Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo
Autoren: bach
Vom Netzwerk:
Assessor Bientje aus Aurich heiraten würde. Sie prüften die Gewürze, die Kaufmann Ohlsen ihnen in kleinen Blechdöschen hinschob, berieten sich und konnten sich offensichtlich über die zu kaufende Menge nicht einig werden. Staunend sah Charlotte, dass Kaufmann Ohlsen trotz seiner vorgerückten Jahre glänzendes, dunkelbraunes Haar und einen ebensolchen Backenbart besaß, nur wenn er dienstfertig den Kopf neigte, konnte man die rosige Glatze zwischen den langen Haarsträhnen hindurchleuchten sehen. Neben den beiden Frauen wartete ein älterer Herr im dunklen Gehrock, der sich fest auf seinen Stock stützte und feindselig auf die schwatzenden Frauen starrte.
    » Christian!«, rief Kaufmann Ohlsen über die Schulter. » Die Herrschaften möchten bedient werden!«
    Tatsächlich traten jetzt hinter ihnen schon wieder neue Kunden ein, zwei junge Mädchen und eine füllige Frau im blauen Kleid, die sich gleich zu Frau Harmsen und ihrer Tochter gesellten, um ihr zur Verlobung zu gratulieren.
    » Christian!«, rief Kaufmann Ohlsen wieder, dieses Mal energischer. Er lächelte den Damen gewinnend zu und erkundigte sich rasch bei dem älteren Herrn, womit er ihm dienen könne.
    » Meinen Tabak!«
    » Sofort, lieber Herr Jansson. Das ist ein rechtes Maiwetter heute, das leuchtet ja geradezu, nicht wahr?«
    » Wenn’s nur morgen und übermorgen hält…«
    Kaufmann Ohlsen nahm, ohne hinzusehen, ein Tabakpäckchen aus dem Regal, offensichtlich wusste er genau, welche Ware wo lag. Gleichzeitig mit dem Klingeln der silbernen Registrierkasse tat sich hinter Ohlsen eine Tür auf. Ein Junge erschien, bekleidet mit einer geknöpften Jacke und einer langen dunklen Hose. Sein Hals war ziemlich dünn, und die Arme ragten ein wenig über die Jackenärmel hinaus.
    » Frag, ob ich den Löwen streicheln darf«, flüsterte Paul, der sich eingeschüchtert hinter Charlotte hielt.
    » Frag selber.«
    Der Junge sah Charlotte an, er hatte grünliche Augen mit dunklen Wimpern, die ihm einen eindringlichen Blick verliehen.
    » Was kann ich für euch tun?«, fragte er und wurde rot, weil sich seine Stimme überschlagen hatte.
    » Ich würde gern den Löwen streicheln«, verkündete Paul.
    Der Junge grinste und sah jetzt etwas netter aus, fand Charlotte. Vermutlich hörte er diese Bitte nicht zum ersten Mal.
    » Darf er das, Vater?«
    Kaufmann Ohlsen fixierte Paul mit strengem Blick, das Lächeln auf seinem Gesicht verschwand, dafür entstand auf seiner Stirn eine Reihe von Runzeln, gleichmäßig wie die Wellen, die an den Strand rollten.
    » Wir wollen Tabak kaufen«, erklärte Charlotte rasch. » Für Pastor Dirksen.«
    » Ach, das ist ja die Kleine von Käpten Dirksen«, schaltete sich Frau Harmsen ein. » Seid ihr wieder mal bei den Großeltern auf Besuch?«
    » Nur ich«, antwortete Charlotte und sah zu, wie sich die Wellen auf der Stirn des Kaufmanns glätteten. Gleichzeitig hörte sie Ella Harmsen flüstern: » Wie sie aussieht! Nun, ihre Mutter ist ja auch eine Indianerin…«
    Der Junge, der wohl Christian hieß, hatte das Flüstern ebenfalls gehört, denn seine Augen irrten zwischen Charlotte und Ella hin und her. Er biss sich auf die Unterlippe.
    » Du darfst den Löwen anfassen– aber vorsichtig«, sagte er zu Paul und nickte auffordernd. Dann sah er wieder Charlotte an. » Möchtest du… den Löwen auch mal streicheln?«
    Eigentlich hätte sie das liebend gern getan. Einmal über die zottige, braune Mähne fahren und spüren, wie sich das Löwenhaar anfühlte. Ganz vorsichtig mit dem Finger über das sandfarbige Fell an der Stirn gleiten, zärtlich und zugleich mit einem kleinen Angstschauder… Aber sie hatte das Gefühl, der Junge wollte sie damit trösten, weil man so über sie geflüstert hatte, und das passte ihr nicht.
    » Nein, danke. Ich möchte ein Päckchen Tabak kaufen.«
    » Welche Sorte?«
    » Na, Pfeifentabak eben.«
    » Wir haben verschiedene Sorten. Wie schaut denn das Päckchen aus, das dein Großvater kauft?«
    Sie versuchte sich zu erinnern, was nicht leicht war, da der Großvater den Tabak immer gleich in seinen gestickten Beutel füllte.
    » Ein Wappen ist drauf«, fiel ihr ein. » Paul– weißt du, wie das Tabakpäckchen ausschaut?«
    » Mit Drachen und Schwertern und so Zeug…«
    Er reckte sich auf die Zehenspitzen, um ein Ohr des Löwen zu berühren. Durch das Ladenfenster konnte man Cousine Ettje sehen, die auf der Gasse wartete und Paul erzürnt bedeutete, endlich herauszukommen.
    » Ist es eines dieser
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher