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Heart beats sex

Heart beats sex

Titel: Heart beats sex
Autoren: Johanna Driest
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über Hal, wie er seine neue Musik vorgestellt hat und wie super sie ist, erklärt dann lang und breit den Witz mit dem Hal 9000 Computer, das sei gar nicht so falsch, denn
in seinem Job, was ja seine Profession sei, lasse er sich keinesfalls von Gefühlen beherrschen, sondern richte sich immer auf professionelle Vorgaben ein.
    Ich habe keine Ahnung, mit wem sie telefoniert und was der andere sagt, aber sie lacht und schüttelt ihre Mähne wild, die sie jetzt anders trägt als vorher, ofenbar hat sie ihr Haar durchgebürstet. In einem irgendwie ungebärdigen Unterton sagt sie: »Seine Figur? Seine Körperfigur entspricht der einer sehr respektvollen Autoritätsperson wie es der Löwe ist: groß, mit einer aufrechten, geraden Haltung. Weißt du, Löwen haben meist große Augen, volle Lippen und ein markantes Kinn. Das trifft bei ihm genau zu, und all dies unterstützt sein forsches, selbstbewusstes Auftreten. Der Eindruck, den der Löwe bei seinen Mitmenschen hinterlässt, ist ihm sehr wichtig, und so versucht er stets, sich im besten Licht zu präsentieren. – Wie? Das macht jeder? Das macht jeder ein bisschen, ja, aber Hal unterschlägt seine Vergangenheit, du wirst nie erleben, dass er irgendwas aus seiner Kindheit erzählt, und seine Mutter, die ja noch lebt, lässt er auch nie kommen. – Wie? Nein, das ist doch etwas ganz anderes, Hal hat eine nicht heilende Wunde und die verbirgt er. Wenn er seinen inneren Schmerz zu lange unterdrückt, wird er ungemütlich und macht das auch deutlich. Wenn du mit ihm länger zusammen bist, merkst du, wie er Abwechslung und Ablenkung braucht. Aber nach außen verbirgt er das. Nach außen ist er immer der strahlende Löwe. Das solltest du dir überlegen, Andrea, wenn du dich darauf einlässt und wenn es auch nur eine Nacht ist.« Dabei wandert sie herum, ohne mich wahrzunehmen, aber als unsere Blicke sich treffen, verstummt sie, starrt mich einen Moment überrascht an, sagt: »Sorry« und geht zur Tür. Ofenbar weiß oder ahnt sie, dass ich alles verstanden habe.
    Die Erwähnung Andreas, die schon Muerte an Hal verkuppeln
wollte, und Zoyas überraschter Blick haben mich wie ein Stromschlag getroffen. Wie elektrisiert sehe ich, wie sie mit großen Schritten und einem ziemlichen Hüftschwung das Zimmer verlässt. Ich will noch sagen, entschuldige, ich wollte dich gar nicht belauschen, und hebe ganz impulsiv die Hand, richte mich sogar ein bisschen auf. Ich lass mich aber wieder fallen, weil ich ja gelähmt bin und realisiere erst jetzt, dass ich mich eben bewegt habe. Ich halte den Atem an und beuge langsam meine Zehen, dann meine Finger, drehe die Füße, ziehe die Beine an, schneide Grimassen, hebe die Arme, und da ich all das mit zunehmender Lust und Freude tun kann, setze ich mich aufrecht hin, atme tief ein und aus, stehe auf, reiße die Arme in die Luft und jubele einmal laut in Richtung Sonne. Ich mache ein paar Schritte. Ich kann wieder gehen! Ich glimme nicht nur vor Freude, sondern hüpfe und springe herum, schieße wie ein Kobold über das Sofa, reibe mir die Hände, reibe mein Gesicht, den Nacken, den Bauch, die Schenkel, reibe meine Füße und trampele mit ihnen herum. Ich bin von einem einzigen Gefühl erfüllt: dass ich so glücklich immer sein möchte.
    Als ich mich beruhigt habe, setze ich mich auf die Couch und verschnaufe einen Augenblick. Auf dem Bildschirm sehe ich die Eisbärin mit einem Jungen, das über die weiße Winterwüste hinter der Mutter hertrottet.
    Ich verlasse das Zimmer und gehe langsam durch das Wohnzimmer zur Terrasse, in die Halle, in die Küche, alles ist wüst und verlassen, nichts aufgeräumt. Hal wird wahrscheinlich oben im Schlafzimmer noch im Tiefschlaf sein. Ich gehe langsam und barfuß die Treppe hinauf, um mich neben ihn zu legen.
    Als ich die Tür öffne, fällt mein Blick nicht gleich auf Hal und Ulya, die eng umschlungen auf unserer Sternendecke liegen,
weil ich zum Fenster schaue, wo die Vorhänge nicht zugezogen sind und die Türen zum Balkon offen stehen, aber ich spüre ein plötzliches Unbehagen, konzentriere mich auf das Meer und sehe ganz in der Ferne das weiße Segel einer Hochseejacht auf dem blauen Wasser. Dann kann ich es nicht mehr aufhalten. Eifersüchtig und tief verletzt bin ich, weil sie nackt sind und total erschöpft. Er hat sie gevögelt in dem Schlafzimmer, in dem alle Nächte uns gehörten, alle Liebesworte, auch alle Erschöpfungen. Mein Platz ist es, wo nun Ulya liegt.
    Mir ist so schwarz ums Herz wie Effi
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