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Hibiskusblüten

Hibiskusblüten

Titel: Hibiskusblüten
Autoren: Alexander Borell
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Hibiskusblüten, und Ihre Bemerkung, daß Eve zur Bekräftigung ihres Wunsches wahrscheinlich alle Blüten genommen hatte, war glaubhaft und von Ihnen sicherlich längst zurechtgelegt. — So könnte es doch gewesen sein, Doktor?“
    „Ja“, sagte er, „so könnte es gewesen sein. Ich bin neugierig auf Ihre weiteren Folgerungen.“
    „Hier sind sie, Doktor: Selbstverständlich verfolgten Sie einen bestimmten Zweck mit diesen beiden Morden: Sie wollten, daß die Erbschaft zwischen Mary-Ann Buttom und ihrer Schwester Dinah Clearney geteilt würde. Da Mrs. Buttom im Grunde genommen das Ableben der beiden Alten nicht so ungelegen kam — denn sie hoffte ja immer noch, eines Tages Franky wieder heiraten zu können —, brauchten Sie nicht allzu vorsichtig zu sein. Ob Sie Dinah Clearney wirklich liebten, oder ob Sie sie nur geheiratet hätten, um in den Besitz ihres nun sehr großen Vermögens zu kommen, weiß ich nicht. Jedenfalls waren Sie mit Dinah sehr eng befreundet. Sie war Ihre Geliebte, und nicht irgendein imaginärer Teddy, sondern Sie selber waren der Vater des Kindes, das Dinah erwartete. — So hätte es doch sein können, oder nicht?“
    „Ja“, sagte er zögernd, „es hätte so sein können. Aber warum hätte ich dann Dinah erwürgen sollen?“
    „Diese Frage machte mir auch lange zu schaffen, Doktor. Aber als ich Ihr famoses Büchlein in die Hände bekam — übrigens nicht bei einem Antiquar, sondern bei Muriel, die es sich von Dinah geliehen hatte —, da konnte ich mir auch das erklären: Dinah, die Sie bisher nur als ihren Geliebten betrachtet und sich vielleicht ebenfalls über die Erbschaft gefreut hatte, entdeckte nun plötzlich die wahre Todesursache ihrer Mutter und ihres Onkels. Sie wußte, daß Sie, nur Sie, Doktor, der Mörder sein konnten. Vielleicht hat sie Sie angerufen, oder Sie kamen zufällig zu ihr — das weiß ich nicht, und das spielt auch keine Rolle —, auf alle Fälle besuchten Sie Dinah. Es kam dabei zu einer harten Auseinandersetzung, und Dinah drohte Ihnen vermutlich, sich nicht nur von Ihnen zu trennen, sondern Sie auch anzuzeigen. Da haben Sie die Nerven verloren und sie am Hals gepackt. Nachdem Sie, als Dinah tot war, sahen, daß nichts mehr zu retten war, waren Sie nur noch darauf bedacht, sich selbst zu retten. Sie suchten das verhängnisvolle Buch, da Sie sich sagten, die Polizei würde sonst auf Ihre Spur kommen. Es muß ein fürchterlicher Augenblick für Sie gewesen sein, als Sie plötzlich merkten, daß Dinah nicht allein gewesen war, sondern daß sich auch Eve dort oben befand! Zum Glück für Sie wußte das Kind nicht, was sich im Haus abgespielt hatte, aber nun mußten Sie auch Eve fortschaffen. Mary-Ann hatte sie ja am Abend zuvor zu Dinah gebracht. Natürlich kannte Mary-Ann ebenfalls Ihr Buch. Sie hatte Angst vor Ihnen, sie hatte so sehr Angst vor Ihnen, daß sie auch ihr Kind gefährdet glaubte. Und sie wollte sich um alles in der Welt nicht anmerken lassen, daß sie Sie durchschaut hatte. Nachdem Sie noch in der gleichen Nacht Eve fortgebracht hatten, spielten Sie am nächsten Tag die einzig mögliche Rolle: Sie bestärkten Mary-Ann und mich darin, daß das Geheimnis der Hibiskusblüten nun endlich aufgeklärt werden müsse. Hätte es nicht so sein können, Doktor?“
    Er seufzte tief auf.
    „Doch“, sagte er, „es hätte so sein können.“
    „Ja“, wiederholte ich, „so hätte es sein können, und ich glaubte das bis vor kurzer Zeit. Ich nahm an, Sie würden unterwegs den Versuch machen, mich umzubringen, Eve abzuholen und mit ihr zu flüchten. Womöglich hätten Sie das Kind auch noch umgebracht — vielleicht aber hätten Sie es auch als Geisel benützt, bis Sie in Sicherheit waren — daß weiß ich nicht. Aber Sie müßten nun bald damit anfangen, mich umzubringen, wenn Sie der Mörder sind.“
    Nun wandte er mir sein Gesicht zu und schaute mich lächelnd an.
    „Sie haben recht“, sagte er, „ich müßte das tun — wenn ich der Mörder wäre. Finden Sie nicht, daß es schrecklich heiß ist?“
    „Doch“, sagte ich, „es ist sehr heiß.“
    „Ich würde gern meine Jacke ausziehen“, meinte er, „aber ich habe eine Pistole im Halfter hängen, und Sie würden das womöglich falsch auffassen.“
    Ich fuhr an den rechten Straßenrand und lachte.
    „Ich auch, Doktor“, sagte ich. Ich hielt, wir stiegen beide aus, zogen unsere Jacken aus und legten unsere Schießeisen auf die Rücksitze des Wagens zu John, der neugierig daran
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