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Ich Stell Mein Herz Auf Sommerzeit

Titel: Ich Stell Mein Herz Auf Sommerzeit
Autoren: Erma Bombeck
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1. Herzen und Pistolen
     
    Heute ist ein großer Tag in meinem Leben.
    Ich habe Herzen und Pistolen ausgelesen, einen ziemlich schundigen Liebesroman, der am Yukon in der kanadischen Wildnis spielt. Der Held ist einer der gewissen harten Männer, Angefangen habe ich vor ein paar Jahren – im Urlaub. Anscheinend lese ich nicht mehr so schnell wie früher.
    Es gehört zu den Büchern, mit denen man einen ganzen Urlaub lang auskommt. Zumindest genügt es allen Anforderungen, die ich an ein solches Buch stelle:
    1. Es hat einen Schutzumschlag, mit dem man sich nirgends genieren muß.
    2. Wörter mit mehr als zwei Silben kommen im Text nur selten vor.
    3. Man kann es lesen und dabei gleichzeitig essen, fernsehen, Kreuzworträtsel lösen oder telefonieren.
    4. Fällt es einem beim Einschlafen aus der Hand, drückt es einem nicht die Rippen ein. Herzen und Pistolen war genau das Richtige.
    Die Verkäuferin im Buchgeschäft sagte, es sei so aufregend, daß sie es nicht einmal beim Essen, geschweige denn beim Schlafen hätte aus der Hand legen können.
    Ich fing das Buch im Flugzeug an. Die ersten Worte lauteten: »Biggy blickte mit weit aufgerissenen Augen über die rauhe Felldecke. Sie war noch nie mit einem Mann alleingewesen, doch als Tom Stuart sie vom anderen Ende der verlassenen Blockhütte ansah, wußte sie instinktiv, daß sich das nun ändern würde.«
    Ich döste ein und wachte erst auf, als die Stewardeß mich bat, mich wieder anzuschnallen, wir landeten gleich.
    Ich nahm Herzen und Pistolen mit an den Strand, mit zur Kosmetikerin, mit in den Park, bin aber nie über Seite eins hinausgekommen.
    Im Frühjahr holte ich es dann wieder vor und schwor mir, es in diesem Jahr auszulesen. Aber aus irgendeinem Grund rissen die glühenden Liebesszenen zwischen Tom und Biggy mich nicht vom Sessel. Vielleicht lag es an der Erdnußbutter, die ein paar Seiten verklebte, so daß ich den Faden verlor.
    Es ist immer peinlich, zugeben zu müssen, daß ein Buch stärker sein kann als der Leser. Im Herbst legte ich es auf meinen Nachttisch und gelobte, allabendlich zehn Seiten zu lesen. Das tat ich auch. Bis Weihnachten. Unglücklicherweise waren es immer die gleichen zehn Seiten. Jede Nacht schlief ich über ihnen ein, vergaß den Inhalt und mußte von vorn anfangen.
    Heuer nahm ich Herzen und Pistolen wieder mit in den Urlaub. Diesmal war es mir ernst; ich war fest entschlossen, das Buch auszulesen. Ich war schon kurz vor den letzten dreißig Seiten, da setzte sich eine Dame mit einem riesigen Hut neben mich. »Ach, Sie lesen Herzen und Pistolen«, sagte sie. »Der Schluß hat mir gut gefallen. Eigentlich fand ich es erstaunlich, daß Biggy das Baby zur Adoption freigibt und nach Tommys Tod wieder auf Long Island unterrichtet.«
    Ich knallte das Buch zu. »Sie haben es also gelesen?« fragte ich.
    »Nein, ich habe nur den Film gesehen.«
Schreibst du mir, schreib ich dir …
    Mit peinigender Regelmäßigkeit beklagt sich alle paar Monate ein Gelehrter über unser Bildungssystem. Er weist auf die erschreckende Tatsache hin, daß ein Fünftkläßler auf die Frage, wer William Shakespeare war, erwiderte: »Genau weiß ich es nicht, aber mein Papi sieht seine Sendungen sehr gern.«
    Andere Kritiker wiederum weisen auf die Zahl der Schüler hin, die nur Wörter mit nicht mehr als vier Buchstaben lesen können, und verdammen alle Lehrpläne.
    Neulich fiel mir ein Artikel in die Hand, in dem es hieß, fünfundzwanzig Prozent aller Schüler hätten massive Schwierigkeiten beim Schreiben. Sie könnten sich einfach nicht schriftlich artikulieren.
    Offengestanden habe ich genau das Gegenteil erfahren. Die Grammatik mag nicht ganz perfekt sein, es fehlt auch an der Interpunktion, die Orthographie ist in manchen Fällen sehr alternativ, aber Kinder haben die Gabe, auf rhetorisches Beiwerk zu verzichten und gleich zum Kern der Sache vorzustoßen. Sie sagen genau was sie meinen. Ein Beispiel:
    »Liebe Mrs. Bombeck,
    ich muß einen Aufsatz über jemand schreiben, über den keiner was weiß. Daher wende ich mich an Sie, weil ich nicht sicher bin, ob Fidel Castro mir sein Zeug bis Mittwoch schickt. Ich brauch' es, wirklich, Ehrenwort. Sie können mir irgendwas erzählen, ich prüf es bestimmt nicht nach.«
    Im Grunde werden die frühen literarischen Versuche der Kinder durch Platzmangel zunichte gemacht. Wieviel Text geht schon auf einen Zettel, der keine zwei Meter vor dem Katheder in der Klasse weitergereicht werden muß? Wie viele nette
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