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Heimliche Wuensche

Titel: Heimliche Wuensche
Autoren: Jude Deveraux
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reichen Fisch besser mit einem mageren Wurm fangen?«
    »Wie kannst du es wagen, so etwas zu behaupten«, erwiderte Nellie im Flüsterton. »Ich habe überhaupt nichts von deinem Reichtum gewußt bis zu dem Tag, an dem du plötzlich wieder in Chandler aufgetaucht bist.«
    »Wieder aufgetaucht? Ich hatte dich nicht verlassen!« Er stand jetzt auf und blickte zornig auf sie hinunter. »Ich bekam ein Telegramm, in dem stand, daß mein Vater schwer krank sei. Ich vermute, daß deine hinterhältige kleine Schwester es mir schickte.«
    Nellie erhob sich nun ebenfalls vom Boden. »Laß meine Schwester aus dem Spiel. Terel ist ein großer Trost für mich gewesen. In all den Monaten, wo du fort gewesen bist und ich nichts von dir hörte, ist sie . . .«
    »Nichts hörte? Ich schrieb dir. Ich schrieb dir alles, was ich unternahm — daß ich jedes Möbelstück, jeden Grashalm, der mir gehörte, verkaufte, damit ich nach Chandler kommen und bei dir sein konnte. Und dann sagtest du zu mir, ich solle dein Haus verlassen.«
    »Und du sagtest zu mir, daß ich drei Tage Zeit hätte; aber als ich zu dir kam, hast du mich hinausgeworfen«, gab sie ihm nun mit ebenso lauter Stimme zur Antwort. »Vielleicht hätte eine von deinen anderen Frauen ihre Familie binnen drei Tagen verlassen; aber ich konnte das nicht . . . Ich wäre dir überallhin gefolgt.«
    »Ha! Du kannst ja deine teure Schwester nicht mal einen Tag lang verlassen. Du könntest ebensogut eine Gefangene in deinem Haus sein. Du kochst für die beiden, putzt ihnen den Dreck weg, himmelst sie an. Und für was? Was geben Sie dir dafür? Sie wollen nicht, daß du heiratest und sie verläßt, denn wo sollen sie wieder eine so billige und gute Arbeitskraft hernehmen, wie du das bist?«
    Seine Worte kamen der Wahrheit zu nahe. Sie drehte sich von ihm weg, und Tränen schwammen in ihren Augen.
    Er rückte einen Schritt auf sie zu, faßte sie aber nicht an. Das Tischtuch war ihr von den Schultern gerutscht, und er konnte sehen, wie sie zuckten, als sie einen Weinkrampf bekam. »Nellie, es tut mir leid«, sagte er leise. »Es tat mehr weh, als ich sagen kann, entdecken zu müssen, daß meine Liebe nicht erwidert wurde. Vielleicht bin ich in dieser Hinsicht verwöhnt gewesen, ich weiß es nicht. Ich war nur einmal so verliebt gewesen in meinem Leben — in Julie —, und sie hat mich ebenso geliebt wie ich sie. Da gab es gar keinen Zweifel, daß wir uns beide liebten. Julie vertraute mir. Sie . . .«
    »Und ihre Familie kannte deine Familie?«
    »Natürlich. Wir sind zusammen aufgewachsen.«
    »Meine Familie kannte dich nicht. Du warst für uns ein Fremder, und du ... du hast dich um eine Frau bemüht, die bisher kein Mann in der Stadt auch nur anschauen wollte, geschweige denn lieben. Du . . .«
    »Das ist das allerseltsamste an dieser Geschichte«, unterbrach Jace sie, die Stimme erhebend. »Was ist nur mit dieser Stadt los? Ich war so froh, daß die Männer dich für mich aufgespart haben; aber sie müssen ja alle mit Blindheit und Dummheit geschlagen sein. Du bist bei weitem das hübscheste Mädchen in Chandler. Du bist klug, du bist witzig, und du bist die begehrenswerteste Frau, die ich seit vielen Jahren gesehen habe.«
    Nellie drehte sich um und sah ihn an. »Du bist derjenige, der mit Blindheit geschlagen ist. Ich bin die fette alte Nellie Grayson, die nur zum Kochen und Bügeln taugt und . . .«
    Er zog sie in seine Arme und küßte sie. »Du bist dazu erschaffen, zu lieben und geliebt zu werden. Warum konnten sie das nicht sehen?«
    »Ich bin froh, daß sie das nicht bemerkt haben«, flüsterte sie an seinem Mund. »Wenn ich einen anderen geheiratet hätte, wäre ich dir nie begegnet.«
    Er hielt sie an seiner Brust, und seine Hände glitten über ihren Körper hin, bis Nellie glaubte, sie könne nicht mehr atmen. Dann ließ er sie abrupt los. »Paß auf — äh— das wird eine lange Nacht werden. Vielleicht sollten wir etwas essen und dann ein wenig schlafen.«
    Nellie sah ihn an und wußte, was sie jetzt tun wollte. Sie wollte, daß er sie in seine Arme nahm und liebte. Vielleicht hatte sie durch ihre eigene Dummheit die einzige Chance verspielt, heiraten und ein eigenes Heim haben zu können. Aber sie würde sich niemals diese Gelegenheit entgehen lassen, die Nacht mit dem Mann zu verbringen, den sie liebte. Stolz oder Konventionen sollten sie nicht daran hindern, sich diesem geliebten Mann hinzugeben.
    Sie lächelte ihm zu und schob den Korb näher ans Feuer heran.
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