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Der Mammutfriedhof

Der Mammutfriedhof

Titel: Der Mammutfriedhof
Autoren: Hans W. Wiener
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Hans W. Wiener
    DER MAMMUTFRIEDHOF
    Das Meer der Spinnen lag ruhig. Nur langsam und zögernd dämmerte der neue Tag. Ganz allmählich erhellte sich der östliche Horizont. Die Nachtvögel beendeten ihre Kreise. Mit schweren Flügelschlägen wandten sie sich der Küste zu und suchten ihre Verstecke. Noch hing dichter Herbstnebel über dem Wasser. Er verbarg das dandamarische Ufer und hüllte auch die Flotte der flachen Boote ein, die sich in schneller Fahrt der Küste näherten.
    Die Flotte bestand aus dreizehn schnellen Booten. Bei allen war der Bug hochgezogen und mit einem hölzernen Drachenkopf verziert. Die Augen der Ungeheuer leuchteten im Dämmerlicht auf und waren starr nach vorn auf die Küste gerichtet.
    Vierundzwanzig Ruderer trieben die Boote an, zwölf auf jeder Seite. Im Heck stand ein Steuermann und umklammerte das hölzerne Seitenruder. Bärtige Gestalten hockten auf den Ruderbänken. Ihre Gesichter waren von Narben entstellt. Ihre Augen funkelten kriegerisch. Rotblondes Haar umwehte in Strähnen ihre Stirn. Obwohl der Morgen noch kühl war, lief ihnen der Schweiß in Strömen über das Gesicht.
    Die meisten trugen Helme aus grobem, ungegerbtem Leder. An den Seiten waren sie mit Stierhörnern versehen. Um ihre Hüften schlangen sich breite Ledergürtel und hielten die dicken Pelze zusammen, die sich die Männer um die Oberkörper geschlungen hatten. In kleinen Schlingen der Gürtel steckten die Waffen, Schwerter, Dolche und Streitäxte.
    Mit rhythmischen Rufen trieb der Steuermann die Ruderer an. Diese dumpfen Rufe, das leise Knirschen der Riemen in den Dollen, das schwere Atmen der Ruderer und das leise Plätschern der Bugwelle waren die einzigen Geräusche dieses frühen Morgens.
    Am Bug des ersten Bootes stand ein Hüne von einem Mann. Ein schwarzer Bart umrahmte sein Gesicht. Er stand breitbeinig und fest. Die linke Hand stemmte er, zur Faust geballt, in die Hüfte, die rechte lag auf dem Griff seines Schwertes.
    Seine Lippen waren fest zusammengepresst und wirkten fast blutleer. Um seinen Mund lag ein harter Zug. Seine Augen lagen tief in den Höhlen. Mit scharfem Blick versuchte er den Nebel zu durchdringen.
    »Lange wird es nicht mehr dauern, Keltur!« rief ihm der Steuermann vom hinteren Teil des Bootes zu. »Der Nebel verschwindet, sobald die Sonne aufgeht. Dann liegt Urguth schlafend vor uns. bereit, von uns genommen zu werden!«
    Der Angesprochene wandte leicht den Kopf. »Ich will die Stadt noch vor Sonnenaufgang erreichen«, erwiderte er. Seine Stimme klang hart und rau. »Mein Arm sehnt sich nach neuer Betätigung, mein Schwert will neuen Kampf!«
    »Nicht nur das deine«, ergänzte einer der Ruderer.
    Zustimmendes Gelächter folgte den Worten. Die anderen Ruderer nickten. »Wir alle wollen kämpfen«, sagten sie.
    »Ihr werdet den Kampf bekommen«, versprach Keltur. Sein Blick war wieder nach vorn gerichtet. Dorthin, wo Urguth im Nebel liegen musste .
    »Dann legt euch in die Riemen«, forderte der Steuermann. »Umso eher wird der sasgische Sturm über die Pfahlstadt hinwegbrausen!«
    *
    Im ersten Licht des dämmernden Morgens leuchteten die Wände der flachen Fischerhütten violett. Nebelfetzen wehten vom Meer heran und verschleierten die bleichen, aus Knochen errichteten Bauwerke. Schmale Stege auf Pfählen, gedeckt mit den Schädelplatten gewaltiger Mammuts, verbanden die einzelnen Hütten.
    Ein leichter Wind bewegte die Fischernetze, die zwischen den Hütten zum Trocknen aufgespannt waren. Neben den Türen der Hütten hingen in knöchernen Gestellen Harpunen und Angeln. Boote, aus den Beinknochen riesiger Mammuts gefertigt, waren an die Stege angebunden. Die Boote waren nur so groß, dass sie eine Person tragen konnten.
    Die Dächer der Gebäude glänzten dunkel. Die Hütten raren mit Seetang gedeckt und mit Schilffasern verstärkt. Aus den niedrigen Kaminen kräuselten sich weiße Rauchwölkchen. Der Wind erfasste den Rauch, vermischte ihn mit dem Nebel und trug ihn dem Land zu.
    Unter der Stadt bewegte sich das Meer der Spinnen in einer leichten Dünung. Flache Wellen umspülten die Pfähle aus ausgebleichten Mammutknochen, auf denen die gesamte Stadt errichtet war.
    Noch lag Urguth still und friedlich. Keiner der Fischer befand sich außerhalb seiner Hütte. Die Einwohner schliefen noch, während der neue Morgen dämmerte.
    Niemand bemerkte die dreizehn Boote, die wie dunkle Schatten weit draußen auf dem Meer der Spinnen aus dem Nebel auftauchten und sich der Pfahlstadt
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