Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Heimliche Wuensche

Titel: Heimliche Wuensche
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
heißt: aber niemand erinnert sich noch an seinen wahren Namen. Die Bezeichnung Küche soll an das Leben der Frauen auf Erden erinnern. Wenn du stirbst, glaubst du in den Himmel zu kommen — wie man als Frau ja auch glaubte, mit der Eheschließung das Paradies auf Erden zu haben. Statt dessen wirst du in beiden Fällen in die Küche versetzt.«
    Berni wäre hier fast an ihrem Drink erstickt. Sie hätte über diesen Vergleich lachen können; aber dann weiteten sich ihre Augen vor Entsetzen. »Willst du damit sagen, daß ich die Ewigkeit damit verbringen muß, am Herd zu stehen oder . . . oder den Kühlschrank auszuwaschen?« Sie fragte sich, ob eine tote Person Selbstmord begehen könne.
    »Oh, nein, nichts dergleichen. Dies ist ein sehr angenehmer Ort. Überaus angenehm. Tatsächlich fühlen sich hier viele Frauen so wohl, daß sie ihn nie mehr verlassen möchten. Sie führen ihre Aufträge nie richtig aus und weilen schon seit Jahrhunderten in der Küche.«
    »Was für Aufträge?« fragte Berni mißtrauisch, immer noch erschüttert von der grauenhaften Vorstellung, daß sie jahrelang Böden schrubben, Ausgüsse und Öfen reinigen und zu jedem Erntedankfest einen verdammten Truthahn würde braten müssen.
    »Jeder Frau in der Küche wird von Zeit zu Zeit eine Aufgabe zugewiesen. Sie muß jemandem auf der Erde helfen. Die Aufgaben sind immer unterschiedlicher Natur. Einmal muß eine Frau einem Menschen helfen, der Kummer hat, ein andermal einem, der vor einer wichtigen Entscheidung steht. Es gibt da so viele Möglichkeiten, daß ich sie gar nicht alle aufzählen könnte. Wenn du versagst, bleibst du hier.«
    »Und wenn es einem gelingt, einem Menschen zu helfen — was bekommt man dafür?«
    »Letztendlich den Himmel.«
    »Ist der Himmel auch voller Nebel?«
    Pauline zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Ich bin nie dort gewesen; aber ich denke, er ist ein besserer Ort als dieser hier.«
    »Schön«, sagte Berni, vom Tisch aufstehend, »dann führe mich zu meiner ersten Aufgabe. Ich möchte nicht an einem Ort bleiben, der auch nur den Namen Küche trägt.«
    Pauline erhob sich von ihrem Stuhl, und sogleich waren der Tisch, die Stühle und das leere Glas verschwunden. Sie setzte sich in Bewegung, und Berni folgte ihr.
    Sie dachte angestrengt über alles nach, was Pauline ihr erzählt hatte. »Ich soll jemandem auf der Erde helfen?« murmelte sie und blieb dann stehen.
    Pauline verhielt mitten im Schritt und blickte zu ihr zurück.
    »Sind wir«, sagte Berni, »sind wir etwa so etwas wie eine gute Fee?«
    »Mehr oder weniger ja«, erwiderte Pauline lächelnd und setzte ihren Weg fort.
    Berni beeilte sich, zu ihr aufzuschließen. »Willst du damit sagen, daß ich für jemanden die gute Fee spielen soll? Mit einem Zauberstab herumlaufen und Wünsche erfüllen muß?«
    »Es steht dir frei, die Aufgabe so zu lösen, wie du es für richtig hältst.«
    Wenn Bernis mit Kollagen ausgepolstertes Gesicht sich hätte in Falten legen können, wäre dies jetzt geschehen. »Mir gefällt das nicht«, sagte sie. »Ich habe mein eigenes Leben zu führen. Ich möchte nicht irgendeine dicke, grauhaarige Lady sein, die >Simsalabim< sagt und Kürbisse in Kutschen verwandelt.«
    Pauline blinzelte ratlos, da sie Bernis Anspielung nicht verstand. »Daß du dein eigenes Leben geführt hast, ist vermutlich der Grund, weshalb du nicht in den Himmel, sondern hierher versetzt wurdest.«
    »Was willst du damit sagen? Ich habe in meinem Leben niemandem etwas getan.«
    »Aber auch niemandem geholfen. Du hast nur für dich selbst gelebt. Nicht einmal als Kind hast du die Wünsche anderer Menschen berücksichtigt. Du hast vier Männer ihres Geldes wegen geheiratet, und als sie sich beklagten, hast du dich von ihnen scheiden lassen und ihnen die Hälfte ihres Besitzes weggenommen.«
    »Aber so leben doch alle im zwanzigsten Jahrhundert.«
    »Nicht alle. Deine Garderobe war dir wichtiger als jeder deiner Ehemänner.«
    »Meine Kleider machten mir auch mehr Freude als meine Männer«, erwiderte Berni. »Zudem haben sie ja alle bekommen, was sie sich wünschten. Und sie waren an ihrer Scheidung nicht unschuldig. Hätten sie mir gegeben, was ich brauchte, wäre ich ja bei ihnen geblieben.«
    Pauline wußte darauf nichts mehr zu sagen. Sie war im achtzehnten Jahrhundert aufgewachsen und hatte keine Ahnung, daß Bernis Worte das Produkt jahrelanger intensiver psychotherapeutischer Behandlung waren. Berni ging nur zu Therapeuten, die sie fragten: »Was
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher