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Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition)

Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition)

Titel: Digitale Demenz: Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen (German Edition)
Autoren: Manfred Spitzer
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Vorwort
    »Herr Spitzer, Sie kämpfen gegen Windmühlen – nein, gegen ganze Windfarmen. Machen Sie bitte weiter!«
    Eine E-Mail schreibt man weit eher als einen konventionellen Brief per Schneckenpost. Und so bekomme ich sehr viele E-Mails, freundliche und weniger freundliche.
    »Herr Spitzer, ich ballere hier gerade mit einer virtuellen Kalaschnikow. Wenn ich eine reale hätte, wären Sie der Erste, den ich umnieten würde. PS: Was Sie über den Zusammenhang zwischen virtueller Gewalt und realer Gewalt sagen, ist vollkommener Unsinn.«
    Mehrere Bürgermeister haben mich in Stadthallen anlässlich von Vorträgen folgendermaßen begrüßt:
    »Guten Abend, Herr Spitzer, mein Sohn hasst Sie, und ich hätte ihn gerne mitgebracht.« Die Wahrheit ist zuweilen auch für Fünfzehnjährige unbequem!
    Auch die folgende: »Etwa 250 000 der Vierzehn- bis Vierundzwanzigjährigen gelten als internetabhängig, 1,4 Millionen als problematische Internetnutzer.« So steht es im Jahresbericht der Suchtbeauftragten der Bundesregierung Mechthild Dyckmans, der am 22. Mai 2012 publiziert wurde. Während der Konsum von Alkohol, Nikotin sowie weichen und harten illegalen Rauschdrogen rückläufig ist, steigen Computer- und Internetsucht dramatisch an. Die Regierung ist ratlos. Das Einzige, was ihr bislang eingefallen ist, sind höhere Strafen für Gastwirte, wenn sie Minderjährige an Glücksspielautomaten lassen.
    Keine vier Wochen vor Erscheinen des Berichts der Suchtbeauftragten hatte Kulturstaatsminister Bernd Neumann die Laudatio auf ein Killerspiel gehalten, dessen Produzenten 50 000 Euro Steuergelder als Preis erhielten. Zugleich wird eine Verdreifachung der Spielsucht innerhalb von nur fünf Jahren festgestellt, die vor allem arbeitslose junge Männer betrifft. Ich selbst habe Computerspielsüchtige und Internetabhängige als Patienten an der von mir geleiteten Psychiatrischen Universitätsklinik Ulm behandelt. Das Leben dieser Patienten wurde durch digitale Medien völlig ruiniert. Vor fünf Jahren verzeichneten Ärzte in Südkorea, einem hochmodernen Industriestaat mit weltweit führender Informationstechnik, bei jungen Erwachsenen immer häufiger Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen sowie emotionale Verflachung und allgemeine Abstumpfung. Sie nannten das Krankheitsbild digitale Demenz.
    Wenn ich in diesem Buch versuche, diese besorgniserregenden Entwicklungen zusammenfassend darzustellen, muss ich zwangsläufig auf Gedanken zurückgreifen, die ich schon vor Jahren aufgeschrieben und publiziert habe. Denn mit den durch Lernen bedingten Veränderungen des Gehirns und mit dem, was dies für unsere Kindertagesstätten, Schulen und Universitäten bedeutet, beschäftige ich mich seit über zwanzig Jahren. Wie man an der Aktualität der hier verwendeten Literatur sehen kann, habe ich mich darum bemüht, vor allem neue und neueste Erkenntnisse in die Diskussion einzubinden.
    Zuweilen wurde mir in der Vergangenheit bei verschiedenen Gelegenheiten vorgeworfen, ich hätte keine Ahnung, worüber ich schreibe. Nur wer selbst ein passionierter Spieler von Gewaltspielen sei, könne deren Faszination und die Effekte auf seine Psyche beurteilen. Dies ist nach meiner Erfahrung als Psychiater falsch. Der Alkoholiker kann die Auswirkungen von Alkohol auf seinen Körper und Geist deutlich schlechter einschätzen als der ihn behandelnde Psychiater, und nicht anders ist es bei anderen Suchterkrankungen und seelischen Leiden: Abstand und eine relativ unbeteiligte Sicht von außen sind nicht selten die besten Voraussetzungen dafür, einen Sachverhalt auch nur halbwegs objektiv zu beurteilen. Warum sollte dies im Hinblick auf digitale Medien anders sein?
    Ich habe mich bemüht, den wissenschaftlichen Anforderungen nach Genauigkeit und Dokumentation der Quellen zu genügen, ohne dabei die Lesbarkeit des Textes zu beeinträchtigen. So habe ich auf die Angabe von Signifikanzen (p-Werte) verzichtet, kann aber versichern, dass ich im Text nur auf Unterschiede eingehe, die statistisch signifikant sind. Wer dies im Einzelfall überprüfen möchte, sei auf die Originalliteratur verwiesen. Weiterhin sind sämtliche englischen Zitate von mir übersetzt, so dass ich mir einige hundert Hinweise »Übersetzung durch den Autor« gespart habe.
    Dieses Buch ist meinen Kindern gewidmet. Ihnen eine Welt zu hinterlassen, die wertvoll, erhaltenswert und so lebenswert ist, dass man sich – trotz Erderwärmung, Weltwirtschaftskrise und den
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