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0020 - Im Landhaus der Schrecken

0020 - Im Landhaus der Schrecken

Titel: 0020 - Im Landhaus der Schrecken
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Es ging auf Mitternacht zu.
    »Na, John«, sagte Rechtsanwalt Oscar Nolan, ein drahtiger weißhaariger Mann mit energischen Gesichtszügen. Die Silvesterparty fand in seinem Haus am Stadtrand von London statt. »Haben Sie es bereut, meine Einladung angenommen zu haben?«
    Der Oberinspektor schüttelte lächelnd den Kopf. »Ganz und gar nicht. Es gefällt mir hier ausgezeichnet.«
    Nolan wies mit seiner spitzen Nase auf Johns Freundin Jane Collins. Die bildhübsche Privatdetektivin mit dem langen blonden Haar, das an reifen Kansas-Weizen erinnerte, war von charmanten Männern umringt.
    »Miß Collins ist ein sehr gefragtes Mädchen«, sagte der Rechtsanwalt.
    John schmunzelte. »Das freut mich für sie.«
    Einer der Aushilfsbutler, die Oscar Nolan engagiert hatte, trug ein spiegelndes Tablett an ihnen vorüber. Nolan hielt den Mann kurz an und nahm ihm für sich und John ein Champagnerglas ab. Die Männer tranken. Nolan musterte John über den Rand seines Glases hinweg.
    »Waren Sie mit dem vergangenen Jahr zufrieden, Oberinspektor?«
    »Ich habe es überlebt. Folglich habe ich allen Grund, zufrieden zu sein«, sagte der bekannte Geisterjäger. Seine Worte waren in keiner Weise übertrieben, denn was ihm in diesem soeben ablaufenden Jahr alles in die Quere gekommen war, hätte ihn gut ein dutzendmal das Leben kosten können. Hin und wieder war es Glück gewesen, daß er gerade noch über die Runden gekommen war, doch zumeist war dies seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten und seiner beispiellosen Unerschrockenheit zuzuschreiben.
    »Irgendwelche Wünsche für das kommende Jahr?« erkundigte sich Nolan.
    »Es soll nicht schlechter werden, das würde mir schon reichen«, gab der jüngste Oberinspektor von Scotland Yard zurück.
    Suko gesellte sich zu ihnen. Seit geraumer Zeit war er Johns eiserner Freund und Kampfgefährte. Er war ein Mann, der auffiel. Ein ungezügeltes Kraftpaket, das jeder Gegner ernst nehmen mußte. Suko war Chinese, hatte ein breites Pfannkuchengesicht, und seine schwarzen, spärlichen Haare waren genau in der Mitte gescheitelt.
    »Eine halbe Stunde noch bis Mitternacht«, kündigte der Hüne an. Seine Augen strahlten. Er liebte Feuerwerke. Als Chinese war er dazu geradezu verpflichtet, denn in China war das Feuerwerk erfunden worden. Und Oscar Nolan hatte ein kleines Vermögen ausgegeben, um seine Gäste mit Knallern, Heulern und Raketen zur Jahreswende zu erfreuen.
    Es war bereits alles draußen im Garten aufgebaut. Nolan hatte dafür eigens Fachleute bemüht, damit es keine Panne gab. Auch sollte sein Haus nicht durch ausgebrannte Raketen beschädigt werden.
    Das Ehepaar Sheila und Bill Conolly tauchte hinter den breiten Schultern Sukos auf. »He«, sagte die hübsche blonde Sheila, »ist das hier eine Verschwörung, an der ich mit meinem Lieben nicht teilnehmen darf? Das fände ich aber gar nicht nett – fände ich das.« Sie war beschwipst. Das kam nur alle Jubeljahre einmal vor.
    Bill, ein hochgewachsener, sportlich wirkender junger Mann, grinste von Ohr zu Ohr. »Was sagt ihr zu meiner süßen Frau? Ist sie heute nicht besonders niedlich?«
    »Sie ist wie immer zum Anbeißen«, sagte John Sinclair scherzhaft.
    »Laß das bloß nicht Jane hören«, kicherte Sheila und hob warnend ihren Zeigefinger. »Ich könnte mir vorstellen, daß sie das nicht gern hört.«
    »Seht mal alle hierher!« rief plötzlich jemand, und alle kamen der Aufforderung sofort nach. Sie blickten in eine Fotolinse. Der Elektronenblitz flammte auf, blendete sie. Dann setzte der unscheinbare Jody Bellmoore den Fotoapparat grinsend ab und sagte: »Vielen Dank, die Herrschaften. Die Aufnahme kommt in mein Erinnerungsalbum.«
    Noch fünfzehn Minuten hatte das alte Jahr zu leben.
    Einem Gast in diesem Haus blieben hingegen nur noch fünf Minuten…
    ***
    Ein kalter Wind bewegte mit seinen ungestümen Luftfingern die Rotdornhecken, die das Grundstück einfriedeten. Über der nächtlichen Szene hing ein buttergelber Mond am kristallklaren Himmel. Zwei Männer waren damit beschäftigt, die letzten Vorbereitungen für das Abbrennen des Silvesterfeuerwerks zu treffen. Sie kontrollierten noch einmal die Zündschnüre, damit die Attraktion später reibungslos ablaufen konnte. Mit Taschenlampen huschten sie durch die Dunkelheit, verständigten sich durch kurze Zurufe.
    Sie waren ahnungslos.
    Sie wußten nicht, daß sie von jemandem, der sich hinter den Hecken versteckt hatte, beobachtet wurden.
    Der eine blieb stehen, als drinnen im
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