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Der Bronzehändler

Der Bronzehändler

Titel: Der Bronzehändler
Autoren: Hanns Kneifel
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»Lob und Preis dir, Hapi, aus schwarzer Erde geströmt, Tameri zu nähren. Geschaffen von Re, tränkst du Fluren, sättigst Herden und wässerst die Wüste, fern der Wasser mit deinem Himmelstau.
    Cheper, der Gott, liebt dich; sein Korn bereichert die Werkstatt des Ptah. Über Fische und Vögel herrschst du, lässt sprossen Gerste und Korn, bereitest die Feste der Tempel. Bist träge du, schwinden Atem und Leben; der Götter Speise wird karg, und zahllos sterben die Rômet.
    Aber wenn tönend dein Wasser schwillt, jubelt das Land. Jeder lacht, denn du spendest Speisen und wohlige Sattheit. Süß ist dein Duft; du schenkst Gräser den Herden und Opfertiere himmlischen und irdischen Göttern, füllst Speicher und Kornkammern, nie vergisst du der Armen.
    Bäume gedeihen durch dich, deine Macht zimmert die Schiffe; die Kinder sind fröhlich, und alle grüßen als Herrscher dich, wenn beide Lande du, der Maat gehorchend, mit deinem Glanz überstrahlst.
    Wer bekümmert war, ist jetzund froh: du feuchtest die Felder, speiend gibst du dem einen Kraft und Liebe dem andern.«

    (Hapi-Lobpreisung, zur Zeit des Ersten Amenemhet)

    »Du, der als Gott erschienst, hör auf das, was ich dir sage: auf dass du königlich herrschest und die Lande regierst und ein Übermaß an Wohlsein erhältst. Halt dich fern von Untergebenen, jenem Gesindel, deren Schrecken keine Beachtung verdient. Nähere dich ihnen nicht in deiner Einsamkeit; füll nicht dein Herz mit einem Bruder, kenne keinen Freund, schaff dir keine Vertrauten – denn alles ist trostlos und eitel.«

    (Der Erste Amenemhet an seinen Sohn Senwosret;
    1991-1962 v. Chr.)

    »Ich habe die letzte Festung im trostlosen Süden erreicht und meine Grenze errichtet, weil ich weiter hapiauf zog als meine Väter. Ich habe mein Erbe vermehrt. Jeder meiner Vertrauten, der die Grenze hält, die ich festigte, wird von mir geehrt und ›Sohn‹ genannt, nicht aber jener, der sie verfallen lässt und nicht kämpfen will.
    Ich, Chakaura, habe befohlen, prächtige Säulen aufzustellen an meiner Südgrenze; damit ihr hier ausharren und für die Reichsgrenze kämpfen sollt.
    Ich erbeutete die Frauen der Nehesi, nahm ihre Männer, zog an ihre Brunnen und schlug ihre Rinder. Ich riss ihr Getreide aus und legte Feuer daran. So wahr mein Vater lebt; ich sage die Wahrheit. Ich habe Säulen meißeln lassen an der Grenze, damit ihr an ihr ausharren und für sie kämpfen sollt.«

    (Inschrift des Dritten Chakaura, 1878-1841 v. Chr., einer
    Stele bei Heh, »Chakaura ist mächtig« [Semna West]
    im Jahr 16, Mond Athyr.)

Im Zeichen Thots und Imhoteps

    Die Löwenaugen der Göttin, der Falkenblick des Kriegsgottes Month und das Starren Ptahs aus der Höhe der doppelt mannsgroßen Steinstatuen trafen den Boten und die Sklaven, als sie aus dem Schatten der Tempelmauern und Palmenkronen traten. Obwohl die Sonne in den Mittag stieg, fühlte Dschai-Anpuhotep einen Hauch von Kälte. Sein Schritt stockte; Schweiß sickerte unter der Perücke in den Nacken. Der Weg führte zwischen den goldstarrenden Schutzgöttern des Herrschers beider Lande hindurch zu einer Terrasse und deren säulengestütztem Eingang. Die Luft war getränkt vom Weihrauchduft und den Ausstrahlungen der Göttlichkeiten. Zwischen den Säulen blieb Dschai-Anpuhotep stehen und bedeutete den Sklaven, zu warten. Ein keckerndes Äffchen aus Punt kletterte an der Statue hinauf, die dünne Bronzekette klirrte am Stein. Die Sklaven stellten große Krüge auf den Sandsteinplatten ab.
    Auf der Terrasse standen, unter dem Sonnensegel, eine geflochtene Liege und ein niedriger Tisch. Der Bote näherte sich dem Eingang und wartete, bis seine Augen nicht mehr brannten. Er ging hinein, verbeugte sich und blickte ins runzlige Gesicht des Priesters. »Du bist Merire-Hatchetef, nicht wahr? Man hat mir den Weg beschrieben«, sagte er. »Ich komme von Cha-Osen-Ra, dem Vertrauten des Tatji Ikhernofret.«
    Das Licht im unordentlichen Raum war durch Leinenfenster gemildert, und es herrschte mäßige Kühle. Der Priester saß an einer Holzplatte auf Mauersockeln; in zahlreichen Nischen standen und lagen Krüge voller Schreibrollen.
    »Ich bin der Tempelschreiber, richtig. Was will Cha-Osen-Ra von mir? Doch nicht etwa einen Rat?«
    Merire-Hatchetef winkte Dschai-Anpuhotep näher und kniff die Augen zusammen. Vor ihm standen Wasserkrüglein, ein Becher voller Binsengriffel und gefüllte Tuscheschalen; die Ecken der halb beschriebenen Shafadurolle waren mit Steinwürfelchen
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