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Heuchler

Heuchler

Titel: Heuchler
Autoren: Mark Franley
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herannahenden Sturm wahrnahm.
Plötzlich hatte er das Gefühl, Felix in den Arm nehmen zu müssen und tat es auch. Sein Sohn wunderte sich zwar, machte aber mit.
»Ab jetzt sind wir leise!«, flüsterte Mike, als er seine Umarmung wieder löste, und Felix flüsterte zurück: »Ist gut!«
Vorsichtig gingen sie weiter. Dann endlich sahen sie das Dach ihrer Hütte. Doch im selben Augenblick bahnte sich die erste heftige Böe ihren Weg durch die dicht stehenden Bäume und der Wind trug Katjas Hilferuf mit sich. Mike duckte sich instinktiv und auch Felix erstarrte. »War das Katjas Stimme?«, flüsterte er ängstlich, und als sein Vater nickte, begann er zu zittern.
Mike starrte in das Gewirr aus Stämmen, konnte aber nichts erkennen. Es half nichts, sie mussten weiter!
Das Ende des Pfades führte sie noch ein Stück bergab, dann begannen die Büsche und Sträucher des Waldrandes. Fast wäre Mike ebenfalls über den Stolperdraht gefallen, schaffte es aber die Balance zu halten.
»Papa! Hilfe! Ich bin hier!« Die Stimme seiner Tochter war jetzt deutlich näher und er musste sie nicht sehen, um zu wissen, dass sie schreckliche Angst hatte. Suchend blickte er sich nach einer Waffe um und hob dann einen schweren Ast vom Boden auf. Da die Stimme eindeutig nicht von der Hütte, sondern aus dem Wald rechts von ihnen gekommen war, schlichen sie in diese Richtung weiter. Für einen kurzen Moment überlegte Mike seinen Sohn zurückzulassen, kam aber zu dem Ergebnis, dass er bei ihm am sichersten war. Wer wusste schon, was sich dieser Irre diesmal wieder ausgedacht hatte? Auf dem gesamten Rückweg hatte sich Mike alle Geschehnisse noch einmal durch den Kopf gehen lassen, und eins führte zum anderen. Wer auch immer dieser Typ war, er verfügte über eine hohe Intelligenz und schreckte vor nichts zurück!
»Papa!« Katjas flehende Stimme war jetzt zum Greifen nahe, und nachdem sie weitere zehn Meter geschlichen waren, sah er sie zwischen den Bäumen.
Der Anblick schnürte ihm die Kehle zu und ließ ihn beschützend nach Felix greifen. Katja stand mit blutenden Schienbeinen auf einem Stuhl und hatte ein eng anliegendes Seil, mit einem professionell aussehenden Henkersknoten, um den Hals.
»Papa«, sagte sie jetzt leiser und mit tränenerstickter Stimme.
Dann wollte sie sich bewegen, aber Mike machte eine beruhigende Geste und rief: »Nicht! Bleib ganz ruhig, ich helfe dir!«
»Das hat deine Frau auch schon versucht!« Erst hörte Mike die verhöhnende Stimme, dann trat der Mann hinter einem dicken Baumstamm hervor. Sie trennten etwa fünfzehn Meter, doch die falschen Haare waren deutlich zu erkennen und Mike wusste sofort, wen er vor sich hatte.
»Was ist mit Mutter?«, fragte er seine Tochter, ohne seinen Blick von dem Mann zu lösen.
»Ich glaube, sie ist tot«, schluchzte Katja und kam wieder gefährlich ins Schwanken.
Mike schluckte und konnte nicht anders. Er wendete den Kopf und sah in Richtung Hütte, die verborgen hinter den dichten Büschen stand. Am liebsten wäre er losgerannt, doch stattdessen rief er hasserfüllt: »Was hast du Bastard mit Petra gemacht?«
Der Mann setzte einen unschuldigen Gesichtsausdruck auf: »Ich habe deiner Tochter nur gezeigt, dass man seinen Eltern nicht trauen kann. Wenn es darauf ankommt, denken sie nur an sich.«
»Sie sind doch wahnsinnig!«, brüllte Mike verzweifelt, und weiter: »Ich hole jetzt meine Tochter herunter und dann gehen wir!«
»Das glaube ich nicht!«, verkündete der Mann überheblich und zog etwas an einem Seil, das zuvor verborgen auf dem Waldboden lag. Dann wickelte er dessen Ende zwei Mal um die Hand und brachte es damit zwischen sich und dem Stuhl auf Spannung. »Noch einen Schritt weiter und deine Tochter fällt!«
»Sie Schw…«, fluchte Mike, besann sich dann aber aufs Verhandeln. »Was wollen Sie von uns? Haben Sie noch nicht genug gemordet? Ich habe in Nürnberg jede Ihrer Leichen gesehen …« Etwas leiser fügte er hinzu: »… und jeden verfluchten Skalp, den Sie diesen unschuldigen Jungs abgezogen haben. Reicht es nicht? Was zum Teufel hat man Ihnen angetan, dass Sie zu einem solchen Monster geworden sind?« Wie zur Bestätigung seiner Worte zuckte ein Blitz vom Himmel und ließ einen ohrenbetäubenden Donnerschlag folgen.
»Du hast noch immer nichts verstanden!«, sagte der Mann traurig. »Den Jungs geht es gut … tausendmal besser als unter der Heuchelei ihrer Eltern.« Dann wurde die Stimme schneidend: »Schick mir deinen Jungen herüber, sonst habe ich
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