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Hitzeflimmern

Hitzeflimmern

Titel: Hitzeflimmern
Autoren: Anthea Bischof
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zwölf Jahren. Das war doch keine nebensächliche Geschichte, die man am Telefon beendete. Das war doch keine einfache Sache. Das war es allemal nicht, denn eine Trennung, so wie die Dinge standen, war eine haarsträubende Angelegenheit. Wenn er an andere Scheidungen dachte, die er als Aussenstehender miterlebt hatte und die Bekannte von ihnen durchgemacht hatten, so war das der schlimmste Ausblick. Unterhalt, Sorgerecht und all die Details, über die sie beide sich schon gestritten hatten, als sie offiziell im besten Einvernehmen standen.
    Aber jetzt.
    Am Telefon hatte er erfahren, dass er nun frei war. Ein freier Mann. Am Telefon.
    Chris telle hatte so ihre Eigenarten.
    Die Wut knäulte sich in ihm zusammen und verdichtete sich unter seiner Anspannung zu purem Hass. Er staunte, wie leicht es ihm fiel, die Frau, mit der er hatte den Rest seines Lebens verbringen wollen, zu hassen. War die Solidarität nicht stärker? War das Sublimat der Jahre, die sie verbanden, nicht stärker?
    Aber da war eine unüberwindliche Menge von Hass in ihm. Mehr konnte er nicht fassen.
     
    Die Tür wurde aufgerissen und eine vergoldete Tänzerin stürzte heraus. Ihre Bleistiftabsätze wackelten bedenklich auf dem Gitter der Feuerleiter, aber sie sackte nicht ein. Sie trug nur ein winziges ebenfalls goldenes Höschen und im gnadenlosen Licht des späten Nachmittags erkannte er, dass die wallende Mähne eine billige Plastikperücke war.
    Ohne nachzudenken griff er nach ihrem Arm.
    Die goldene Tänzerin fuhr herum und wo ihr Fleisch sich in seine Finger gepresst hatte, war er nun ebenfalls golden.
    Er blickte in ein faszinierendes Paar ebenfalls fast goldener Augen. Sehr erstaunte Augen. Und erschrocken.
    Etwas an diesem Anblick war wie ein Hinziehen, wie die unendliche Sehnsucht. Es war nicht die Schönheit und nicht die Jugend. Es war noch etwas mehr, doch dafür hatte er keinen Namen.
    Seine Erwartung, ein verlebtes Gogogirl anzutreffen, hatte sich nicht erfüllt.
    Karls Ukrainisch war zu schlecht, als dass er ohne Not darauf zurückgriff. Deshalb sagte er in Englisch:
    „Kommst du mit zu mir? Auf mein Zimmer?“
    „Ist nicht mein Gewerbe“, sagte sie langsam.
    „Es gibt für alles einen Preis“, erwiderte er. „20‘ 000 Hrywnja?“
    „Ich bestehe auf Verhütung und du darfst mich nicht fesseln und mir nicht wehtun und keine Kameras“, sagte sie dann wie aus der Pistole geschossen. Wahrscheinlich war es ein gezielter Schachzug, zu behaupten, es sei nicht ihr Gewerbe. Aber was sollte es schon. Eine goldene Tänzerin hatte eben ihren Preis.
    „Ok“, sagte Karl.
    „Ich muss noch meine Sachen holen“, sagte sie. Ihr Akzent war nur leicht zu hören.
    Er nannte seine Zimmernummer und sie verschwand wieder durch die Tür des Notausgangs und als er ihr folgte war sie im Getümmel verschwunden.
     
    Es waren keine zwanzig Minuten vergangen, als sie an die Türe seines Hotelzimmers klopfte. Sie trug eine riesige schwarze Tasche über der Schulter, ein scharfer Kontrast zum Gold ihrer Haut und dem fast transparenten Hemdchen, das sie übergezogen hatte. Die Perücke hatte sie abgelegt und trug ihr eigenes Haar offen über die Schultern.
    Sie sah sich diskret im Zimmer um und fragte zaghaft: „Kann ich das Geld haben? Oder einen Teil davon?“
    Karl nickte und legte einen Stapel Scheine auf den Tisch neben der Minibar.
    Sie liess ihre grosse Tasche auf die Couch gleiten und wirkte sichtlich entspannter, liess das Geld aber liegen.
    „Hübsch hier“, sagte sie schliesslich und ging zum Tisch , auf dem die Hochglanzbroschüren von MetalO, dem Veranstalter des Symposions, zusammen mit seiner Einladung lagen.
    „Du sprichst Deutsch?“ fragte sie unvermittelt in derselben Sprache.
    „Ja.“
    Karl hatte seine Krawatte ausgezogen und den Kragen gelockert. Als er sich mit der Hand über den Hals fuhr, zuckte sie die Schultern, trat zum Bett und zog mit einer sparsam kalkulierten Bewegung Überwurf und Decke herunter.
    Als sie einen undefinierbaren Laut aus seiner Kehle vernahm, wandte sie sich um und zog ihre Tunika aus. Achtlos liess sie sie zu Boden fallen, während sie ihr Haar lockerte. Als er zu ihr kam, war sein Bewusstsein wie vernebelt, er blickte nur auf das Gold und drängte sich in die Wärme ihres Körpers. Ihre Glieder waren beweglich und schmiegsam und ihre geschminkte Haut schmeckte ein klein wenig nach Salz.
    Schnell und drängend waren seine Bewegungen und er bog den Kopf auf ihre Brust, presste sich an sie, als wollte
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