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Heart beats sex

Heart beats sex

Titel: Heart beats sex
Autoren: Johanna Driest
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sehe, wie im Zeitrafer der kurze Sommer dem Ende zugeht und die Fjorde zufrieren. Ich höre das Reiben von Stoff. Es könnte Seide sein. Dann scheuern sich Jeansbeine aneinander, Schuhe kratzen auf dem Zedernholz des Bodens, und mir fällt auf, dass draußen keine Musik mehr ist. Sie sind doch hoffentlich nicht schon alle nach Hause und haben mich hier liegenlassen! Ich spitze die Ohren, strenge mich an und vernehme in langsamen Abständen einzelne Triangelschläge. Vielleicht ist es eines von Hals Stücken, in denen er mit Stille und Pausen arbeitet.
    Aber jemand ist hier im Raum. Ich höre zwei Frauen tuscheln.
    »Pssst! Ein schlafender Engel.«
    Sie meinen mich.
    »Was sollen wir tun?«
    »Hast du noch eine Pille?«
    »Acid oder 2C-B?«
    »Was haben wir schon drin?«
    »Kein Acid. Als du es letztes Mal genommen hast, ist es dir allerdings nicht bekommen. Du hast immer mit deinem Schatten getanzt. Du hast gesagt, die singen dir den Maja-Kalender
vor und meintest, der letzte Tag ist gekommen. Echt Katastrophenstimmung.«
    »Hier auf der Insel wird es anfangen. Bei Es Vedrà.«
    »Der Weltuntergang?«
    »Ja.«
    »Die Frage ist nur, werden wir in Hitze verschrumpeln oder im Eis erfrieren?«
    »Was sollen wir tun?«
    »Einen Joint rauchen?«
    »Gute Idee. Weed oder Shit?«
    Beide Frauen fangen an zu lachen.
    Draußen klingt wieder ein Schlag von einer Glocke oder einer Triangel auf, dann Lachen, das Klappern von hohen Absätzen und Hanks Stimme, der Mineralwasser haben will und für sich einen Wodka. Einen Wodka auf Eis.
    »Was nun, Weed oder Shit?« Die beiden Frauen hier im Zimmer lachen zwei Minuten lang und wandern dabei herum. Nun kann ich sie auch sehen, es sind die zwei Mütter, deren Töchtern Sheila Nachhilfestunden gibt, die Blonde und die Rote in ihren Jeans.
    »Nein, im Ernst jetzt. Weed oder Shit?« Es ist die Blonde, die das fragt. Sie können sich nicht entscheiden.
    »Weed«, antwortet die Rote, setzt sich auf das Sofa und kramt alles aus ihren Jeanstaschen heraus, kramt so lange, bis die Innentaschen wie zwei hellblaue Zipfel heraushängen. »Kein Weed.«
    Die Blonde beobachtet sie eine Weile intensiv und sagt dann stirnrunzelnd: »Und was ist mit der Tasche?«
    Die Rote schaut sie an wie eine Erscheinung, nickt und sieht sich ein paarmal rechts und links nach ihrer Tasche um. Sie erhebt sich etwas mühselig, steht einen Augenblick, als wenn sie ihr Gleichgewicht prüft und dreht sich hin und her wie ein
Perpetuum mobile, ohne eine Tasche zu entdecken. Sie geht zum Fenster, bückt sich und schaut von da aus über den Boden, wobei sie ihre Haare, die ihr übers Gesicht fallen, nach hinten hält. »Ah!« Sie lässt sich auf die Knie nieder, und ich höre, wie sie sich auf allen vieren in Richtung Tür über den Holzboden bewegt, und als sie wieder in mein Blickfeld gekrabbelt kommt, hält sie ihre Handtasche mit den Zähnen. Sie lässt sie fallen und sagt: »Komm her, Blondi.«
    Die Blonde geht vorsichtig auf sie zu und sinkt neben ihr auf die Knie. Auf Händen und Knien stehen sie wie zwei Schlittenhunde nebeneinander, die darauf warten, dass sie ins Geschirr gespannt werden. Diese Assoziation kriege ich vom Bildschirm, wo gerade ein heftiger Sturm über die Schneewüste fegt.
    »Weißt du, wie lange ich gebraucht habe, bis ich einen Joint drehen konnte? Ein Jahr.«
    »Machst du aber gut, Rotkäppchen.«
    »Ich hab das damals von meinem Mann gelernt. Der macht sie lang und dünn.« Sie kichern.
    Es ist für einen Moment still, es ertönt von draußen wieder ein Glockenschlag, und als würde er eine Mechanik in Bewegung setzen, trotten die beiden Freundinnen voran und setzen sich am Fußende auf meine Couch. Rotkäppchen holt aus ihrer Tasche Papers und Gras, klebt vier Papiere zusammen, um eine möglichst große Unterlage zu haben und bröselt die getrockneten Hanfblätter hinein. Während sie den Joint zu rollen versucht, starrt die Blonde geradeaus vor sich hin. Ihre Freundin holt aus der Tasche ein lila Feuerzeug, eine Flamme springt auf, und sie pafft die Tüte heftig an, zieht tief ein und gibt sie weiter. »Hier, Rapunzel.« Langsam bläht sich der Raum mit Ganja.
    Die Blonde betrachtet erst einmal in Ruhe das schwarze
Ende ihrer Tüte, pafft, bis die Glut wieder glüht, und als sie sich über mich beugt, schickt sie eine Rauchwolke voraus.
    »Sag mal, Rotkäppchen. Ist der Engel hier nicht die Freundin von Hal Rubinstine?«
    »Dem DJ? Ich denke schon«, erwidert die Rote.
    Blondi geht weg, wohl
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