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Hausverbot

Hausverbot

Titel: Hausverbot
Autoren: Mariola Brillowska
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alles passiert ist.
    - Erzähl mir das alles morgen, lass uns erst mal wieder miteinander schlafen.
    Er küsste mich, und ich spürte, dass ich ihn liebte, einfach liebte, doch liebte, nach wie vor liebte, immer noch liebte und schon lange liebte, obwohl er so unnahbar, so untreu, so unverbindlich, so unerwachsen war. Ein Narziss, ein Egoist, ein Egozentriker, ein Egomane, ein Erotomane. Eine Kanaille. Zehn Minuten später saßen wir zu viert im Taxi nach Sankt Georg, weil Gina meinte, dass Maxwell auch bei uns übernachten müsse. Er hätte seine Jacke mit den Wohnungsschlüsseln auf Kampnagel vergessen. Das klang reell. Alles klar. Ich mischte mich da nicht ein. Wenn Gina das so wollte und sie Maxwell genauso mochte wie er sie, dann war das doch deren Sache. Schule war für morgen eh gestrichen, und letztendlich war Gina schon sechzehn. Um drei Uhr waren wir endlich zu Hause, um vier schliefen wir ein, und um fünf schreckte ich aus einem idiotischen Albtraum auf. Darin hatte mich Courtney Love vor Gericht gezerrt, wegen meines Künstlernamens. Obwohl das lächerlich war, ging ich die Sache Punkt für Punkt durch, ob das hinkommen konnte. Zum Henker, diese blöde Ami-Tante, die sollte mich bloß in Ruhe lassen! Ich nannte mich schon Love, da hatte die Schlampe noch Windeln getragen. Von dem ganzen Adrenalin und von dem Wodka konnte ich nicht mehr weiterschlafen. Ich war furchtbar aufgeregt, wegen der Show am Lerchenfeld. Ich stand auf und arbeitete.
    Ich machte einen minutiösen Plan für heute und morgen. Für die fünfhundert Euro, die mir für Gastvorträge zur Verfügung standen, hatte ich bereits gestern Leon mit seinem ganzen Ensemble engagiert. Zehn Leute waren gerade von Danzig nach Hamburg unterwegs, weil sie sich etwas von dieser Show versprachen, genauso wie ich. Ich musste sie alle bei mir zu Hause unterbringen. Mir fehlten Matratzen, Decken, Kissen und Bettzeug. Ich rief meinen Nachbarn Matze an, mit dem ich mich vor Kurzem angefreundet hatte. Er jobbte im Krankenhaus Eppendorf als Pfleger. Genial. Ich erreichte ihn tatsächlich. Seine Nachtschicht dauerte bis sechs. Er fragte kurz: Wie viele Personen? Ich zog mich an, und schon wieder saß ich im Taxi. Ich überlegte, wie ich die Sachen unauffällig aus dem Krankenhaus rauskriegen könnte. Als ich ankam, war alles schon in blaue Müllsäcke gepackt. Matze sagte: Ruf doch ein Kombitaxi. Dafür nimmst du mich mit nach Sankt Georg . Er trug mir die Säcke sogar nach oben in den dritten Stock.
    - Matze, ich danke dir so sehr und von ganzem Herzen. Du hast mir unglaublich geholfen. Komm doch bitte morgen in die Show …
    - Morgen Abend muss ich schon wieder im Krankenhaus arbeiten. Ein andermal, Süße. Da machst du für mich die Beine breit, okay? Sag mir Bescheid, wenn du einen Pornofilm drehst, da mache ich bestimmt mit. Meiner steht immer. Weißt du, ich habe Druck ohne Ende, und ich mag das .
    Er ging die Treppe runter, und ich winkte ihm zu. Matze war nicht besonders attraktiv, aber ich fand ihn echt geil. Weil er mir das Gefühl vermittelte, dass die Deutschen doch derbe, schwarzhumorig und vor allem anarchistisch sein konnten. Man musste sie bloß um die richtige Uhrzeit an der richtigen Stelle erwischen. Ich packte die Decken, die Kissen, das Bettzeug aus. Die Sonne schien auf meine Hände. Ich empfand Glück. Ich freute mich auf Leon. Wie sah er wohl nach all den Jahren aus? Insgeheim hoffte ich aber, dass in Leons Ensemble Andrzej dabei sein würde. Ich zog die Bettwäsche auf die Kissen und Decken und fand den Krankenhausgeruch so angenehm. Eindeutig war ich euphorisiert. Die Morgenstund hatte Gold im Mund. Ich erinnerte mich an die Momente mit Andrzej in der Gdańska Akademia Medyczna. Anscheinend hatte ich Sehnsucht nach ihm. Ich schaute auf die Uhr. Es war acht. Ich rief in Ginas Schule an. Ich meldete sie krank. Ich ging aus der Wohnung. Ich fuhr mit dem Fahrrad zum Discounter. Eigentlich kaufte ich dort nie ein. Weil ich davor Angst hatte, dass in diesem Supermarkt lauter Amokläufer unterwegs sein könnten. Heute machte ich eine Ausnahme. Zwangsläufig. Ich packte in den Wagen zehn aufblasbare Matratzen. Ich überlegte, was für ein Kunstwerk ich mit diesen Matratzen anschließend machen könnte. Ich kaufte ganz viele Lebensmittel: fürs Vier-Personen-Frühstück in etwa drei Stunden und alles Mögliche für zehn Personen, die in den nächsten zwei Tagen bei mir wohnen sollten. So gesehen, brauchte ich noch einen zweiten Kühlschrank,
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