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Heuchler

Heuchler

Titel: Heuchler
Autoren: Mark Franley
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verschwand mit dem völlig geschockten Felix zwischen den Bäumen.

Immer mehr Regen schaffte es durch die Bäume und das Wasser lief zuerst an Katja, dann an ihm selbst herunter. Verzweifelt brüllte er einige Male nach Hilfe, aber nichts rührte sich. Falls Petra noch lebte, konnte sie ihn entweder nicht hören, oder war unfähig etwas zu unternehmen. Hinzu kam der immer stärker werdende Wind, der seine Stimme in die falsche Richtung trug und laut in den Wipfeln rauschte. Ohne jede Idee stand Mike die ersten zehn Minuten da und versuchte einfach nur möglichst viel Druck von dem Hals seiner Tochter zu nehmen. Einmal schaffte er es mit seiner Hand ihre Halsschlagader zu tasten und bildete sich ein, einen schwachen Puls zu fühlen. Doch lange konnte er das nicht machen, da ihr Gewicht immer schwerer auf ihm lastete. Auch an das Messer war kein Herankommen. Wie zum Hohn steckte es genau einen Schritt zu weit entfernt im Waldboden. Schon beim ersten Versuch, es zu erreichen, wäre ihm Katja fast weggekippt und das konnte er nicht noch einmal riskieren.
Nach fünfzehn Minuten nahm er all seine verbliebenen Kräfte zusammen und hob ihren schlaffen Körper so hoch, er konnte. Tatsächlich schaffte er es, seine Hand an die Schlinge zu bekommen, aber der nasse Knoten erwies sich als unnachgiebig. Ihm blieb nichts weiter übrig, als sie auf seine Schulter zu setzen und mit den Armen zu stabilisieren. Wenn sie nur aufwachen würde , dachte er, aber sie reagierte auf nichts.
Wieder verhallten seine Hilferufe ungehört im Wald.
Nach dreißig Minuten begannen seine Beine taub und kalt zu werden. Mehr als einmal erwischte er sich dabei, wie seine Körperspannung nachließ. Es geht um das Leben deiner Tochter. Es geht um das Leben deiner Tochter! , brüllten ihn seine Gedanken an und mobilisierten so seine letzten Reserven. Nach einem neuerlichen Griff an ihren Hals keimten Zweifel in ihm auf, aber er konnte die Hoffnung nicht aufgeben und redete sich ein, dass der Regen ihre Haut abgekühlt hatte.
Aber was, wenn ich Felix im Stich lasse, obwohl sie schon tot ist , schoss es ihm durch den Kopf, doch er verbot es sich, diesen Gedanken weiterzuverfolgen.
Seine Beine begannen zu zittern und seine Schreie wurden hysterischer. Er wusste, dass Zeit alles war, was Felix nicht hatte und seine Uhr zeigte bereits halb sechs. Sein Sohn war bereits seit vierzig Minuten mit diesem Irren alleine.
Er wartete eine halbwegs windstille Phase ab und brüllte erneut in Richtung der Hütte. Wieder herrschte sekundenlange Stille, dann hörte er irgendwo einen Ast brechen und rief noch einmal.
»Wo sind Sie?«, drang die Stimme Langströms aus dem Unterholz und Mike hätte nie gedacht, dass er sich einmal über den Kriminalbeamten freuen würde. »Hierher … schnell!«, schrie er und einige Augenblicke später sah er die beiden Polizisten zwischen den Bäumen auftauchen.
»Ist er hier?«, rief Langström fragend, und erst als Mike dies verneinte, rannten sie auf ihn zu. Während Karlson ihm half Katja zu stützen, holte Langström den Stuhl, stieg hinauf und schnitt sie los.
Vorsichtig legten sie ihren Körper auf den Boden, und zum ersten Mal seit fast einer Stunde konnte Mike in das Gesicht seiner Tochter blicken und musste sich abwenden. Der bläuliche Schimmer machte es unnötig noch einen Puls zu suchen und ihre Augen sahen ihn entsetzt, aber tot an.
In Mike brachen alle Dämme und ohne auf irgendetwas zu achten, schlug er solange auf den Waldboden ein, bis ein Teil seiner Wut auf diesen übergegangen war.
Irgendwann schien ein Schalter in ihm umzuspringen und, ohne die Polizisten anzusehen, stand er auf und sagte völlig emotionslos: »Wir müssen zur Hütte!«

– 24 –
     
     
    Karlson und Langström hatten Mühe Mike zu folgen und holten ihn erst an der Tür zur Hütte ein. »Petra«, stieß er entsetzt aus und ging in die Knie.
»Großer Gott«, murmelte auch Langström und presste sich eine Hand vor den Mund. Karlson schien, trotz Petras halb abgeschnittenem Kopf, die Nerven zu behalten, sagte etwas zu seinem Kollegen und zog dann die Waffe. »Ist er da drin?« Langström war es sichtlich unangenehm, Mike jetzt ansprechen zu müssen, aber sie konnten kein Risiko eingehen.
Mike starrte erst in das leere Haus, schüttelte dann den Kopf und sagte in gefährlich ruhigem Tonfall: »Ich glaube nicht! Er ist mit meinem Sohn in den Wald und ich werde mir diesen feigen Bastard jetzt holen!« Mit diesen Worten stieg er über die Leiche seiner
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