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Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine

Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine

Titel: Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
Autoren: Don Winslow
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01
    Ich zu sein macht eine Menge Arbeit.
    Denkt Frank Machianno, als der Wecker um drei Uhr fünfundvierzig losgeht. Er rollt sich aus der Kiste und spürt die kalten Dielen unter den Füßen.
    Recht hat er.
    Es macht wirklich eine Menge Arbeit, er zu sein.
    Frank tappt über den Dielenboden, den er eigenhändig geschmirgelt und versiegelt hat, und geht unter die Dusche. Zum Duschen braucht er nur eine Minute, was einer der Gründe ist, weshalb er sein silbergraues Haar kurz hält.
    »Dann dauert es mit dem Waschen nicht so lange«, erklärt er Donna, wenn sie sich darüber mokiert.
    Er braucht dreißig Sekunden zum Abtrocknen, dann wickelt er sich das Handtuch um die Hüfte – die in letzter Zeit rundlicher wird, als ihm lieb ist –, rasiert sich, putzt sich die Zähne. Sein Weg in die Küche führt durchs Wohnzimmer, wo er zur Fernbedienung greift, einen Knopf drückt, und schon dröhnt La Bohème aus den Lautsprechern. Eine der schönen Seiten des Single-Daseins – vielleicht die einzige, denkt Frank –, dass man morgens um vier Opern hören kann, ohne jemanden zu belästigen. Und das Haus ist so massiv gebaut, mit dicken Wänden, wie sie früher mal üblich waren, dass Franks morgendliche Arien auch die Nachbarn nicht stören.
    Frank hat zwei Abonnements bei der San Diego Opera, und Donna tut netterweise so, als würde sie ihn mit größtem Vergnügen in die Oper begleiten. Sie hat sogar darüber hinweggesehen, dass ihm bei Mimis Tod am Ende von La Bohème die Tränen kamen.
    Jetzt, auf dem Weg in die Küche, singt er zusammen mit Victoria de los Angeles:
    … ma quando vien lo sgelo,
    Il primo sole è mio,
    Il primo bacio dell’aprile è mio,
    Il primo sole è mio …

    Frank liebt seine Küche.
    Die klassischen Schwarzweißkacheln auf dem Fußboden hat er selbst verlegt, beim Einbau der Tresen und Schränke hat ihm ein Freund geholfen, der Zimmermann ist. Der alte Fleischerblock fand sich in einem Antikshop in Little Italy und war in einem traurigen Zustand, als er ihn kaufte – ausgetrocknet und rissig. Es musste ihn monatelang mit Öl einreiben, bis er wieder tiptop war. Aber er liebt den Block wegen der Gebrauchsspuren, der alten Scharten und Narben – Ehrenabzeichen nennt er sie, erworben für jahrelange treue Dienste.
    »Sieh doch mal, die haben das Ding richtig benutzt «, erwiderte er Donna auf die Frage, warum er sich nicht einfach einen neuen gekauft hat, was er sich ohne weiteres leisten konnte. »Wenn du näher rangehst, kannst du sogar riechen, wo sie den Knoblauch gehackt haben.«
    »Italiener und ihre Mütter«, sagte Donna.
    »Meine Mutter war eine gute Köchin. Aber wer richtig kochen konnte, das war mein Alter. Der hat’s mir beigebracht.«
    Und das ganz ordentlich, dachte Donna. Was immer man über Frank Machianno denken mag – dass er manchmal ganz schön nervt, zum Beispiel –, kochen kann er wirklich. Der Mann weiß auch, wie man eine Frau behandelt. Und vielleicht gehören die beiden Sachen zusammen. Aber eigentlich war es Frank, der sie auf diesen Gedanken gebracht hat.
    »Eine Frau lieben, das ist, wie wenn man eine gute Sauce kocht«, erklärte er ihr eines Nachts im Bett beim »Nachglühen«.
    »Frank, lass es lieber stecken«, sagte sie.
    Nein, er wollte es loswerden. »Du musst dir Zeit lassen, die richtigen Gewürze nehmen, genau die richtige Menge, jedes einzeln abschmecken und dann ganz langsam Hitze zugeben, bis es blubbert.«
    Das ist der einzigartige Charme von Frank Machianno, dachte sie neben ihm liegend – dass er deinen Körper mit einer Sauce Bolognese vergleichen kann, ohne mit einem Fußtritt aus dem Bett befördert zu werden. Vielleicht weil er es wirklich so meint. Sie ist mit ihm kreuz und quer durch die Stadt gefahren, zu fünf verschiedenen Läden, um fünf verschiedene Zutaten für ein einziges Essen zu besorgen. (»Die salsiccia ist bei Cristafaro einfach besser, Donna.«) Dieselbe Liebe zum Detail beweist er auch im Schlafzimmer. Dieser Mann, so darf man sagen, bringt die Sauce wirklich zum Blubbern.
    An diesem Morgen nimmt er wie immer die grünen Kona-Kaffeebohnen aus dem vakuumversiegelten Glas und löffelt sie in den kleinen Röster. Den hat er in einem der Gourmetkataloge gefunden, die immer mit der Post kommen.
    Donna regt sich ständig auf wegen seiner Kaffeebohnenmacke.
    »Kauf dir einen Automaten mit Zeitschalter«, hat sie gesagt. »Dann ist er fertig, wenn du aus der Dusche kommst. Du kannst sogar ein paar Minuten länger schlafen.«
    »Aber
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