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Heimliche Wuensche

Titel: Heimliche Wuensche
Autoren: Jude Deveraux
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Kapitel 1
    Später hieß es, man hätte seit vielen Jahrzehnten keine so gut angezogene Leiche aus den besseren Kreisen mehr gesehen wie Berni. Natürlich wollten nicht viele von den Trauergästen, die ihrem Begräbnis beiwohnten, zugeben, daß sie schon etliche Jahrzehnte auf der Welt waren, um sich dafür persönlich verbürgen zu können, was sie auch nicht nötig hatten angesichts der Wundertaten der modernen Schönheitschirurgie.
    Sie schoben sich an dem teuren Sarg vorbei und blickten Berni staunend an. Da war nicht eine Falte in ihrem Gesicht. Jede Unebenheit der Haut, sogar einige Poren, waren mit subkutaner Gelatine eingeebnet. Ihre mit Silikon gefüllten Brüste zeigten selbst im Tod noch himmelwärts. Die Haare waren nach einem kostspieligen Verfahren getönt, die Wimpern dauerhaft gefärbt, die Nägel manikürt, die Taille auf jungendliche dreiundzwanzig Zoll getrimmt, der Körper in ein Sechstausend-Dollar-Kleid gehüllt: Sie sah im Tod nicht weniger gut aus als im Leben.
    So mancher Seufzer der Bewunderung wurde in der Trauergemeinde laut, und sie hofften alle, daß sie eines möglichst fernen Tages im Sarg ebenso schön aussehen mochten wie sie. Nur zwei Trauergäste vergossen auch Tränen über Bernis Hinscheiden — beide männlichen Geschlechts. Der eine war ihr Friseur. Er würde Berni als Kundin vermissen, aber auch ihre scharfe Zunge würde ihm fehlen und all die pikanten Klatschgeschichten, die sie ihm regelmäßig zugetragen hatte. Der andere, dem das Wasser reichlich aus den Augen schoß, war Bernis vierter Ex-Gatte, und die Tränen, die er vergoß, waren Tränen der Freude, denn er mußte nun nicht länger ein Heer von Arbeitskräften unterhalten, das erforderlich war, um eine Fünfzigjährige wie eine Siebenundzwanzigjährige aussehen zu lassen.
    »Fahren Sie mit auf den Friedhof?« fragte eine Frau eine andere.
    »Das würde ich zu gern; aber ich kann leider nicht«, erwiderte die zweite. »Ich habe eine dringende Verabredung. Ein Notfall, wissen Sie?« Janine, ihre Maniküre, hatte ihr nur noch um zwei Uhr nachmittags einen Termin geben können, und sie mußte unbedingt ihren eingerissenen Fingernagel reparieren lassen.
    »Das gleiche gilt für mich«, meinte die erste und warf dabei einen kurzen verstohlen-gehässigen Blick auf Berni im Sarg. Erst letzte Woche hatte sie das gleiche Modell gekauft, in dem Berni nun beerdigt wurde, und nun würde sie es wieder zurückschicken müssen. Es war typisch für Berni, bei jeder Veranstaltung immer in der neuesten und teuersten Garderobe nach der letzten Mode zu erscheinen. Wenigstens würde das nun nicht mehr passieren, dachte die Frau und konnte dabei nur mühsam ein Lächeln unterdrücken. »Ich wünschte, ich könnte ihr bis zum Grab das Geleit geben. Berni und ich standen uns ja im Leben so nahe, wissen Sie?« Sie zupfte eine Falte aus ihrem seidenen Hosenanzug von Geoffrey Beene. »Ich muß mich jetzt leider wieder verabschieden.«
    Es dauerte nicht lange, bis ein allgemeines Gemurmel unter der Versammlung anhob, daß dringende Termine woanders wahrgenommen werden mußten, so daß schließlich nur Bernis Friseur in einer Limousine zum Friedhof fuhr. Insgesamt waren es zwanzig Limousinen, die dem Wagen mit dem Sarg zum Friedhof folgten — Berni hatte ihr Begräbnis bereits im voraus arrangiert und bezahlt —, aber neunzehn von ihnen waren lediglich mit Chauffeuren besetzt.
    Endlich war das letzte (von Berni verfaßte) Wort gesprochen, die letzte (ebenfalls von Berni vorgeschriebene) Note gespielt und gesungen, und der einzige Trauergast hatte sich vom Friedhof nach Hause begeben. Das Grab wurde zugeschaufelt, mit neuem Rasen abgedeckt, sodann Blumenschmuck kunstvoll um den geschmackvollen Grabstein herum verteilt, und die Sonne begann über Bernis Grab unterzugehen.
    Vier Stunden nachdem man ihren Sarg verschlossen hatte, dachte niemand mehr an die Frau, die einen so großen Raum in jedermanns Leben eingenommen hatte. Man hatte an ihrem Tisch gesessen, an ihren Gesellschaften teilgenommen, endlos mit ihr — oder über sie — geklatscht; doch nun, wo sie das Zeitliche gesegnet hatte, vermißte sie keiner. Kein einziger.

Die Küche
    Berni hatte das Gefühl, als habe sie verschlafen, und öffnete mit einem Ruck die Augen. Ihr erster Gedanke war, daß sie zu spät zu Janine zum Maniküren kommen würde, und diese Person konnte sehr zickig werden, wenn sich eine Kundin verspätete. Janine würde ihr erklären, sie wäre für die kommende Woche
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