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0451 - Schwarze Träume

0451 - Schwarze Träume

Titel: 0451 - Schwarze Träume
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Candice hörte andere Wagen gellend hupen, sah eine riesige Kühlerfront vor sich auftauchen und konnte gerade noch eine Kollision vermeiden. Sie streifte fast einen Fußgänger, brachte den Wagen am Fahrbahnrand zum Stehen und sah sich um.
    Der Schwarzgekleidete war verschwunden! So spurlos, wie er aufgetaucht war!
    Da wußte Candice, daß es wirklich kein Rocker gewesen war.
    »Der Tod«, flüsterte sie. »Ich bin dem Tod begegnet…«
    In der Ferne erklang das auf- und abschwellende Heulen einer Polizeisirene. Candice achtete nicht darauf. Sie starrte den Punkt auf der Straße an, wo der Unheimliche aus dem Nichts erschienen war. Autos hatten gestoppt. Schaulustige näherten sich. Ein breitschultriger Mann näherte sich mit raumgreifenden Schritten; von der anderen Seite her schob sich eine spitznasige ältere Dame durch die Menge. Nur ein Dutzend Meter entfernt zischten die Luftdruckbremsen eines mächtigen Sattelschleppers; das Fahrzeug, mit dem Candice fast frontal zusammengestoßen wäre. Die Tür öffnete sich, und ein Mann im rotkarierten Hemd und einem riesigen Stetson sprang auf die Straße herunter.
    »Sind Sie wahnsinnig geworden?« zeterte die Spitznasige und fuchtelte mit dem spinnenbeindürren Zeigefinger drohend vor Candices Gesicht herum. »Haben Sie keine Augen im Kopf? Warum setzen Sie sich überhaupt ins Auto, wenn Sie nicht fahren können? Wissen Sie, daß Sie um ein Haar meinen Wagen gerammt hätten? Sind Sie betrunken, oder was? Können Sie nicht sprechen? Antworten Sie gefälligst, wenn ich Sie was frage!«
    »Also, Lady, das sind sechs Fragen auf einmal, wenn ich richtig mitgezählt habe«, brummte der Trucker mit dem rotkarierten Hemd. »Lassen Sie das Mädchen doch erst mal zur Ruhe kommen. Oder ordnen Sie Ihren Fragenkatalog nach der Reihenfolge der Wichtigkeit!«
    »Wer sind Sie denn?« ereiferte sich Lady Spitznase. »Was fällt Ihnen ein, sich einzumischen? Hat Sie einer nach Ihrer Meinung gefragt? Wollen Sie etwa die Partei dieses heruntergekommenen Subjekts ergreifen, das sich volltrunken in den Straßenverkehr wagt? Woher kommen…«
    »Jetzt halt mal die Luft an, Oma«, knurrte der Trucker im Brummbärenbaß. »Bis jetzt war ich ja höflich, aber irgendwo gibt's Grenzen. Nimm deinen Gehstock, schwing die Hufe und pflanz dich wieder in dein Skateboard, um hier zu verduften!«
    Die spitznasige Lady verstummte. Sprachlos sah sie den breitschultrigen Fernfahrer an, der von einem Ohr zum anderen grinste.
    Währenddessen ordnete Candice Roberts ihre Gedanken und kam darauf, daß sich momentan alles um sie drehte. »Haben… haben Sie ihn denn nicht gesehen?« stieß sie hervor. »Haben Sie den Tod nicht gesehen?«
    »Jetzt fangen Sie nicht auch noch an zu fragen«, seufzte der Trucker. »Kommen Sie, bleiben Sie ganz ruhig, Lady. Es ist doch nichts passiert, oder?«
    »Nichts passiert?« rief der breitschultrige Mann, der zeitgleich mit der Spitznasigen aufgetaucht war. »Sie hätte mich fast auf die Hörner genommen, diese Wahnsinnige! Fährt einfach mit ihrem Wagen auf mich zu! 'ne riesige Beule hat sie auch schon im Blech. Scheint nicht das erste Mal zu sein, daß sie die Straße mit 'ner Stock-Car-Bahn verwechselt…«
    Candice lauschte. Sie erinnerte sich, eine Polizeisirene gehört zu haben, aber das auf- und abschwellende Heulen war nicht mehr wahrnehmbar. Offenbar wurde der Wagen zu einem anderen Einsatzort gerufen.
    Sie konnte immer noch nicht verstehen, was eigentlich passiert war. Ratlos sah sie den Trucker an.
    Der hatte es immer noch mit dem breitschultrigen Fußgänger und der streitbaren älteren Dame zu tun, die noch darüber nachdachte, weshalb der Trucker ihren Ferrari ein Skateboard genannt hatte. »Also, da muß 'ne Ölspur auf der Straße sein!« behauptete der Trucker. »Der Wagen ist einfach ausgerutscht. Ich hab's doch von da oben«, er deutete auf das Führerhaus seines plattnasigen Riesenlasters, »genau sehen können. Der Wagen ist seitwärts weggerutscht. Da kann das Mädchen doch nichts für! Ihnen ist nichts passiert, also machen Sie hier keinen Zwergenaufstand! Die junge Lady wird sich entschuldigen, und Sie werden sich entschuldigen, und dann ist der Kram erledigt! Seien wir froh und beten wir zu den Gottheiten, an die wir glauben, daß es keine Verletzten gegeben hat! So, das war ja fast schon 'ne Wahlrede!«
    Die anderen starrten ihn an.
    Die Spitznasige rauschte empört davon, kletterte erstaunlich behende in den Ferrari und startete mit durchdrehenden
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