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Heart beats sex

Heart beats sex

Titel: Heart beats sex
Autoren: Johanna Driest
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ihm wie eine Bürde vor, die er niemandem zeigen dürfe. Dann schenkte er mir sein herzlichstes Lächeln und fügte hinzu: »Außer dir.«
    Ich fragte nach Papirowski, aber er sagte, der interessiere ihn nicht. Dann gab er sich einen Ruck und rief: »Papirowski hin, Bukarest her – heute bin ich der Sohn der Sonne und fliege ihr gen Westen entgegen, unerreichbar, unerkennbar für die Maulwürfe aus dem Osten und die Lästerer aus dem Westen!« Er lachte und sprang herum wie ein Kind, das ein Tischtennismatch gewonnen hat.
    Vielleicht dachte er, sein Name würde ihn schützen, denn eigentlich hieß er ja Nicolae Popescu.

    Bevor Zoya ging, schaute sie mich an, tätschelte meine Wange und sagte, Hal sei Löwe und handle oft, ohne vorher nachgedacht zu haben. Der Löwe sei ein Gefühlsmensch und gebe alles mit vollem Herzen aus – Geld, Zeit, Wissen oder was auch immer –, ohne dabei auch nur eine Sekunde an sich selbst zu denken. Ich wollte etwas fragen, aber sie vermutete wohl einen Einwand und hob beschwörend ihre langen dünnen Hände, an denen sie keinen einzigen Ring trug. »Löwe – Geborene sind in keiner Weise egoistisch«, sagte sie, und dabei merkte ich, dass sie nach etwas Rauchigem oder Verbranntem roch. »Sie haben ein sehr liebesbedürftiges Naturell.« Sie lächelte. »Was ihnen natürlich gerne zum Verhängnis wird, wenn sie sich mal wieder mit allen Sinnen in eine neue Beziehung gestürzt haben, die dann nur kurz hält.«
    Liebesbedürftig – das war ich auch, aber Papi meinte immer: »Vergiss nie: Wenn es um Liebe geht, heißt es Liebe geben, nicht ihrer bedürftig sein. Wer bedürftig ist, ist ein Bettler. Sei das nicht in der Liebe.«
    Ich fand es ziemlich ungewöhnlich, dass Hal keine Leute traf, nie wegging, nicht einmal nachts. Manchmal saß ich in meinem Gartenhaus und schrieb ein paar Mails an Ulya, Sheila oder irgendwelche Leute, die ich noch aus Berlin kannte. Obwohl unsere Leben vollkommen getrennt waren, und Jeka mittlerweile in Klavier- und Gesangswettbewerben erste Preise gewann, konnte ich ihr offen erzählen, was ich auf Ibiza erlebte. Sie nahm es immer offen auf und beurteilte mich nicht. Als ich eine von ihren Antworten las, verstand ich, dass sie es für wichtig halte, eine gute Beziehung zu meinem Vater auf rechtzuerhalten. Ich spürte dann meinen Wunsch, eine Mail an Papi zu schreiben oder doch wenigstens zu schauen, ob von ihm eine da wäre. Aber es war keine da, und alles blieb beim Alten.

    Ulya akzeptierte schließlich, dass ich bei Hal lebte, und sie beschrieb mir Adrians neuestes Hobby, das darin bestand, einen Raum zu schafen, der völlig getrennt vom Rest des Hauses war, und ihn ganz von Staub zu befreien. Es waren alle dazu nötigen Geräte eingetrofen, und Adrian war dabei, seine gesamte Vinylsammlung zu digitalisieren und auf CD zu schreiben, und die CDs mit dem genau gleichen Grafikdesign auszustatten, so dass sie wie Mini-Vinyls aussähen. Zweck der Sache war es, ein Backup zu haben und auflegen zu können, ohne viel Gepäck zu schleppen. Er wollte sich auch keine Titel merken, sondern die Musik am Cover erkennen. Mir schien es dennoch merkwürdig, weil er am liebsten mit echtem Vinyl auflegte. Ulya schrieb, es solle ein langfristiges Projekt sein, hauptsächlich für DJs, die viel reisen.
    Wenn es dunkel geworden war und Hal noch im Studio rumhing, ging ich ein Stück am Strand spazieren, stapfte ein bisschen im Wasser herum, setzte mich in den feuchten Sand, rauchte eine Zigarette und sah zu Hals Haus hinüber. Alle Lichter waren an, auch im Park und Garten, nur mein Häuschen lag im Dunkeln. Hal konnte es nicht ertragen, wenn alles Licht aus war, weil ihn das an Rumänien erinnerte, wo es Licht nur tagsüber gab. Mir wurde bewusst, dass es hier nie dunkel wird, immer brennt irgendwo etwas und wenn es nur das rote und grüne Leuchten der Fernseh- und Videoknöpfe ist.
    Manchmal konnte ich seine Silhouette sehen, wenn er im living room stand und mit seinem Sekretär in London telefonierte. Wenn ich ihn so sah, wäre ich gerne hin, hätte ihn geholt, wäre mit ihm ins Meer gelaufen, ein Stück hinausgeschwommen, während er den Ertrinkenden spielte. Aber er mochte das nicht mehr. Stattdessen zog er mich aus und dann sich, wir setzten uns in den Whirlpool, und er begann mir Geschichten aus seiner Kindheit zu erzählen, während ich mit
Rücken, Nacken und Po all das warme Blubbern abtastete. Er redete und ich schaute zum Himmel hinauf und betrachtete die Sterne,
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