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Himmel über dem Kilimandscharo

Himmel über dem Kilimandscharo

Titel: Himmel über dem Kilimandscharo
Autoren: bach
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Frühstück für den Großvater vor, das er wie immer in seinem kleinen Arbeitszimmer einnehmen würde. Auf dem Tablett stand eine große Tasse Milchkaffee, daneben auf dem Teller lagen zwei Brotscheiben, dick mit Butter und Mus bestrichen. Kaffee gab es für die anderen höchstens zu Feiertagen oder wenn Besuch kam.
    » Nun mal rasch«, befahl Großmutter Grete. » Ettje soll zum Schlachter und dann noch auf den Markt. Paul kann tragen helfen. Klara bleibt hier zum Sockenwaschen, und Charlotte hilft uns beim Saubermachen.«
    Die Großmutter war wie ein Feldherr; wenn sie die Arbeiten einteilte, hatte man zu gehorchen. Morgen war Pfingsten, dann musste das ganze Haus blitzblank sein: Alle Böden mussten gewischt und die Betten geschüttelt werden, auf den Möbeln durfte kein Stäubchen liegen, vor allem nicht in der Wohnstube, für den Fall, dass überraschend Besuch kam.
    Saubermachen war keine schöne Arbeit, fand Charlotte. Daheim in Emden gab es dafür ein Mädchen. Auch die Wäsche wurde von einer Frau abgeholt, nur die kleinen Sachen wusch Mama selbst.
    » Soll ich nicht besser mit auf den Markt gehen, Großmutter? Du weißt doch, dass ich neulich die Eier billiger bekommen habe und die Butter auch.«
    Großmutter Grete schwieg und ging in die Speisekammer, um die Speckseite vom Haken zu nehmen. Sie schwieg auch noch, während sie ein Stück davon herunterschnitt und in kleine Würfel zerteilte.
    » Wir haben vier Pfennige gespart, weil ich so gut handeln kann«, beharrte Charlotte und nahm einen tiefen Schluck aus der Milchtasse. » Wenn ich heute wieder handele, sparen wir vielleicht noch mal vier oder fünf Pfennige.«
    Ettjes Holzpantinen klapperten im Flur. Sie trat in die Küche und hörte gerade noch, was Charlotte sagte.
    » Mit der gehe ich nicht auf den Markt, Großmutter. Man schämt sich ja vor den Leuten, so wie die schachert.«
    » Du hast wohl Geld zu verschenken, wie?«, fuhr die Großmutter Ettje an, ohne von ihrer Arbeit hochzuschauen. Es fiel ihr schwer, die Anordnung zurückzunehmen, aber vier Pfennige waren vier Pfennige, und Geld war knapp.
    » Weiß der Himmel, woher du dieses Talent hast«, knurrte sie Charlotte an. » Von deinem Vater gewiss nicht. Also geh mit auf den Markt, und versuche dein Glück.«
    Ettje kaute verbissen an ihrem Butterbrot. Sie hatte nicht einmal Gelegenheit, ihren Ärger an Charlotte auszulassen, denn nun musste sie sich die Aufträge der Großmutter genau einprägen. Den Braten beim Schlachter abholen, der war vorbestellt, dazu drei Leberwürste und drei kleine Blutwürste. Auf dem Markt ein Pfund Butter, Zwiebeln, Eier, drei frische Brote. Und ein Päckchen Tabak. Dieser Auftrag wurde von einem leisen Seufzer begleitet, da sich der Großvater das Pfeiferauchen einfach nicht abgewöhnen wollte. Das Geld bekam Ettje abgezählt auf die Hand, und sie band es umständlich in ein Schnupftuch, damit sie es auf keinen Fall verlor. Paul hatte blitzschnell den großen Einkaufskorb aus der Speisekammer geholt und stellte sich dienstfertig neben die ältere Schwester, voller Sorge, daheim gelassen zu werden, weil jetzt ja Charlotte tragen helfen konnte. Er wusste, dass dann er an ihrer Stelle hätte ausfegen müssen– eine Arbeit, die er hasste.
    Er hatte Glück. Großmutter Grete hatte immer eine kleine Schwäche für flehende Knabenaugen gehabt, und sie befahl ihm, die Jacke zuzuknöpfen und die Socken hochzuziehen. Das war alles.
    Helle Maisonne empfing sie draußen und blendete die Augen, in den Hecken grünte es mächtig, neben der Eingangstür glänzte ein großer, weißer Klecks auf dem Boden. Der kam von dem Schwalbennest unterm Dach, in dem jetzt eifrig zwitscherndes Leben war. Drüben auf der anderen Straßenseite blühte das Spalierobst, weiße, rosig geränderte Pracht umhüllte die lange Reihe der ausgespannten Äste. Wenn ein Lüftchen aufkam, wehten die Blütenblätter wie Schnee über den Gartenweg und schwebten sogar bis auf die Straße.
    Die Ulrichstraße war ein gutes Stück vom Markt entfernt, und Ettje, die für die Schönheiten des Frühlings völlig blind war, trieb zur Eile an. Nachbarinnen kamen ihnen mit vollen Körben entgegen, manche zogen auch einen Karren oder Bollerwagen hinter sich her, darauf hockten zwischen Bündeln, Flaschen und Körben die Kleinen, die noch nicht so weit laufen konnten. Charlotte hatte längst gelernt, dass man freundlich zu grüßen hatte, denn hier in Leer war es nicht wie in Emden, hier kannte jeder jeden. Pastor
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