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Hibiskusblüten

Hibiskusblüten

Titel: Hibiskusblüten
Autoren: Alexander Borell
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können.“
    „Genauso kalkulierte ich auch“, sagte er gleichmütig. Seine Hände lagen immer noch ruhig und entspannt in seinem Schoß.
    „Es war mir sehr unangenehm“, fuhr er fort, „daß da irgend jemand auf Grund meines Buches zu morden angefangen hatte. Ich war deshalb froh, als Sie sich in den Fall eingeschaltet hatten. Allerdings hielt ich es für verfrüht, Ihnen damals schon die Existenz meines Buches auf die Nase zu binden. Ich kannte Sie ja nicht, und es hätte leicht sein können, daß Sie die ganze Geschichte an die große Glocke gehängt hätten. Hand aufs Herz, Mister Stretcher — was hätten Sie getan, wenn ich Ihnen von Anfang an dieses Buch in die Hand gedrückt hätte? — Woher haben Sie es denn?“
    „Aus einem Antiquariat“, sagte ich.
    „Aha“, machte er. „Ich rechnete schon längst damit, daß es auftaucht; nur dachte ich, es würde von einer anderen Seite kommen. Ich habe nämlich seinerzeit Dinah ein solches Buch geschenkt, noch dazu mit einer Widmung drin. Offenbar hat es die Polizei nicht gefunden, sonst wäre sie ja längst zu mir gekommen. Aber vermutlich hat sie dort nach so was gar nicht gesucht.“
    „Ja“, sagte ich, „das haben sie vermutlich übersehen. Aber der Mörder Dinahs hat’s gesucht, ich habe die Spuren gefunden.“
    „Kann ich mir denken“, nickte er, „denn woher sonst als aus meinem Buch sollte er diese Idee überhaupt haben?“
    Wir schwiegen beide eine Weile. Da hatte er mir den Wind ja herrlich aus allen Segeln genommen. Ich überlegte fieberhaft, woher ich eine frische Brise bekommen könnte, um mein festgefahrenes Schifflein wieder flottzukriegen.
    Das sah ja nun wieder alles ganz anders aus, als vorhin in Martings Büro. Das war ein Fall, den weder er noch ich mit einkalkuliert hatten.
    „Sie werden’s jetzt natürlich der Polizei sagen, oder?“
    „Das werde ich wohl müssen.“
    „Das sehe ich ein. Aber, offen gestanden, es wäre mir lieber, wenn Sie es nicht täten. Wenn wir Eve nun wirklich finden, wird sie uns ja sagen können, wer sie hingebracht hat, und das muß doch auch der Mörder sein. Für meinen Ruf wäre es nicht gerade zuträglich, da hineingezogen zu werden.“
    Oha, funkte es mir durchs Hirn, er hat nicht eine Spur von Angst, Eve zu treffen; er scheint sich sogar darauf zu freuen. Ich fing langsam an, auf Marting eine Wut zu bekommen: Er mußte doch etwas wissen, was er mir nicht verraten hatte, und woraus er hatte eindeutig schließen können, daß nicht Doktor Howard, sondern Mary-Ann und Franky die Täter waren. Und deshalb hatte er mich hier mit Doktor Howard auf ein totes Geleise geschoben! Er wollte mich nur aus dem Weg haben und in Sicherheit wissen. Man ist eben immer wieder der Dumme, wenn man einem Polizeimenschen glaubt.
    „Wissen Sie, Doktor, daß ich Sie wirklich schwer im Verdacht hatte?“
    „So?“ sagte er, „dann würde es mich interessieren, wie Sie sich das alles zurechtgelegt haben. Oder wollen Sie darüber nicht sprechen?“
    „Doch“, sagte ich, „Sie wußten mit den Hibiskusblüten Bescheid. Im vorigen Jahr machten Sie Eve durch Ihr Märchen auf die Blüten scharf. Sie kannten das Kind und wußten, daß man ihm nur eine solche Idee einzuimpfen brauchte. Es war für Sie nicht schwer, geschickt aus Eve herauszubringen, wann sie die Blüten stehlen würde, und hinzugehen und den Rest zu holen. Da Sie in Mister Pickles Haus ungehindert aus- und eingehen konnten, war es Ihnen nicht schwer, der alten Dame das tödliche Pulver zu verabreichen. Sie starb an Lungenentzündung, und Sie, Doktor, stellten den Totenschein aus. Das war für Sie nahezu kein Risiko, da kein Mensch Verdacht schöpfte. So hätte es doch sein können?“
    Ich blickte ihn schräg von der Seite an und sah, wie er gedankenverloren vor sich hinnickte.
    „Ja“, sagte er, „so hätte es sein können.“
    „Weiter“, sagte ich. „In diesem Jahr wiederholte sich das gleiche Spiel. Vielleicht wußten Sie, was Eve sich beim ersten Male gewünscht hatte, und konnten sie geschickt davon überzeugen, daß ihr Wunsch in Erfüllung gegangen war — vielleicht wußten Sie es auch nicht. Jedenfalls erinnerten Sie das Kind rechtzeitig an die Blüten, und es gelang Ihnen auch der gleiche Trick. Nur kam Ihnen der alte Querkopf diesmal dazwischen, der keine Ruhe geben wollte, bis nicht der Dieb gefunden war. Als ich, gleich zu Beginn meiner Nachforschungen, zu Ihnen kam, erzählten Sie mir eine durchaus glaubhafte Geschichte über die
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