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Heart beats sex

Heart beats sex

Titel: Heart beats sex
Autoren: Johanna Driest
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Rhythmen durch die Luft und Lüfte schweben konnte, tanzend und glücklich sich selbst und uns alle umarmend.
    Wenn die Sonne aufgeht und ich erwache, erklingt Musik, leise und in der Ferne, die süße Melodie der Freude. So ist es, seit ich Hal kenne, den Rumänen, sechzehn Jahre älter als ich, die ich siebzehn bin. In seiner Musik liebt er die Flöten des
Pan, und so war es auch für mich: Pan erwachte, der Sommer marschierte ein. Kräftig. Entschieden.
    Das war es, als wir uns kennenlernten: der erste Satz unserer Symphonie. Aber jetzt, da ich ihn heiraten will, sind wir schon fortgeschritten. Schon im vierten Satz, der sehr langsam beginnt, misterioso, durchaus ppp. Auch wenn ich einen Streit mit Zeter und Mordio wie helle Trompeten darüberlege, laufen drunter doch schwere Akkorde oder, wie soll ich sagen, eine Stimmung misterioso so à la:
     
    »O Mensch! Gib acht!
     
    Was spricht die tiefe Mitternacht?«
    (Hui hui, hui hui …!)
    »Ich schlief, ich schlief –,
    Aus tiefem Traum bin ich erwacht: – «
    (Hui hui!)
    »Die Welt ist tief,
    Und tiefer als der Tag gedacht,«
    (Hu-u-u-o!)
    »Tief ist ihr Weh –,
    Lust – tiefer noch als Herzeleid:
    Weh spricht: Vergeh!
    (Das spreche ich nun auch: Vergeh mein Weh!)
    Doch alle Lust will Ewigkeit –, – will tiefe, tiefe Ewigkeit!«
     
    Und wie soll sie das, die arme Lust, in unserer Endlichkeit denn erreichen?
    Indem wir heiraten, denke ich.
    Heiraten. Wer ehrlich ist, stimmt dem zu. Alles andere ist Koketterie oder eher noch: Unsicherheit. Ich hasse euch alle, hasse eure Konventionen, hasse die Ehe – so spricht der
Selbsthass und die Unsicherheit. Das wirkliche Problem aber ist: Wie den Mann dazu kriegen?
    Ihn aufmöbeln mit einem Streit? Ihn in Bewegung bringen und in das schnelle Tempo seiner Gefühle dann verlockende Hormone sprühen? Sich hinwenden und wieder abwenden? Mit ewiger Trennung drohen? Dann ihn mit den Augen schwindlig machen, bis er fragt: »Willst du mich heiraten? Willst du« Ja, ich will etc. pp.
     
    Nach zwei Stunden, an jenem Nachmittag, der mir nun so weit entfernt erscheint, wachte ich auf. Er schlief noch. Ich lag mit ofenen Augen nackt auf dem Bett und starrte die weiße Decke an. Es blieben nur noch zwei Wochen bis zum Saisonende, und sein Job, jeden Montag im Cocoon zu spielen, würde damit beendet sein und er zurück nach London gehen.
    Was sollte dann mit mir passieren?
    Ich stand auf und zog mir ein weißes knappes Kleid über. Es war heiß und die Sonne warf Flecken auf den Boden. Ich hüpfte nackt von einem Fuß auf dem anderen in die Küche.
    Er bat mich nicht, nach London mitzukommen. Von ihm kam gar nichts in dieser Richtung, obgleich London total cool ist, genau mein Pflaster. Ich konnte mir auf keinen Fall vorstellen hierzubleiben. Es war unmöglich, auch nicht nebenan im Gartenhaus, auf seinem Grund. Ihm nah und doch so fern, no. Würde ich hier noch zur Schule gehen, okay, aber ich geh ja nicht mehr.
    So hat diese Insel keine Zukunft für mich. Doch was tun?
    Ich klemmte mir den Laptop unter den Arm und ging nach draußen in den Schatten der Palmen, Ulya anrufen. Ulya hat immer’nen kühlen Kopf und praktische Ideen. Zwischen all den Partys und Drogen steht sie kerzengerade da: Ich-denke-also-bin-ich. Auch sie hat einen DJ zum Freund. (»Adrian
liebt mich, der wird mich nie verlassen.«) Wenn Adrian sie nach London mitnimmt, könnte Hal es auch, meine ich.
    »Ich mach mir Sorgen, weil ich nicht weiß, was Hal von mir will«, sagte ich leise, damit er’s nicht hörte.
    »Gehst du nicht mit ihm nach London?«
    »Solange er mich nicht darum bittet, möchte ich das nicht mal denken.«
    »Was für Sorgen machst du dir denn? Wegen der Party heute? «
    »In letzter Zeit ist die Stimmung zwischen uns etwas geladen. «
    Ich hielt den Hörer eingeklemmt und hämmerte auf die Tasten, damit mein Laptop aus dem Stand-by erwachte, schaute mir die neusten Updates auf der Onlinemagazinseite Resident Advisor an. Ich klickte auf London und sah fünfzig Partys für die nächste Woche. Fünfzig! Nicht zehn, nicht dreißig, sondern fucking fünfzig.
    »Gehst du mit Adrian nach London?«, fragte ich sie.
    »Sure.«
    Da würde sie Partys ohne Ende haben. Da würde sie, statt dem Ausleuchten ihrer Seele, die Probleme machen könnte, ein Blitzlichtgewitter von Gesichtern haben. Außerdem hat sie bereits den Schulabschluss plus auch sonst noch alles.
    »Selbst wenn ich mitgehe – soll ich für den Rest meines Lebens auf Partys abhängen und
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