Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heuchler

Heuchler

Titel: Heuchler
Autoren: Mark Franley
Vom Netzwerk:
vor Freude geweint und geschrien.« Es folgte erst leises Schluchzen, dann ein Ton, wie er bei dem Verschieben von Stühlen entsteht, und schließlich herrschte Stille.
»Los jetzt!«, zischte Mike. Langström hatte zwar schon eine kleine Taschenlampe aus dem Gürtel gezogen, zögerte aber noch. Die beiden Kommissare nickten sich noch einmal zu, zogen das Tarnnetz etwas zur Seite und schlüpften von beiden Seiten in die Höhle. Ungeachtet dessen, dass Mike keine Pistole hatte, folgte er ihnen.
Hektisch flogen die Lichtpunkte ihrer beiden Lampen durch die Höhle. Dank der schon einsetzenden Dämmerung brauchten die Augen nicht lange, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen und alle drei waren sich fast augenblicklich sicher … hier war niemand!
»Verdammte Scheiße!«, fluchte Mike, dann fiel sein Blick auf den kleinen Klapptisch in der Mitte des Gewölbes. Der Bildschirm des Laptops war zwar schwarz, aber ein leises Summen zeigte an, dass er lief. Karlson ging, immer noch die Waffe im Anschlag, tiefer in die Höhle hinein, als sich plötzlich ein batteriebetriebener Bewegungsmelder einschaltete und sein schwaches Licht verbreitete. Und auch an dem kleinen Kästchen, das an dem Gerät hing, begann ein LED-Lämpchen wie wild zu blinken. Jeder dachte zuerst an eine Bombe und alle drei gingen reflexartig in die Hocke, doch dann ertönte Noas Stimme aus einem kleinen Lautsprecher neben dem Laptop.
»Ah, wie ich sehe, haben Sie es endlich geschafft! Angesichts dessen, dass ich Ihren Sohn habe, hätte ich etwas mehr Tempo erwartet, aber es passt zu Ihrem Egoismus, Herr Köstner.« Die letzten Worte spie er fast aus, dann wurde er wieder ruhiger: »Wären Sie bitte so freundlich und würden eine Taste auf dem Laptop drücken … Danke!«
Zögernd ging Mike zu dem Gerät und auch die beiden Kommissare traten hinter ihn. Sein Zeigefinger zitterte, als er auf eine Taste drückte und damit dem Monitor Leben einhauchte.
»Das ist nicht wahr«, stöhnte Mike und sein Verstand war kurz davor abzuschalten. Die Kamera zeigte das Wohnzimmer des Ferienhauses.
Felix saß kompliziert gefesselt auf einem Stuhl in der Mitte des Raumes und quer über seine Stirn zog sich ein feiner roter Strich, aus dem in unregelmäßigen Abständen Blutstropfen herausliefen und bereits sein rechtes Auge verklebt hatten. Das verbliebene linke Auge war weit aufgerissen und starrte fassungslos auf seine Mutter, die ihm, auf einen weiteren Stuhl gebunden, gegenübersaß. Noa hatte es irgendwie geschafft, den haltlosen Kopf zu fixieren und die beiden Augenlider mit Klebeband offen zu halten. Mit Katja hatte er sich nicht so viel Mühe gegeben! Sie saß scheinbar teilnahmslos auf dem Sofa und ihr bläulich blasses Gesicht sah aus, als wäre sie eingeschlafen.
»So, ist die Familie jetzt vollzählig?«, fragte Noa, als würde es um eine Geburtstagsansprache gehen. Dann stellte er mit einem Blick in die Kamera fest: »Ich kann euch zwar nicht sehen, gehe aber davon aus, dass ihr ein gutes Bild habt!«
Fassungslos drehte sich Mike vom Monitor weg und stieß einen verzweifelten Schrei aus. Dieser Schrei riss Karlson und Langström aus der perversen Faszination dessen, was gerade, nur ein paar hundert Meter weiter unten am See, stattfand. »Los!«, schrie Langström und stürzte zur Höhle hinaus. Mike und Karlson folgten ihm. Ohne sich mit dem schmalen Grad aufzuhalten, rutschten sie einfach den etwa fünf Meter schräg abfallenden Fels hinunter, und landeten in einem Dornengestrüpp. Adrenalin und das Leben des Jungen ließen sie die Schmerzen ausblenden, und ohne dass es einer weiteren Absprache bedurft hätte, rannten sie erst bis zu dem Bach und dann in dessen Wasserlauf weiter hinunter. Immer wieder glitten ihre Schuhe auf den glatten Steinen aus, aber sie ignorierten ihre aufgeschlagenen Knöchel und hetzten immer weiter. An der letzten steilen Stelle erwischte es dann Karlson. Er verfehlte einen kleinen Absatz, stürzte eineinhalb Meter hinunter und schlug mit dem Bein auf einem spitzen Felsbrocken auf. Die anderen beiden waren sofort bei ihm, aber ihr Versuch ihn in die Höhe zu ziehen, scheiterte kläglich. Karlson wechselte ein paar schnelle Worte mit Langström, und als dieser nickte, zog sein Vorgesetzter die Dienstwaffe heraus und gab sie Mike.
Doch bevor Langström sich wieder in Bewegung setzte, sah er Mike prüfend an: »Ich habe ihm versprochen, dass Sie sie nur im Notfall einsetzen!«
Mike deutete ein Nicken an, drehte sich dann um und rannte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher