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PR TB 100 Der Kontinent Des Krieges

PR TB 100 Der Kontinent Des Krieges

Titel: PR TB 100 Der Kontinent Des Krieges
Autoren: Perry Rhodan
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DIE GRILLE
    Es gibt hier im Süden gewisse Stunden - es sind nur wenige im
Laufe des Jahres, - in denen der gesamte Planet zu erstarren scheint.
Es ist wie die Pause vor einem gigantischen Atemholen. Alles liegt
bewegungslos unter dem heißen Glast der Mittagssonne, deren
Strahlen beinahe senkrecht fallen. Dann sind die Laute der Grillen
und das gelegentliche Rascheln des dürren, verstaubten Grases
die einzigen Geräusche.
    „Es sind gläserne Schlangen, die sich bewegen. Du
kannst sie nicht sehen; sie kriechen unter den Gräsern“,
sagte der Thanatophobe. Er massierte etwas Hautcreme in die Winkel
zwischen Nasenwurzel und Augen und murmelte halb unverständlich:
    „Du stehst, Weißhaariger, auf der Mauer wie ein
Späher. Allein mit den Gegengewichten deiner Unrast. Du
versuchst, die Asche deiner Erinnerungen zu sammeln... ach! es ist
die Asche der Legionen deiner toten Freunde.“
    Der Weißhaarige hörte die Worte. Er dachte nach,
während sich das Zirpen der Grillen langsam im Kreis drehte; ein
Tier löste das andere ab. Sie saßen im Schatten eines
Olivenbaumes. Der Boden war gesprenkelt von Licht, das auf den
winzigen Kieseln tanzte. Ein kaum wahrnehmbarer Wind fuhr die Rhone
abwärts. Er bewegte die Zweige und ließ hin und wieder
Inseln aus Gekräusel entstehen, hier, wo sich der Flusslauf
staute. Diese unglaubliche Hitze lähmte sogar die Mücken.
Große, vom Wasser und Wind ausgebleichte Fragmente
angeschwemmter Baumstämme, die aussahen wie die Knochen
prähistorischer Tierriesen, lagen auf dem Kies der Landzunge,
dessen kalkiges Weiß schmerzhaft in die Augen stach.
Schließlich erwiderte der Mann, dessen Haut von der Sonne und
von den Jahren zwischen den Sternen wie gegerbt aussah, leise und
unverbindlich: „In meiner Hand die Sanduhr, Freund Vaskene, sie
läuft ab. Wenn das letzte Sandkorn den engen Schlund passiert,
wird auch meine Erinnerung sterben.“
    Vaskene, der Thanatophobe, sprang auf und verschüttete den
hohen Becher. Die eiskalte Sangria floss über die
weißgescheuerte Platte des Tisches. Vaskene starrte das Mädchen
und den Mann an, schluckte und wurde unter dem Pigment der braunen
Haut leichenfahl.
    „Der Mittag stirbt!“ stieß er hervor. Das Wort
schien ihn gleichermaßen mit Furcht und mit einer magischen
Anziehung zu erfüllen. Panik und Faszination stritten sich in
seinem Gesichts ausdruck.
    „Es stirbt jeder Tag“, sagte der Weißhaarige und
verschob die Sonnenbrille über seinen Augen. „Und es
stirbt jeder Mensch... einmal. Für viele mag dies die Lösung
aller Probleme sein.“
    Vor einigen Stunden, als die Mittagshitze die Kühle des
Vormittags verdrängt hatte, war dieser Mann aus den Büschen
des Ufers gekommen. Er musste mindestens zweihundert Jahre alt sein,
aber eine Serie kosmetischer Operationen, mehrere
Epidermisbehandlungen, teure Ara-Medikamente und die Angst vor dem
Sterben, denn nichts anderes bedeutete der Ausdruck Thanatophobie,
hatten diesen Greis in einen Mann der mittleren Jahre verwandelt.
Aber die dünne Schicht Firnis über dem wahren Bild des
furchtsamen Terraners hatte nicht lange standhalten können.
Irgendwo vor ihnen sprang ein großer Fisch aus dem ruhigen
Wasser, schnellte sich in einer eleganten Kurve hoch und fiel zurück.
Ein System von Ringen breitete sich aus. Das Wasser der Rhone war
glasklar und sauber. Bei diesem Geräusch zuckte Vaskene
zusammen, warf einen furchtsamen Blick in die Runde und sagte dann:
    „Ich muss weiter. Ich habe keine Ruhe. Ich fürchte das
Ende, Weißhaariger.“
    Atlan nickte ruhig und musterte die Gestalt. Es schien, als ob ein
unbeugsamer Wille diesen Mann aufrechterhielt; dies war sicherlich
eine Täuschung. Der wichtigste Gegenstand im Leben des
Thanatophoben war ein Spiegel - Vaskene würde sich stets so gut
oder schlecht fühlen, wie es ihm sein Spiegelbild, dieser
zweidimensionale Z willing, suggerierte. Alles, was geeignet war, ihm
Angst vor dem drohenden Ende zu machen, wurde fluchtartig verlassen.
    „Dein Ende, Vaskene, ist bestimmt noch in weiter Ferne“,
sagte das Mädchen. Sie sprach zum erstenmal seit Stunden.
    „Wohl kaum! Ich fürchte mich davor, alt zu werde. Meine
rechte Schulter ist tiefer als die linke. Dort ruht die Last meiner
Erlebnisse. Sie drückt mich nieder. Und es gibt nichts anderes
als Flucht dagegen!“
    Atlan richtete den Becher auf, schöpfte dann mit ihm Wasser
aus einem hölzernen Behälter und schwemmte die schnell
auftrocknende Sangria von der Tischplatte.
    „Bin ich
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