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Hitzeflimmern

Hitzeflimmern

Titel: Hitzeflimmern
Autoren: Anthea Bischof
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mit vorsichtigen Bewegungen den Ablauf überprüfte. Noch lief die Maschine trocken, um die Schnittstellen auszufeilen. Karl war zufrieden über die Fortschritte während seiner Abwesenheit, denn sie würden bald in die Testphase eintreten können.
    „Wie geht es Yuri?“ fragte er.
    „Er erholt sich langsam, aber die Sache mit dem Rücken braucht ihre Zeit“, erklärte der Projektleiter.
    „Armer Sack“, sagte Karl mitfühlend. „Wenn ich denke, dass er die Sicherheitsvorkehrungen hat noch geringer halten wollen.“
    „So etwas kann immer passieren“, sagte der Techniker.
    „Es sollte nicht passieren“, widersprach Karl. „Sind wir froh, dass es nicht schlimmer war.“
    „Was machen eigentlich immer noch diese Behälter von MetalO hier?“, fragte der Projektleiter arglos.
    „Die sind immer noch da?“ rief Karl. „Das Zeug darf auf keinen Fall verwendet werden.“
    Auf dem Weg zurück ins Büro beschloss er, Gadacz endlich zu fragen, was es mit diesen Lieferanten auf sich hatte.
     
    Anton hatte getan wie ihm geheissen. Er hatte sich daran gewöhnt und ordnete sich immer dem unter, der ihn am unausweichlichsten schikanierte. Deshalb war er an jenem fatalen Nachmittag verspätet in die Halle mit dem Prototypen gekommen. Deshalb hatte er Karl unter das obere Gerüst gelockt. Deshalb hatte er ihn abgelenkt, so dass ihm nicht auffiel, dass der Arbeiter dort oben nichts zu suchen gehabt hätte.
    Anton hatte erledigt, was im aufgetragen worden war.
    Doch er wusste sehr wohl, dass er eigentlich versagt hatte. Dass er den Anforderungen des Bären nicht genügt hatte. Karl war am falschen Ort gestanden. Karl war weit leichter verletzt als Yuri, der sich von einer Verletzung der Wirbelsäule erholte.
    Anton genehmigte sich einen tiefen Schluck Mut, wenn er daran dachte. Es war nicht auszudenken, was an jenem Nachmittag geschehen war. Es belastete ihn schwer und er trank seither viel und ausgiebig. Doch er konnte damit umgehen. Man merkte es ihm nicht an. Darauf konnte sich Anton verlassen. Man merkte ihm selten an, was in ihm vor sich ging. Er litt heimlich, doch von aussen war er ein unerschütterlicher Mann.
    Richtig.
    Anton hob sein Glas, in dem sein Mut in der bernsteinfarbenen Flüssigkeit schwamm und merkte nicht, dass ihm eine dicke Träne aus dem Augenwinkel trat.
    Anton teilte dem Bären mit, dass Karl wider Erwarten früh aus seinem Kuraufenthalt zurückgekehrt war. Der Bär erhob sich bedächtig von seinem Sitz, trat zu Anton und rammte ihn mit einem sparsamen Schlag die Faust in den Magen, so dass er mit einem leisen Seufzer zu Boden sackte.
    Dann strich sich der Bär über die Knöchel seiner Hand und schmiedete neue Pläne.
    „Hau ab, dich kann man nicht brauchen“, sagte er zu Anton, der am Rand seines Bewusstseins nichts davon hörte. Doch der Bär hatte immer Leute, die sich um die Niedergegangenen kümmerten.
    Nun machte er sich daran, das Problem Karl Graf auf andere Weise zu lösen.
     
    Sie hatten Zoya ohne grosse Schwierigkeiten ausfindig gemacht. Schon vor dem Unfall im Lagerhaus von CAi AG hatte man Karls Haus beobachtet und die junge Frau bemerkt. Als sie aber wiederholt zum leeren Haus zurückkehrte, hatte Yakiv, der massige Wächter des Bären, sie angesprochen. Er fand rasch heraus, dass Zoya an kleinen Geschenken grosse Freude und Dankbarkeit entwickeln konnte.
    Sie waren ein paarmal in die angesagten Clubs gegangen und Zoya zeigte sich zugänglich. Sie fragte: „Wollen wir mal zusammen einkaufen gehen?“
    Yakiv legte ihr die Hand an den Hals und erwiderte: „Willst du mir mal ein bisschen von deinem Freund erzählen? Graf heisst er, Karl Graf.“
    „Wieso? geht dich nichts an“, rief Zoya.
    Da legte er die Hand enger um ihren Hals und drückte mit dem Daumen auf ihre Kehle. Zoya versuchte sich zu befreien, aber Yakiv drückte sie mit dem Körper gegen die Wand und widerholte seine Frage.
    „Lass mich los, was willst du wissen?“ stiess sie atemlos hervor.
    Zoya stellte sich nicht viele Fragen. Aber sie beantwortete Yakiv was er wissen wollte. Eigentlich war es eine ganze Menge. Sie erzählte und erzählte in der Hoffnung, dass sie dann endlich ins Mandarin gehen würden.
    Doch sie gingen nie zusammen. Als Yakiv erfahren hatte, was er wissen wollte, liess er Zoya stehen und sie sah ihn nie wieder.
     
    Karl sprach Gadacz nach dem Mittagessen auf MetalO an. Doch Gadacz, das wurde bald offenbar, hatte keine Vorstellung davon, wer das war und was sie mit CAi AG zu tun hatten.
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