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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo
Autoren: bach
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Päckchen?«, fragte Christian und legte vier braune Tütchen vor sie hin, alle mit einem hübschen Aufdruck.
    » Nee, solche nicht. Habt ihr noch andere?«
    » Vielleicht im Lager…«
    Er warf einen raschen Blick zu seinem Vater hinüber, der gerade Mutter und Tochter Harmsen mit drei angedeuteten Verneigungen verabschiedete und gleichzeitig an der Ladenkasse drehte. Die beiden Mädchen bestaunten die Schnurrbartwichse und die bunten Tiegelchen mit Gesichtscreme, die in einer kleinen Vitrine auf dem Ladentisch ausgestellt waren.
    » Magst du mitkommen?«, fragte Christian leise. » Das Lager ist gleich nebenan. Da haben wir auch Kokosnüsse und ein Stück von einem Elefantenzahn.«
    Wenn er dachte, sie damit zu beeindrucken, hatte er sich getäuscht, denn solche Sachen hatte ihr Papa von seinen Fahrten mitgebracht, auch große Muscheln und schöne Schnitzereien aus schwarzem Holz.
    » Wenn es schneller geht, komme ich halt mit.«
    Sie musste hinter den Ladentisch gehen, und er hielt ihr die Tür dahinter auf und schloss sie rasch wieder, nachdem sie beide hindurchgegangen waren. Der Flur war kalt und düster mit grob gekalkten, ziemlich verschrammten Wänden. Wie seltsam, dass es hinter diesem feinen Laden so schmutzig und hässlich war.
    Christian schob den Riegel einer schartigen Holztür zurück, und sie blickte in einen schmalen Raum voller Bretterregale. Säcke aus Jute mit schwarzer Aufschrift standen am Boden, einige waren offen, andere noch zugenäht. Viel stärker noch als im Laden vermischten sich hier die verschiedensten Gerüche zu einem aufregenden, betäubenden Duft. Da waren die fremde Süße von Zimt, der matte, schwere Geruch von Tee, auch Veilchen- und Rosenseife roch man heraus, das Aroma von Kaffee und Sandelholz…
    » Da ist Reis drin«, erklärte er und zeigte auf einen der Säcke. » Der kommt aus Westindien.«
    Sie starrte den Jutesack an, versuchte, die Aufschrift zu lesen, doch es gelang ihr nicht. Die Buchstaben verschwammen vor ihren Augen. Indien. Der Sack kam daher, wo jetzt ihre Eltern und ihr Bruder waren.
    Christian machte keine Anstalten, nach dem Tabak zu suchen. Stattdessen setzte er sich auf den Reissack und räusperte sich. Seine Stimme kippte wieder, als er weiterredete.
    » Ich hab dich am Mittwoch gesehen. Du bist aus der Schule gekommen und an der lutherischen Kirche vorbeigelaufen.«
    » Wo ist jetzt der Tabak?«
    Er schaute suchend über die Regale und dann wieder zu ihr hin, lächelnd, mit geröteten Wangen. Charlotte wurde unbehaglich zumute. Christian wischte sich ungeschickt das glatte braune Haar aus der Stirn, das nun wie ein Kamm von seinem Kopf abstand. »Ist… ist deine Mutter wirklich eine Indianerin?«
    Er sah so komisch aus mit dem aufgestellten Haarkamm, dass sie die unfreundliche Antwort, die sie auf der Zunge hatte, wieder hinunterschluckte.
    » Meine Mama kommt aus Indien«, stellte sie klar. » Ihr Papa ist ein Engländer, der eine Frau aus Indien geheiratet hat.«
    » Ach so…«
    » Ich will jetzt den Tabak, sonst gehe ich wieder!«
    » Gleich… warte…«
    Er sprang auf und durchwühlte ein Regal, dann riss er einen Papiersack auf. Mehrere Päckchen Tabak fielen zu Boden. Als er sie hastig aufsammelte, stützte er ein Knie auf, und das dunkle Hosenbein bekam einen hellen Staubfleck. Er bemerkte es nicht, denn er schaute jetzt wieder hoch zu Charlotte und sagte hastig, als müsse er es unbedingt loswerden, bevor es zu spät war: » Du bist sehr hübsch, Charlotte. Viel hübscher als alle anderen Mädchen hier in Leer. Ich hab dich vorhin gesehen, als du vor der Ladenscheibe gestanden hast. Der Löwe gefällt dir, nicht wahr? Wenn er eines Tages mir gehört, dann schenke ich ihn dir…«
    Ungläubig starrte sie ihn an. Was schwatzte der da für ein Zeug? Überhaupt fand sie ihn albern mit seinem Hahnenkamm, dem roten Gesicht und dem dünnen Hals.
    » Zeig mal die Päckchen«, befahl sie unfreundlich. » Nee, die sind auch die falschen. Ich geh jetzt.«
    Er war kein bisschen verwundert, wahrscheinlich hatte er schon gewusst, dass es nicht der richtige Tabak war, trotzdem sah er ziemlich unglücklich aus.
    » Ich schenk dir eins davon.«
    » Du spinnst wohl!«
    Sie war schon im Flur. Was bildete der sich eigentlich ein? Dass sie Geschenke von ihm annahm? War sie vielleicht eine Armenhäuslerin?
    » Das ist ein Werbegeschenk«, beharrte er und lief hinter ihr her. » Das erste Päckchen gibt’s umsonst. Wenn deinem Großvater der Tabak schmeckt, kann er
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