatte. Seine Vorstellung von Recht und Wahrheit war aufgeweicht und an ihre statt war eine Fähigkeit des tieferen Erfassens getreten. Rache für erlittenes Unrecht und Widergutmachung verschwammen in seinen Augen. Er hatte erkannt, dass Recht und Unrecht, Verletzung und Schmerz unendlich relativ waren. Sie beeinflussten, sie prägten. Aber sie machten ihn gewiss zu keinem anderen Menschen. Denn es lag etwas Unüberwindliches in diesem Menschsein. Es war nicht begrenzt in statistische Jahreszahlen und biologische Gesetze. Es dauerte einfach fort und das gab Karl unerschütterliche Sicherheit.
     
    Karl blickte auf die Dünen. Die Wüste war hier von weisslichem Sand und die Welt teilte sich in das überbordende Blau des Himmels und die leere Erde. Doch dazwischen flimmerte die Hitze. Sie liess die Schärfe des Horizontes verschwimmen, als ergiesse sich Wasser zwischen die Welten. Wie das Versprechen auf einen Weg aus der geteilten Welt.
    Er wandte sich um. Die Palmen schwankten sacht im Wind und der weissliche Bau bildete eine verlockende Oase inmitten staubiger Hitze. Es war ein friedfertiger Ort.
    Karl kehrte durch den üppigen Park zurück in die Halle. Der Portier nickte zurückhaltend und ein Diener liess den Aufzug kommen. Karl schlenderte zu ihrer Suite. Er ging durch die Zimmer, doch alles war leer.
    Fayna stand auf dem Balkon, umspielt von der leichten
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