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Hausverbot

Hausverbot

Titel: Hausverbot
Autoren: Mariola Brillowska
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weil das alles auf keinen Fall in den einen reinpasste. Dann brauchte ich wohl auch noch ein zweites Fahrrad, weil ich das alles mit dem einen nicht transportieren konnte.
    Die PeKaEs auf der Lerchenfeld-Jahresausstellung entwickelte sich zum pursten Wahnsinn. Das Publikum ging total ab. Ich ging total ab. Leon ging total ab. Sein Ensemble war sowieso professionell und Spitzenklasse, und die Studenten kriegten auch alles einigermaßen hin, trotz der einen, viel zu kurzen Probe. Es gab Gogo-Tänzerinnen, weiblichen und männlichen Striptease, Travestie und sogar polnischen Geschlechtsverkehr auf der Bühne, bei dem sich die Ritualpartner vor dem Akt leidenschaftlich küssten. Dabei täuschten sie vor, sich gegenseitig die Zungen abgebissen zu haben. Die aus ihren Mündern spritzende rote Flüssigkeit fingen sie in Wodkaflaschen auf, die sie auf ex austranken, bevor der Darsteller des Mannes seine mit angeblichem Blut vollgepumpte Penisattrappe zwischen die angeschwollenen Schamlippen der Scheidenträgerin rammte. Dann ging es unter Fickgestöhne und Beethovens Fünfter sowie Pfiffen und Beifall der Zuschauer zur Sache. Die Jury bestand aus den HaEfBeKa-Professoren Böhmler, Henz und Graubner. Publicity gab es auch. Die ›Bildzeitung‹ kündigte die Show mit dem Foto an, auf dem ich mich mit Elke auf Kampnagel kloppe, und dem passenden Text dazu: Die aus dem polnischen Danzig stammende HfbK-Gastprofessorin Lola Brzozadrzewska ( 41 ) prügelte auf die Kampnagel-Kantinenchefin Elke Winter ( 35 ) ein, weil sie keinen Alkohol mehr zu trinken bekam. Dafür bekam die Professorin von Frau Winter ein Hausverbot. Heute Abend wird Lola Brzozadrzewska alias Love ihre schräge Porno Karaoke Show am Lerchenfeld vorstellen. Typisch ›Bildzeitung‹. Dennoch hatte sie Werbung gemacht, und ich dachte, dass sei okay und lustig. Aber nix da. Ein schwerer Irrtum. Dabei war ich mit der Show wirklich sehr zufrieden und glücklich. Nicht nur ich, auch alle weiteren Beteiligten. Wir hatten danach gut gefeiert, und es wurden uns alle Getränke kostenlos ausgegeben. Weil alle kostenlos aufgetreten waren, wollten sie natürlich auch was trinken. Verdammt, man will trinken. Trinken ist das Wichtigste. Sagt jeder Arzt. Sagt jeder Klugscheißer. Sagt jeder, jeder, jeder. Leon war wie immer grenzwertig. Er schnallte sich nach der Show einen polnischen Hundemaulkorb an, eine Art Metallgestell, mit dem er die steifen Jury-Professoren abzuknutschen versuchte. Dass diese Typen homophob waren, wusste jeder von uns, nur Leon nicht. Der war eben nicht aus Hamburg.
    Zwei Wochen nach der Show rief ich bei Frau Blubber an, die das Vorlesungsverzeichnis redigierte. Ich fragte: Wie viel Zeit habe ich noch, mein Lehrprogramm für das nächste Semester zu schicken? Frau Blubber sagte: Sie sind doch im kommenden Semester gar nicht dabei. Schock. Schreck. Schimpf. Ich rief Böhmler an. Kein Anschluss unter dieser Nummer. Wie bitte? Ich wählte abermals die Nummer von Frau Blubber.
    - Wissen Sie, wie ich Professor Böhmler erreiche?
    - Leider kann ich Ihnen das nicht sagen. Professor Böhmler ist vom Präsidentenposten zurückgetreten und hat sich auch vorzeitig pensionieren lassen.
    - Und wer ist jetzt für mich zuständig?
    - Es ist gerade vorlesungsfreie Zeit. Rufen Sie doch ab Mitte Oktober an.
    Klick. Äh? Was ging hier eigentlich ab? Irgendwas stimmte nicht. Mein Gefühl sagte mir nichts Gutes. Vielleicht wussten die Studenten was. Ich war am Tag nach der Show direkt in den Urlaub gefahren und erst seit vierundzwanzig Stunden wieder daheim. Tatsächlich war Andrzej in dem Ensemble dabei gewesen, und unser Wiedersehen hatte sich zu einer heißen Angelegenheit entwickelt. Ganz spontan hatte ich mich entschieden, mit Leon und dem Ensemble zurück nach Danzig zu fahren. Jetzt rief ich erst mal Oleg an. Er wusste was. In seinem Monkey-Deutsch erklärte er mir, dass mich Böhmler auf der Fachbereichsratssitzung vor zehn Tagen für eine Vertretungsprofessur vorgeschlagen hätte. Der Fachbereichsrat hätte mich abgelehnt, weil er keine Porno-Professorin wollte. Daraufhin hätte Böhmler seine Präsidentenstelle abgegeben. Die Diskussion danach hätte an die ›Muppet Show‹ erinnert. Böhmler hätte gemeint, dass sich alle doch diese PeKaEs gewünscht hätten. Daraufhin hätte Graubner behauptet, ich hätte den Studenten verboten, braune Farbe zu benutzen. Henz hätte dann gesagt, dass ich Studenten unter Druck gesetzt hätte, Mailadressen einzurichten. Und
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